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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Bearb.]
Stauferreich im Wandel: Ordnungsvorstellungen und Politik in der Zeit Friedrich Barbarossas — Mittelalter-Forschungen, Band 9: Stuttgart, 2002

DOI Artikel:
Kölzer, Theo: Der Hof Friedrich Barbarossas und die Reichsfürsten
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https://doi.org/10.11588/diglit.34723#0231

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Der Hof Friedrich Barbarossas und die Reichsfiirsten

221

Herrschaft ist bis in die jüngste Zeit hinein in der deutschen mediävistischen For-
schung sträflich vernachlässigt und den Germanisten überlassen worden.
Als Hof des Königs bezeichnen wir daher vorläufig den jeweiligen Aufent-
haltsort des Königs und der Personen seiner Umgebung, den so sich bildenden
Personenverband überhaupt, damit zugleich die Bühne königlichen Handelns
und der Interaktion mit den das Königtum tragenden Großen, das Zentrum kö-
niglicher Herrschaft und Verwaltung, kurz: den Mittelpunkt des Reiches. Diese
curia ist räumlich unstet, personell amöbenhaft und zugleich multifunktional; sie
ist, wie Hermann Jakobs formuliert, »Sozialkörper, Verfassungselement, Trägerin
politischer Entscheidungen und Instrument der Verwaltung und Justiz«. Solche
Rahmenbedingungen des Themas bedürfen einleitend einiger Erläuterungen.
Königsherrschaft bedurfte im Mittelalter der Mitwirkung der Großen, die
sich im zerfallenden Karolingerreich zu einem Recht auf Teilhabe steigerte. Das
Gewicht der nun im ostfränkischen Reich neuer Prägung gleichsam verfassungs-
mäßig verankerten Mitwirkung der Großen mochte fortan in ihrer Substanz um-
gekehrt proportional zur Stärke des Königs variieren, zurückgedrängt werden
konnte sie nicht mehr, erhielt vielmehr seit dem Zeitalter des Investiturstreits im-
mer deutlichere Konturen. Der König war somit immer wieder auf das Herstellen
eines Einvernehmens mit den Großen angewiesen, die ihrerseits wiederum in
vielfältigen personalen Bindungen standen, welche nicht a priori zweitrangiger
Natur waren, sondern im Gegenteil auch die Beziehungen des einzelnen zum Kö-
nig überlagern und vorprägen konnten. Bedingungen, Formen, Spielregeln und
Konsequenzen dieser personalen Beziehungsgefüge sind durch die Forschungen
von Gerd Althoff deutlicher ins Bewußtsein getreten. Auf sie kann hier nur hinge-
wiesen werden, obwohl sie einschlägig sind für unser Thema, denn: So subjektiv
geprägt diese Beziehungen im einzelnen sind, so sind sie doch insgesamt objek-
tive Verfassungselemente.

I.
Dem mittelalterlichen Reisekönigtum mit seinen spezifischen politisch-rechtli-
chen und wirtschaftlichen Grundlagen entsprach es, daß das Reich ohne Haupt-
stadt blieb, die der institutioneilen Verfestigung eines Herrschaftskerns hätte
Vorarbeiten können. Die Vororte des Itinerars wechselten von Herrscher zu Herr-
scher, der Wirkungsbereich insgesamt wies von Dynastie zu Dynastie divergie-
rende Schwerpunkte auf, das Verhältnis von königsnahen und königsfernen
Landschaften bestimmte sich immer wieder neu.
Wirkungsbereich und Stärke königlicher Herrschaft spiegeln sich im Itinerar
sowie in den Großen, die der König anzuziehen, an seinen Hof zu ziehen ver-
mochte. Der räumliche Aspekt ist durch zahlreiche Itineraruntersuchungen aus-
giebig untersucht. Soweit uns die Quellen Aufschluß geben können, wissen wir
vergleichsweise gut, wo sich Barbarossa vorzugsweise, nur gelegentlich oder gar
nicht aufgehalten hat.
Barbarossas Aufenthaltsorte sind gestreut von Lübeck im Norden bis Albano
südlich von Rom, von Mouzon im Westen bis Krzyszkowo bei Posen. Der eindeu-
tige Schwerpunkt liegt in dem Gebiet zwischen Rhein-Main-Donau. Davon deut-
 
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