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Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0047

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1. Politische Verflechtungen im spätstaufischen Reich

depunkt zwischen der „Erfolgsstory" vom Männerbund zweier Könige, Siegfried und
Günther, und dem Drama von Siegfrieds Untergang und dem Ende der Burgunden,
steht jene berühmte Szene vor dem Wormser Dom, als sich Kriemhild, Siegfrieds Frau,
und Brunhild, die Gemahlin Günthers, um das Vorrecht, den Dom als erste zu betreten,
streiten und Kriemhild die Konkurrentin durch die Behauptung, dass sie einst von
Siegfried durch List der Jungfernschaft beraubt worden sei, tödlich beleidigt. Was dann
geschieht, klingt in der Übersetzung von Karl Simrock so:
„Viel sclzötte Entfett wt;r&';; / d;;rc/; Reden sclzon ezzizwed.
Da erzeigte Br;;;;7;dd / soicite Eraarigiu'it,
Dass es erbarmen musste / die zn Gtmiizers Ee7w.
Vor; Troo/'e Hager; sai; rr;ar; /zt; der Körrigirr geirrr. (563)

Er/ragie was iirr wäre, / weil er sie weirrerrd/arrd;
Sie sagt' iirrrr die Märe. /Er geioH' iirr gieicir z;;r Efarrd,
Dass es öri^err sode / der Krierrrirdde Marrrr,
Oder rrrarr ire^iirrr rrirrrrrrer / rrrrier Eröirdcirerr arr. (364)

Lider die Rede Earrrerr / Oriweirr ;;r;d Gerrrot,
Adda die Eieider; rieter; /zt; Sieg/riederrs R;d."'^
Günthers und Giselhers Beschwichtigungsversuche im „Mordrat" scheitern und alsbald
muss der Drachenbezwinger sterben. Das Vertrauen zwischen den Königen und der
große politische Nutzen ihrer Freundschaft - all das kommt gegen den einmal gesäten
Hass nicht an.
Der Wormser Königinnenstreit bietet ein schönes Beispiel, wie ein zunächst durch
allseitige Freundschaft verbundenes Netzwerk von „Helden" (und ihren Frauen) durch
ein singuläres Ereignis in zwei antagonistische Blöcke aufgespalten wird (Abbildung 9):
Betrachten wir nur die positiven Bindungen zwischen den Akteuren (schwarze und
graue Linien), so bildet der ganze Burgundenhof eine Clique, die durch die Zentralfigur
König Günthers zusammengehalten wird. Doch dann bricht der Streit zwischen den
Frauen aus (Strichpunktlinie) und die Einheit zerbricht. Zwei Lager entstehen (schwarze
und graue Flächenfärbung), die sich in tödlicher Feindschaft gegenüberstehen.
Der Computeralgorithmus geht hierbei wie folgt vor: Brunhild und Kriemhild
bilden, da Antagonisten, den Kern jeweils einer eigenen Clique. Im nächsten (1.) Schritt
überprüft nun das Programm, ob von diesen beiden Personen positive Verbindungen
zu anderen Akteuren ausgehen (in netzwerkanalytischer Terminologie: es wird danach
hier nur das Studienbuch von jAN-DiRK MÜLLER, Das Nibelungenlied, 2., überarb. und
erg. Aufl., Berlin 2005 (3. Auf!., Berlin 2009) genannt. Auf die uns interessierende Episode
gehen unter anderen kurz ein: JAN-DiRK MÜLLER, Spielregeln für den Untergang. Die Welt
des Nibelungenliedes, Tübingen 1998, S. 281ff.; BERNHARD BÜRGER, Die Grundlegung des
Untergangsgeschehens im Nibelungenlied, Freiburg 1985, S. 185-192, und HEINZ Rupp, Das
'Nibelungenlied' - eine politische Dichtung, in: Wirkendes Wort 35 (1985), S. 166-176, hier:
S. 169f.
Das Nz'6dMzzyezz-Ez'eä, neuhochdeutsch, übertr. von KARL SiMROCK (1827), mit einer Einleitung
von MAX VON BoEHN, Berlin 1923 (zuerst 1827), S. 134 (14. Aventiure), Zählung der Strophen
hier nach der Ausgabe von Karl Bartsch. Vgl. Das NzMazzgezzZzed. Text und Einführung, nach
der St. Galler Handschrift, hg. und erläutert von HERMANN REICHERT (De-Gruyter-Texte),
Berlin u.a. 2005, S. 141.
 
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