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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Bearb.]
Stauferreich im Wandel: Ordnungsvorstellungen und Politik in der Zeit Friedrich Barbarossas — Mittelalter-Forschungen, Band 9: Stuttgart, 2002

DOI Artikel:
Kluger, Helmuth: Friedrich Barbarossa und sein Ratgeber Rainald von Dassel
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https://doi.org/10.11588/diglit.34723#0030

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HELMUTH KLUGER

Friedrich Barbarossa und sein Ratgeber
Rainald von Dassel

Im August des Jahres 1167, unmittelbar nach dem Tod ihres Erzbischofs Rainald
von Dassel in Rom, schrieb Kaiser Friedrich Barbarossa an drei Amtsträger der
Stadt Köln, welche »Trauer«, welche »schmerzhafte Wunde« seinem »Herzen«
versetzt worden sei. Und er fuhr fort: »Sein höchstes Verlangen und das Ziel sei-
nes beharrlichen Geistes war es immer, die Ehre des Reiches und die Mehrung
des Gemeinwesens seinen persönlichen Vorteilen voranzustellen und, was immer
zu Unserem Ruhme beizutragen schien, mit Leidenschaft zu fördern«1.
Der solchermaßen Angesprochene und Betrauerte war ein ungewöhnlicher
Mann, der Erste der Berater des staufischen Kaisers, der etwa 10 Jahre lang die
Fäden der großen Politik in Händen hielt und in einer ungemein fruchtbaren
und dynamischen Phase die Politik Friedrich Barbarossas - bisweilen will es
scheinen kaiserlicher als der Kaiser - mittrug, ja nachhaltig mitgestaltete.
Es ist von hohem Reiz, aus der teils trümmerhaften, teils reichlich fließenden
Überlieferung herauszufiltern, wie sich um die Mitte des 12. Jahrhunderts der ge-
sellschaftliche Aufstieg eines niedersächsischen Grafensohnes vollzog, der etwa
gleichaltrig mit dem wohl 1122 geborenen Staufer gewesen sein wird. Niemand
außer Lokalhistorikern würde die Grafen von Dassel in der Diözese Hildesheim
kennen, wenn sie nicht diesen einen nachgeborenen Sohn Rainald hervor gebracht
hätten! Er sammelte bis 1156 an vier Stiften in Hildesheim, Goslar und Münster
die Würde eines Propstes - die ihm auch ein entsprechend kumuliertes Einkom-
men sicherte -, schlug selbstbewußt 1153 das Bischofsamt in Hildesheim aus und
erreichte mit der Ernennung zum Reichskanzler durch Friedrich Barbarossa im
Jahre 1156 den Zutritt in das Zentrum staufischer Reichspolitik.
Eine episodenhafte Begebenheit aus dem Jahre 1148 erscheint für Rainalds
Wesen von vorausdeutender Charakteristik:
Auf einer von Papst Eugen III. 1148 zu Reims einberufenen Synode, die 18
Kanones beschloß, ging es u. a. auch um die Erlassung eines Verbotes für den
Kleriker stand, buntes Pelz werk und hochgeschlitzte Kleidung zu tragen. Bei der
Beschlußfassung dieses Passus stimmten die meisten zu, allein Raginaldus de Hil-
denesham et alii Teutones2 widersprachen heftig. Dieser Protest erlaubt einen unmit-
telbaren Einblick in die Kleiderordnung der Zeit. Kleidung war ganz allgemein
herrschaftlich geprägt. Der Standesunterschied zwischen Bauern, Bürgern und

1 MGH DFI. 535; Iohann Friedrich Böhmer / Ferdinand Opll, Regesta Imperii IV.2: Die Rege-
sten des Kaiserreiches unter Friedrich I., Wien u. a., Nr. 1706.
2 Ioannis Saresberiensis Historia Pontificalis, lat.-engl, by Majorie Chibnall (Medieval Texts 11),
London u. a. 1956, cap. 3, S. 8.
 
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