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Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0062

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1.3. Gegenstand und Vorgehensweise dieser Untersuchung

61

tagespolitischer Fragen zu einem wichtigen Anlautpunkt der Fürsten, die ihre Vorstel-
lungen in die Reichspolitik einbrachten. '^ Damit begann das Königtum Heinrichs (VII.)
erste eigene Konturen zu zeigen, die es schon bald in einen gewissen Gegensatz zu
Friedrich bringen sollten.
Die Entscheidung, die vorliegende Untersuchung genau in diesem Moment, im Jahr
1225 beginnen zu lassen, resultiert aus der Erwägung, dass der Moment, an dem Hein-
rich (VII.) als selbständiger Akteur die Bühne betrat, bei der Diskussion der Frage, warum
sein „Juniorkönigtum" scheiterte, offenbar besondere Beachtung verdient. Formalrecht-
lich brachte dieses Jahr die Emanzipation des Königs, der mit seinem 14. Geburtstag die
Volljährigkeit erreichte.^8 Schon dies legt den Gedanken an eine Zäsur nahe. Doch nicht
das Abstreifen der Fesseln einer Regentschaftsregierung, die Errichtung der königlichen
Autorität über sich verselbständigende Fürsten wurde hier zum Problem,'^ sondern
die Neugestaltung des Verhältnisses zum Vater. Dies ist zwar auch, jedoch nicht vorran-
gig, eine psychologische Frage. Dass Heinrich den/esien bV/'Ncn besessen hat, nunmehr
selbständig zu regieren, können wir nur vermuten.'^ Entscheidend ist vielmehr, dass
sich mit seiner Volljährigkeit die Frage, inwieweit sein Kdmgs7iq/&?s Podhnn
Mzf&süwwMtiy sein sollte, mit neuer Schärfe stellte. Heinrichs Präsenz im Reich
machte ihn automatisch zum ersten Ansprechpartner der Fürsten, dennoch entschied
sich Friedrich II., wie zu zeigen sein wird, 1225/26 dezidiert gegen ihn und damit gegen
die an Heinrichs Hof dominierenden fürstlichen Kreise. Eine tragfähige Lösung war dies
nicht, Heinrichs institutioneile Einbindung in das Machtgefüge von Zentralgewalt und
Fürsten blieb merkwürdig schwebend und unbestimmt. Somit drückte das, was damals
geschah, der weiteren Entwicklung seinen Stempel auf und bildete eine erste Ursache
für das endliche Scheitern Heinrichs (VII.). Zwar nicht mit Zwangsläufigkeit, aber doch
mit einer gewissen Folgerichtigkeit machte sich somit das Reich im Jahre 1225 auf den
Weg ins Interregnum.

Vereins, 38), Köln 1993, insbes. S. 286-378, sowie CHRISTIAN HiLLEN, Engelbert, Erzbischof
von Köln, als Gubernator Heinrichs (VII.), in: Geschichte in Köln 46 (1999), S. 35-49. Zum
Kreis der Berater Heinrichs und ihrer politischen Bedeutung während seiner Minderjährigkeit
siehe auch THORAU, ebda., S. 110-121; HiLLEN, Curia regis, S. 147-162.
14? Die ersten von einer größeren Zahl Fürsten besuchten Hoftage (nach der Aachener Krönung
1222) fanden 1223 in Nordhausen (BF 3898a und ff.), 1224 in Frankfurt, Nürnberg und
Bardowieck statt (BF 3898a, 3920a/25a/40a, jeweils mit folgenden Nummern).
148 Das genaue Datum des 14. Geburtstages ist unbekannt, doch geht die Forschung davon aus,
dass er in die erste Hälfte des Jahres 1225 fällt (zum Geburtsdatum vgl. THORAU, Heinrich [VII.],
S. 27).
149 Die Mündigwerdung eines Königs kann, wie das Beispiel Heinrichs IV. 150 Jahre zuvor zeigt,
durchaus als ein kritischer Moment angesehen werden, da die während einer Regentschafts-
phase eingespielten Machtbalancen zwischen den Fürsten neu austariert werden mussten
und der König selbst nunmehr eine aktivere Rolle spielte. Zum verfassungshistorischen Phä-
nomen des Kindkönigtums insgesamt vgl. THILO OFFERGELD, Reges pueri: das Königtum
Minderjähriger im frühen Mittelalter (MGH-Schriften, 50), Hannover 2001. Darin S. 785-797
zur Minderjährigkeitsphase Heinrichs IV., der Fall Heinrichs (VII.) wird hier nur gestreift
(S. 812f.).
150 Die Diskussion dieser Frage macht sich vor allem an der Erörterung von Heinrichs Haltung
gegenüber den ihm angetragenen Heiratsofferten sowie seiner Reaktion auf die Ernennung
eines neuen Reichsverwesers 1226 fest, dazu unten Kap. 2.
 
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