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Kaufhold, Martin; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Rhythmen politischer Reform im späten Mittelalter: institutioneller Wandel in Deutschland, England und an der Kurie 1198 - 1400 im Vergleich — Mittelalter-Forschungen, Band 23: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34739#0027
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Der Beginn einer neuen Zeit

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und schließlich Ruprecht von der Pfalz (1400-1410). Bei einem Vergleich dieser
Doppelkönigtümer zeigt sich, dass sie in der Regel erstaunlich langlebig waren,
und dass die Notwendigkeit einer Klärung der Situation, wer denn der n'cMz'ge
König sei, nicht drängte. Darauf kommen wir noch zurück.
An die Stelle markanter Königsgestalten tritt im späten Mittelalter allmählich
ein Gremium von sieben Fürsten, die den neuen König zu wählen haben. Diese
Kurfürsten, die sich im Verlauf der Epoche, die wir hier untersuchen, als
KMr/MrsfgtAoPgg formierten, erlangten eine Schlüsselrolle in der politischen Ord-
nung des Reiches, doch hat die Tatsache, dass nur wenige Mitglieder dieses
Wählerkreises ein eigenes prominentes Profil auf Reichsebene erlangten, zum
unbestimmten Bild des römisch-deutschen Königtums im späten Mittelalter beige-
tragenT
In einer Zeit, in der politische Entscheidungen in hohem Maße personalisiert
waren, erscheint der Kreis der Kurfürsten letztlich als schwer fassbare Größe,
obwohl die Entscheidungen dieser Institution in hohem Maße durch die sehr
konkreten Interessen der Mitglieder geprägt waren. Das Kurfürstenkolleg ist in
der deutschen Geschichte des späten Mittelalters tatsächlich eher eine abstrakte
Institution als ein Zusammenschluß markanter politischer Köpfe. Darin mag ein
Teil des Unbehagens begründet liegen, das die Forschung im Umgang mit den
Kurfürsten immer wieder erfasst hatü Darin liegt aber auch ein besonderer Reiz
der Entwicklungsgeschichte dieses Gremiums, denn an den Modalitäten seiner
Entscheidungen lässt sich die Geschichte der politischen und der
Verfassungsordnung des Reiches verfolgen.^'
Das Verfahren zur Wahl des römisch-deutschen Königs wurde in den Jahr-
hunderten, in denen uns die Überlieferungslage einen einigermaßen verlässlichen
Blick auf das Geschehen erlaubt, allmählich formalisiert. Eine ähnliche Formalisie-

7 Auf diese Fälle wird die Untersuchung in der Folge näher eingehen; für eine Übersicht mit
Quellenangaben und weiterer Literatur vgl. Die deutschen Herrscher des Mittelalters, hg.
von Schneidmüller/Weinfurter.
8 Vgl. für eine erste Übersicht über die Geschichte des Kurkollegiums und seiner Erforschung:
M. KRAMMER, Das Kurfürstenkolleg von den Anfängen bis zum Zusammenschluß im Renser
Kurverein des Jahres 1338 (Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des deutschen
Reiches in Mittelalter und Neuzeit V.l), Weimar 1913; H. MlTTEIS, Die deutsche Königswahl.
Ihre Rechtsgrundlagen bis zur Goldenen Bulle, 2. Aufl. Brünn/München/Wien 1944;
M. LlNTZEL, Die Entstehung des Kurfürstenkollegs, zuletzt in: OERS., Ausgewählte Schriften,
Bd. 2 Berlin 1961, S. 431-463; W. BECKER, Der Kurfürstenrat. Grundzüge seiner Entwicklung
in der Reichsverfassung und seine Stellung auf dem Westfälischen Friedenskongreß (Schrif-
tenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 5), Münster 1973;
K. F. KRIEGER, König, Reich und Reichsreform im Spätmittelalter (Enzyklopädie deutscher
Geschichte 14), München 1992, S. 64-71; F. R. ERKENS, Kurfürsten und Königswahl. Zu neuen
Theorien über den Königswahlparagraphen im Sachsenspiegel und die Entstehung des Kur-
fürstenkollegiums (MGH Studien und Texte 30), Hannover 2002.
9 Zur Diskussion über die Rolle der Kurfürsten vgl. neben der Literatur in der vorangehenden
Anmerkungen etwa: KAUFHOLD, Deutsches Interregnum, S. 458-478.
10 Vgl. etwa ebda, S.458A78.
 
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