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Huth, Volkhard; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Staufische "Reichshistoriographie" und scholastische Intellektualität: das elsässische Augustinerchorherrenstift Marbach im Spannungsfeld von regionaler Überlieferung und universalem Horizont — Mittelalter-Forschungen, Band 14: Ostfildern, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.34728#0269

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Zusammenschau -
Ergebnisse und Perspektiven:
Scholastische Intellektualität im Elsaß
und der Kaiserhof. Zur Rolle des
Augustinerchorherrenstiftes Marbach als
Schnittpunkt hochmittelalterlichen
Kulturtransfers

Im Licht vielschichtiger Überlieferungsbefunde kann dieses Urteil jetzt be-
gründet werden: Das - personell wie institutionell - aufscheinende scholasti-
sche Beziehungsgefüge rund um die Traditionsbedingungen staufischer Ge-
schichtsschreibung im Elsaß des 12./13. Jahrhunderts läßt diese gewiß nicht
mehr als »konservativ« oder »rückwärtsgewandt« erscheinen' '. Sie ist es
nicht im Blick auf ihre kommunikativen Wirkzusammenhänge. Zu dieser
Beurteilung gelangt man, wenn man eine bislang noch kaum in Rechnung
gestellte Dimension würdigt: die >scholastische< Intellektualität der Rezi-
pienten, aber auch schon der an der jeweiligen Überlieferungsgestalt maß-
geblich Beteiligten, die exklusive Fassungen erwarteten und untereinander
austauschten. Der Blick auf das Verhältnis von Historiographie und scholasti-
scher Intellektualität kann insofern nicht nur von der >Causa scribendh des
Autors, seiner Verpflichtung auf Legitimationskonzepte beziehungsweise den
über sein Werk vermittelten Ideen politischer Ordnung ausgehen, zumal die-
se meist dem strukturierten Geschichtsbild inhärent sind (etwa die Konzepti-
on des Imperiums und seiner Translation).
Paradigmatisch zeigt sich das an den Wandlungen, denen Gottfried von
Viterbo sein Werk unterzog, und für das er sich das Gros rezenter Quellen
offensichtlich im Elsaß besorgte, in der von ihm gepriesenen Bibliothek der
Kaiserpfalz Hagenau. Es sind in verblüffender Übereinstimmung teilweise
die gleichen >modernen< Quellen, die sich zur selben Zeit Herrad von Lands-
berg für die Komposition ihres >Hortus deliciarum< ausersah. Wie festzustel-
len war, spielte bei der Vermittlung aber nicht nur der Kaiserhof, sondern
auch das Augustinerchorherrenstift Marbach um 1180 eine tragende Rolle.
Diese Schlüsselfunktion manifestiert sich noch darin, daß uns auch die ganz
eigentümlich ausgestattete Widmungsfassung der >Gesta Friderich Ottos von
Freising und Rahewins für den Kaiser aus Marbach überliefert ist. Um 1180
stand sie in oder über Marbach mit Günther jenem Dichter zur Verfügung,

831 Wie für gewöhnlich behauptet worden ist; vgl. etwa HASHAGEN, Geschichtsschreibung,
S. 50.
 
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