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Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0100

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2.2. Die Heiratspläne für Heinrich (VII.)

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Wettrennen, das seine Brisanz dadurch gewann, dass nach dem Tode Philipps II. Au-
gustus (Juli 1223) dessen Sohn Ludwig VIII. eine offensive Politik gegen die Engländer
verfolgte, deren Festlandsbesitz südlich der Loire er im Sommer 1224 militärisch be-
setzte.^ Der Kaiser neigte erkennbar der französischen Seite zu, mit der er schon im
November 1223 in Catania einen Vertrag geschlossen hatte. In Deutschland aber warb
der Reichsverweser Engelbert von Köln für ein Bündnis mit England, das durch die Er-
richtung einer dynastischen Dreierallianz unter Beteiligung der Babenberger festgezurrt
werden sollte.^ Dieser spätestens im Sommer 1224 entstandene Plan zu einer deutsch-
englischen Doppelhochzeit sah vor, dass Heinrich (VII.) eine englische Prinzessin (wohl
Isabella, die spätere Braut Friedrichs II.) heiraten sollte, während der englische König
Heinrich III. der österreichischen Herzogstochter Margarethe die Hand geben würdet
Januar 1225 schickte der englische König eine durch den Bischof Walter von Carlisle
geleitete Gesandtschaft nach Deutschland, die am 7. Februar mit Engelbert zusammen-
traf und diesen in den folgenden Monaten begleitete. Die nach England übermittelten
Berichte der Gesandten über ihre Mission stellen eine wichtige Quelle für die folgenden
Ereignisse dar.45
Ludwig VIII. schlug im November 1224 bei direkten Verhandlungen mit den Rä-
ten Heinrichs (VII.) ein staufisch-kapetingisches Heiratsbündnis vor, doch gelang es
Engelbert, die bei Toul stattfindenden Verhandlungen und ein daraus möglicherweise
hervorgehendes Herrschertreffen zu torpedieren.^ Ludwig sah sich gezwungen, sich
42 Diese diplomatischen Verwicklungen und ihre politischen Hintergründe sind in der Literatur
wiederholt geschildert worden und hier nur kurz zusammenzufassen. Vgl. etwa WALTHER
KiENAST, Deutschland und Frankreich in der Kaiserzeit (900-1270), Bd. 3: Weltkaiser und
Einzelkönige (Monographien zur Geschichte des Mittelalters, 9/3), 2. Auf!., Stuttgart 1975,
S. 585-589; THORAU, Heinrich (VII.), S. 227-239; LoTHMANN, Engelbert, S. 343 und ff.; STÜRNER,
Friedrich II., S. 126ff.
43 Friedrichs frankreichfreundliche Haltung stand in Kontinuität zur außenpolitischen Linie
seiner Anfangsjahre, als ihm der französische Sieg bei Bouvines über die im Bunde mit
Otto IV. stehenden Engländer die Krone überhaupt erst gesichert hatte. Vgl. hierzu KiENAST,
ebda., S. 555-584. Die Gründe für Engelberts englandfreundliche Haltung werden in Kölner
wirtschaftspolitischen Interessen sowie in seiner Sorge vor dem seit Bouvines verstärkten
französischen Druck auf den Westen des Reiches gesucht, vgl. etwa THORAU, Heinrich (VII.),
S. 126 und 232f.; KARL WAND, Die Englandpolitik der Stadt Köln und ihrer Bischöfe im 12.
und 13. Jahrhundert, in: JosEF ENGEL / HANS MARTIN KLINKENBERG (Hgg.), Aus Mittelalter
und Neuzeit. Gerhard Kallen zum 70. Geburtstag, Bonn 1957, S. 77-95, hier S. 84ff.
44 Vgl. hierzu ZÖLLNER, Babenbergische Heirat: Englisch-babenbergische Kontakte sind schon
für 1221 nachweisbar, wenn auch nicht sicher ist, ob damals bereits eine Heiratsallianz im
Gespräch war. Erst Anfang 1225 wurden die Heiratspläne konkret und Erzbischof Engelbert
seitens des österreichischen Herzogs mit der Verhandlungsführung betraut. Doch ist es
wahrscheinlich, dass das Projekt spätestens im Sommer 1224 ausgereift war, als Engelbert
und Herzog Leopold auf dem Nürnberger Hof tag zusammentrafen (BF 3925a-31). Der Sohn
des Herzogs, Friedrich (der Streitbare), verblieb in der Entourage des Erzbischofs, in dessen
Gefolge er im September 1224 zu Dortmund Heinrich (VII.) begegnete (BF 3937). Im Februar
1225 wurde der junge Friedrich vom Erzbischof zu Leopold zurückgeschickt, um Einzelheiten
des Eheprojekts zu besprechen.
Edition der Berichte in WALTER W. SHiRLEY (Hg.), Royal and other historical letters: illustrative
of the reign of Henry III. From the Originals in the public record office, Bd. 1: 1216-1235,
London 1862, Nr. 213 und ff. Ihr Inhalt ist in ausführlichen Regesten zusammgenfasst bei
RICHARD KNiPPiNG (Bearb.), Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Bd. III,
1. Hälfte (1205-1261) (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, 21/3),
Bonn 1909 (kurz REK), hier: REK 111/1, Nr. 482 und ff.
Heinrich (VII.) traf am 17.11.1224 (nach einer nur fünftägigen Anreise vom 260 km entfernten

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