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Huth, Volkhard; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Staufische "Reichshistoriographie" und scholastische Intellektualität: das elsässische Augustinerchorherrenstift Marbach im Spannungsfeld von regionaler Überlieferung und universalem Horizont — Mittelalter-Forschungen, Band 14: Ostfildern, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.34728#0077

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II. Zur historischen Soziologie elsässischer
Gelehrtenkultur im 12. und 13. Jahrhundert.
Überlieferungsbefunde und
Forschungsbilanz am Beispiel Marbachs

1. Wirkungsflächen, Wirkungsräume: Institutioneile
Bindungen und persönliche Verbindungen
Um 1300 entwarf ein oberelsässischer Dominikaner eine Art Kulturtopogra-
phie seines näheren Lebensraumes, und zwar vorwiegend für die erste Hälfte
des offenbar jüngst abgelaufenen Jahrhunderts. Überliefert ist sie inmitten
von Werken der Colmarer Dominikanerhistoriographie. Stark von der Ordens-
perspektive eingefärbt, mustert sie knapp die Szenerie der Klöster und Stifte,
der Lebensgewohnheiten von Mönchen wie Weltgeistlichen; ein besonderes
Augenmerk gilt den Scholaren und Schriftstellern A Inhaltlich gliedert sich
der Überblick in zwei Dutzend zu differenzierende Abschnitte stark unter-
schiedlichen Ausmaßes. Ihr letzter widmet sich dem Kirchenbau. Hier nennt
der Autor nur ein Beispiel, offenbar als das einzige, das ihm eindrucksvoll
genug und somit überhaupt erst eigener Erwähnung wert schien. Während er
sonst durchaus auch die unterelsässischen Belange im Blick hatte, richtete
sich seine Bewunderung nicht auf den neuen, seit der Fertigstellung des
Langhauses 1275 mächtig weiterwachsenden Straßburger Münsterbau, und
auch die nach dem Brand von 1185 entstandene spätromanische Kathedrale
seines Bistums Basel würdigte er keiner Notiz. Stattdessen stellte er, ohne
nähere Einführung, die Kirche des Augustinerchorherrenstiftes Marbach
(eccUsM canonz'corMm MarMcensz'Mm) heraus: bi/hz WMros messe sie in der Breite
sechzig Fuß, in der Länge das Doppelte. Nach einem musternden Blick in die
Sakristei dieser Kirche, deren liturgische Gewänder mit genauen Zahl- und
Maßangaben registriert werden, endet der gesamte Überblick mit der Bemer-
kung, die Türme dieser Kirche enthielten sieben Glocken A
Noch lange Zeit muß dieser romanische Bau des 12. Jahrhunderts, muß
das majestätische Ensemble mit Vorkirche, Nebenchören und eben den zwei

194 Unter dem Titel >De rebus Alsaticis ineuntis saeculi XIII< hg. v. JAFFE (wie Anm. 190),
S. 232ff.; auch die Abschnittsnumerierungen stammen vom Herausgeber. Neutraler gehalten
erscheint die Sicht in den beiden Landschaftsbeschreibungen (>Descriptio Alsatiae< bzw.
>Descriptio Theutoniae<; wie vorstehend, S. 237f. bzw. S. 238ff.), die in der Handschrift un-
mittelbar auf die Skizzierung der >elsässischen Zustände< folgen. Strenggenommen handelt
es sich bei diesen vielleicht um die ältesten rein landeskundlichen Werke des deutschspra-
chigen Raumes. Vgl. KÖSTER, Geschichtsschreibung, S. 52ff., zur Überlieferung eindringlich
KLEINSCHMIDT, Colmarer Dominikaner-Geschichtsschreibung.
195 De rebus Alsaticis, ed. JAFFE (wie Anm. 190), S. 237.
 
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