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Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0054

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1.3. Gegenstand und Vorgehensweise dieser Untersuchung

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ser, an den Gregor IX. anknüpfen konnte, war sogar schon 1238 her vorgetreten.' ^ Von
da ist es schon nicht mehr weit bis zu den Tagen des größten Triumphes Friedrichs II.,
der aus der Rückschau als der Gipfelpunkt seiner Macht erscheint - seiner prunkvollen
Wormser Hochzeit mit Isabella von England im Juli und dem Mainzer Hoftag im August
1235.123 Das Reich präsentierte sich während jener Tage in einer Geschlossenheit, der
Kaiser, welcher gerade erst seinen unbotmäßigen Sohn fast ohne Schwertstreich, (schein-
bar) allein durch die überwältigende Wirkung seiner Autorität niedergerungen hatte,
entfaltete damals derart suggestiv die Aura seiner imperialen Majestät,'^ dass es so
scheint, als wäre hier der passende Nullpunkt gefunden, von dem ab sich die weitere
Reichsgeschichte als die Geschichte eines ungeheuren Abfalls, Verrats und Niedergangs
der Zentralgewalt erzählend entfalten lässt.
Natürlich machen solche moralisierenden Kategorien keinen Sinn. Richtig ist aber,
dass es offenbar jene Parallelität und Verschränkung von Papst-Kaiser-Konflikt und
anwachsender Fürstenopposition war, die - ähnlich wie am Beginn des Investiturstreits -
den Niedergang der Zentralgewalt herbeiführte.^ Die tiefere Ursache dieser Entwick-
„Passauer Bund" vom 7.3.1238, vgl. BF 11215a. Neuerdings ist die Datierung 1239 vorge-
schlagen worden (WERNER, Reichsfürst, S. 182), doch reicht die Bildung einer Opposition
gegen Friedrich mit Sicherheit schon bis 1238 zurück. Die zweite Bannung des Kaisers durch
Gregor IX. datiert auf den 20.3.1239, vgl. BF 2428b, bereits in das Jahr 1239 fallen Versuche
zur Wahl eines Gegenkönigs, dazu neben WERNER, ebda., S. 186f. und 191f., auch die nicht
unproblematische Studie von HEINZ THOMAS, König Wenzel I., Reinmar von Zweter und der
Ursprung des Kurfürstentums im Jahre 1239, in: HUBERT MoRDEK (Hg.), Aus Archiven und
Bibliotheken. Festschrift für Raymund Kottje zum 65. Geburtstag (Freiburger Beiträge zur mit-
telalterlichen Geschichte, 3), Frankfurt a.M. 1992, S. 347-372. Die Königswahlen der 1230-50er
Jahre haben allesamt unter der Fragestellung der Herausbildung des Kurfürstenkollegs starke
Beachtung der Forschung gefunden, vgl. hierzu zuletzt FRANZ-REINER ERKENS, Kurfürsten
und Königswahl. Zu neuen Theorien über den Königswahlparagraphen und die Entstehung
des Kurfürstenkollegiums (MGH-Studien und Texte, 30), Hannover 2002; THOMAS ERTL, Alte
Thesen und neue Theorien zur Entstehung des Kurfürstenkollegiums, in: ZHF 30 (2003),
S. 619-642. Einen interessanten Neuansatz unternimmt ALEXANDER BEGERT, Das Kurkolleg
als Schiedsgremium, in: ZBayLG 66 (2003), S. 399-434, sowie DERS., Die Entstehung und
Entwicklung des Kurkollegs: von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert (Schriften
zur Verfassungsgeschichte, 81), Berlin 2010; dazu die kritische Replik von FRANZ-REINER
ERKENS, Anmerkungen zu einer neuen Theorie über die Entstehung des Kurfürstenkollegs, in:
MIÖG 119 (2011), S. 376-381.
123 Zu den Ereignissen, politischen Entscheidungen und Gesetzgebungsmaßnahmen im Juli /
August 1235 vgl. nur BF 2099a-2110; SiüRNER, Friedrich II., S. 309-316. Zur Vorgeschichte des
Hoftages siehe unten Kap. 4.3.
124 Der Mainzer Hoftag von 1235, besucht von sieben Erzbischöfen, 22 Bischöfen und sechs Her-
zogen, weiteren Reichsfürsten und Grafen, dazu angeblich „12.000 Rittern" (so die Marbacher
Annalen, vgl. FRANZ-J. SCHMALE [Hg. und Übers.], Die Chronik Ottos von St. Blasien und
die Marbacher Annalen [FSGA, 18a], Darmstadt 1998, S. 246), stellte die größte Reichsver-
sammlung nach dem legendären Pfingsthoftag Barbarossas 1184 dar, vgl. zu Letzterem JosEE
FLECKENSTEIN, Zur Bedeutung der großen Mainzer Hoftage von 1184 und 1188, in: FS Heimpel,
Bd. 2 (1972), S. 1023-1041, sowie zuletzt WERNER RösENER, Die Hoftage Kaiser Friedrichs I.
Barbarossa im Regnum Teutonicum, in: PETER MoRAW (Hg.), Deutscher Königshof, Hoftag
und Reichstag im späteren Mittelalter (Vorträge und Forschungen, 48), Stuttgart 2002, S. 359-
386, insbes. S. 359f., 365f. u.ö. Zur intensiven Hoftagspolitik des ersten Friedrich, mit der sich
Friedrich II. und seine Söhne schwerlich messen können, siehe im selben Sammelband auch
THEO KöLZER, Der Hof Kaiser Barbarossas und die Reichsfürsten (S. 3-47) und KARL-HEINZ
SriEss, Der Hof Kaiser Barbarossas und die politische Landschaft am Mittelrhein (S. 49-76).
125 Hagen Kellers Charakterisierung des Investiturstreits passt wortwörtlich auch auf Friedrichs
 
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