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Huth, Volkhard; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Staufische "Reichshistoriographie" und scholastische Intellektualität: das elsässische Augustinerchorherrenstift Marbach im Spannungsfeld von regionaler Überlieferung und universalem Horizont — Mittelalter-Forschungen, Band 14: Ostfildern, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.34728#0075

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59

Zwischenergebnisse:
Staufische >Reichshistoriographie< und
scholastische Intellektualität im Elsaß
Die aufweisbaren Rezeptionsverhältnisse ebenso wie die erstaunlich enge
Gleichzeitigkeit der meisten hier angeleuchteten intellektuellen Bestrebungen
erlauben es zweifelsohne, von einer Wissenschaftskultur im Umfeld des
staufischen Hofes schon zur Regierungszeit Friedrichs I. zu sprechen. Eine
weiterführende historische Ergründung wie angemessen erscheinende Beur-
teilung dieses Sachverhalts hängt davon ab, inwieweit sich jenes »Umfeld«
personell und lokal fassen beziehungsweise zuordnen läßt.
Wie zu sehen war, kann die Annäherung nicht mehr einfach über eine
vergleichende Bestandsaufnahme hinlänglich bekannter Autoren oder auf der
Grundlage längst als »repräsentativ« in Anspruch genommener Werke erfol-
gen, deren historische Stellung und sachlicher Aussagegehalt, Entstehungs-
bedingungen und Rezeption nur am Erscheinungsbild moderner historisch-
kritischer Editionen gemessen werden - sofern eine solche im Einzelfall über-
haupt vorliegt und nicht, wie beispielsweise am Werk Gottfrieds von Viterbo
exekutiert, wegen vermeintlichen Entfallens »historischer Relevanz« nur als
entstellender Verschnitt zustande kommen durfte.
Den in der vorliegenden Arbeit beschrittenen Weg einer Annäherung
bahnten überlieferungsgeschichtliche Sachverhalte, die einfach abzugleichen
und untereinander in Beziehung zu setzen waren. Sie lenkten den im Folgen-
den versuchten selektiven Zugriff mittels einer literarischen Gattung, das
heißt der Historiographie, und des Raumaspekts: Wie im zweiten Einlei-
tungsteil skizziert, fanden spezifische Überlieferungen herausragender Werke
stauferzeitlicher Historiographie im Elsaß zusammen oder nahmen dort ihren
Ausgang'h
Zu erfragen sind nunmehr die zugrundeliegenden Wechselwirkungen,
das daran beteiligte Netzwerk von Personen und Institutionen, als deren au-
ratischer Bezugspunkt sich jedenfalls schon der Kaiserhof herauskristallisier-
te. Dieser interessiert hier also nicht als möglicher Impulsgeber oder Rege-
lungsorgan machtbegründender und herrschaftslegitimierender Publikatio-
nen, sondern gewissermaßen als intellektueller Resonanzkörper. Im einlei-
tenden Abschnitt wurde versuchsweise demonstriert, daß auch eine einst-
weilen noch von zahlreichen Unbekannten getragene, sich bislang nur in ei-
nem fragmentarischen Oberflächenmosaik abzeichnende >histoire intellectu-

193 Nur am Rande dieser Arbeit, vielleicht aber im engeren historischen Kontext der hier unter-
suchten Überlieferungsverhältnisse sind die von der literaturgeschichtlichen Forschung er-
brachten Hinweise zu bedenken, wonach »im Elsaß (Straßburg?) seit den 1230er Jahren ein
Zentrum der Sammlung und Überlieferung deutscher Texte der vorangehenden Rassi-
schem Literatur überhaupt wirkte und ausstrahlte«; KUHN, Art. >Gottfried von Straßburg<,
in: Vß2, Bd. 3, Sp. 158, der ebd. betont, diese Hinweise blieben »gültig und wären weiter zu
verfolgen«.
 
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