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Huth, Volkhard; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Staufische "Reichshistoriographie" und scholastische Intellektualität: das elsässische Augustinerchorherrenstift Marbach im Spannungsfeld von regionaler Überlieferung und universalem Horizont — Mittelalter-Forschungen, Band 14: Ostfildern, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.34728#0131

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1. Wirkungsflächen, Wirkungsräume

115

Außenbeziehungen anzudeuten scheinen, andererseits sich aber eben nicht
mehr auf der Reform- oder Ordensschiene bewegten. Sie indizieren also eine
andere Qualitätsebene des Austauschs, auch wenn selbstverständlich nicht
vergessen werden darf, daß man es hier zunächst einmal mit Zeugnissen des
liturgischen Gebetsgedenkens zu tun hat. Dessen Veranlassung deckte sich
nicht mit der Aufgabe, die strukturellen Sozialbezüge des Marbacher Stiftes
oder den gesellschaftlichen Aktionsradius seiner Kanoniker abzubilden, auch
wenn sich für diese Zusammenhänge aus den Nekrologeintragungen partiell
Aufschlüsse ergeben. Auch ist längst erkannt worden, daß einige Personen,
für die anderweitig namhafte Schenkungen an oder Seelgerätstiftungen in
Marbach sogar ausdrücklich bezeugt sind, in der erhaltenen Memorialüberlie-
ferung überhaupt nicht wiederkehren' . Umgekehrt bot das sich hier im Gan-

gelegenen Abteien Siegburg und Brauweiler (zum gleichen Tage), schließlich Chaumousey,
das sich 1092/93 der Kanonikerreform von Saint-Ruf angeschlossen hatte, St. Märgen im
Schwarzwald und das Hunsrücker Augustinerchorherrenstift Ravengiersburg (allesamt zum
28.IX.; außer den oben im Text genannten Äbten lassen sich auch mindestens drei Priester,
ein Kanoniker und eine weibliche Konverse aus Chaumousey im Marbach-
Schwarzenthanner Nekrolog einzeln nachweisen). Der zum 9. Mai von anlegender Hand
eingetragene Priester Gerung war, wie über den Namenszusatz im Marbacher Nekrolog von
1241 zweifelsfrei zu erweisen, der 1118 verstorbene erste Propst des mainfränkischen Regu-
larkanonikerstiftes Triefenstein; vgl. MONE, Urkunden zur Geschichte der Maingegend,
S. 406. Auch die Gründung Triefensteins, das durch seinen um die Mitte des 12. Jahrhun-
derts als Schriftsteller wirkenden Folmar, den erbitterten publizistischen Gegner Gerhochs
von Reichersberg, einigen Ruhm erlangte, ist also im Marbacher Reformkontext zu interpre-
tieren, was noch STÖRMER, Augustinerchorherrenstift Triefenstein, übersehen hat. Wie ernst
solche Indizien trotz des Fehlens der betreffenden Gemeinschaft in der Verbrüderungsliste
der Marbacher Nekrologhandschrift von 1241 zu nehmen sind, hat WlTTWER, Quellen zur
Liturgie, S. 310f. und bes. S. 353ff., nachdrücklich am Beispiel Zurzachs vor Augen geführt:
die schon zur Karolingerzeit bestehende kleine Gemeinschaft am Grabe der hl. Verena muß
im 12. Jahrhundert nach Marbacher Observanz gelebt haben, ehe sie wieder (vor 1265) in
den Besitz des Klosters Reichenau kam. Den Beweis liefert noch der um 1370 entstandene
Zurzacher >Liber ordinarius< (Aarau, Kantonsbibliothek, Ms. BNQ 52). - Nicht zuordnen
konnte ich einen nach Reichenweier im Elsaß (Riquewihr) zubenannten Mönch, ebensowe-
nig die Äbte Ricum (zum 19.VIII.) und BercHMM (zum 21.VII., möglicherweise eine Verschrei-
bung; vgl. die Eintragung des Kanonikers Bercahus von St. Leonhard/Basel zum 2.VIII.),
doch müssen beide, da noch im Zuge der Anlage eingeschrieben, 1154 bereits verstorben
gewesen sein. Ein Abt Richwin ist zum gleichen Tage (s. zu diesem Datum bzw. im Kom-
mentarteil s. v. bei KUITHAN, Benediktinerabtei Zwiefalten) in Zwiefalten kommemoriert
worden.
379 Das war schon HOFFMANN, L'abbaye, S. 168, aufgefallen. Zu der durch den Marbacher
Chorherrn Wilhelm Voss im 17., sodann durch Grandidier im darauffolgen Jahrhundert
weiter verunklarten Überlieferungssituation der Marbacher Nekrologien, die hier nicht
weiter untersucht werden kann, s. die weiteren Ausführungen ebd., S. 169ff.; zuletzt (in die-
sem Punkt wenig erhellend) WEIS, Nekrologien, S. 57f. Daß diese Fragen nicht nur im spe-
kulativen Raum schweben müssen, belegen die bislang von allen zitierten Autoren überse-
henen Kalendarfragmente saec. XIÜ, die dem Codex Colmar, Bibliotheque Municipale,
Ms. 14, als Schmutzblätter beigebunden worden sind. Sie umschließen nur die Monate No-
vember/Dezember, doch weisen selbst diese Fragmente mindestens eine nekrologische No-
tiz noch von anlegender Hand aus, so daß für den ursprünglichen Befund durchaus auf ein
Kalendarnekrolog ähnlich dem jüngeren des Schreibers Werner von 1241 geschlossen wer-
den kann; Näheres unten in Anm. 578. Im übrigen ist an die Klagen von 1689 o& düechnw
pn'ndpah'M77i docMmentorMm nosfrorM?n zu erinnern, der schon vor den Verlusten im Dreißig-
jährigen Krieg durch ein Autodafe der aufrührerischen Bauern 1525 im Kloster eingetreten
sein soll; wie Anm. 371. Diese Aussage wird gestützt durch die Informationen, die bereits
Heinrich Pantaleon 1565 bei einem Besuch in Marbach erhielt. Dessen Bibliothek hatte, wie
 
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