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Weinfurter, Stefan [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Stauferreich im Wandel: Ordnungsvorstellungen und Politik in der Zeit Friedrich Barbarossas — Mittelalter-Forschungen, Band 9: Stuttgart, 2002

DOI Artikel:
Vones-Liebenstein, Ursula: Vir uxorius? Barbarossas Verhältnis zur Comitissa Burgundiae im Umkreis des Friedens von Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.34723#0199

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URSULA V ONES-LIEBEN STEIN

Vir uxorius ?
Barbarossas Verhältnis zur Comitissa Burgundiae
im Umkreis des Friedens von Venedig

Ralph von Diceto1, der über Angelegenheiten im französischen Raum meist gut un-
terrichtet war, schrieb in seinen Ymagines Historiarum von Kaiser Friedrich I. im Zu-
sammenhang mit der Krönung seiner Gattin in Vienne: vir tarnen uxorius reputatus a
multis, querens in omnibus, quomodo placeat uxori2. Die Krönung mit der burgundi-
schen Krone in Vienne galt ihm also als Zeichen dafür, daß der Kaiser in allem sei-
ner Gattin zu gefallen suchte und auf die Mehrung ihres Ruhmes bedacht war3.
Sein Diktum wurde seither kaum in einer Darstellung, die sich mit dem Verhältnis
beider Gatten zueinander beschäftigte, ausgelassen und je nach Haltung des Au-
tors emstgenommen oder mit einem leisen Schmunzeln bzw. entschuldigend abge-
handelt4. Sahen die einen in Beatrix die kluge Frau, die Barbarossa in Kontakt mit
der feinen Bildung der französischen Höfe brachte5, die geliebte Frau, die dem
Stauferkaiser eine wirkliche consors, eine Partnerin in unserem Sinne war6, so be-

1 Vgl. zu ihm Antonia Gransden, Historical Writing in England c. 550 to c. 1307, London 1974,
S. 230-236, und Jan Prelog, Art. Ralph de Diceto, in: Lexikon des Mittelalters VII, Sp. 393.
2 MGH SS 27, ed. R. Pauli, Hannover 1885, S. 270, und Rolls Series 68/1, ed. William Stubbs, Lon-
don 1876, S. 427.
3 Ebd.: Et licet Fredericus in adversis hucusque semiper extiterit constantissimus, vir tarnen uxorius reputa-
tur a multis, quaerens in omnibus quomodo placeat uxori. Rediens siquidem ab Italia, ne quid imperatrici
deesset ad gloriam, in terra nativitatis suae capiti suo fecit imponi diadema Burgundiae, die nativitatis
beatae Virginis in urbe Vienne.
4 Ferdinand Opll, Friedrich Barbarossa, Darmstadt 1990, S. 123, übersetzt dies mit »eine(m) sei-
ner Frau besonders zugetanen Mann, eine Charakterisierung des Menschen Friedrich Barba-
rossa, die man in dieser quellenarmen Zeit nicht missen möchte, in die sich freilich ein durchaus
kritischer Grund ton mengt«.
5 Felicia von Keszycka, Kaiserin Beatrix, Gemahlin Friedrichs I. Barbarossa (Diss. Freiburg/
Schw.), Posen 1923, S. 71, interpretiert dieses Wort als Einflußnahme der »anmutigen und klugen
Gattin Friedrichs«, die sie »natürlich mit vornehmer Zurückhaltung geltend zu machen wußte«,
und führt als Beweis dafür einen Vers des Gautier d'Arras an, der der Kaiserin seinen Versroman
Ille et Galeron widmete und schrieb: »Par sapience, sa conpaigne / Agencist le euer d'Alemagne«
(ed. Frederick A. G. Cowper, Paris 1956, Vers. 47/48, S. 4, Anm. 1). Dieser Meinung schließt sich
Peter Johanek, Kultur und Bildung im Umkreis Friedrich Barbarossas, in: Alfred Haverkamp
(Hg.), Friedrich Barbarossa. Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers
(Vorträge und Forschungen XL), Sigmaringen 1992, S. 663, an, wenn er den positiven Einfluß der
Beatrix auf Barbarossa unterstreicht.
6 Alfred Haverkamp, Einführung, in: Ders. (Hg.), Friedrich Barbarossa (wie Anm. 5), S. 9-47,
hier S. 44 f., betont mit Bezug auf dieses Zitat: »Alle Indizien sprechen jedoch dafür, daß der vir
uxorius die consors imperii nostri liebte, ihre Nähe suchte und ebenfalls seinen Kindern ... eng ver-
bunden war«.
 
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