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Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0167

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166

2. Weitreichende Entscheidungen: Die Krise von 1225/26

Der Stedingerkampf kann somit auch als eine Folge des Ehebündnisses zwischen Lippe
und Ravensberg-Oldenburg bezeichnet werden.^'
Auch in diesem Falle ist es auffällig, dass die geschilderten komplexen Zusam-
menhänge von der Forschung nicht erkannt worden sind.^ Wiederum zeigt sich das
bislang viel zu wenig genutzte Erkenntnispotential einer konsequent die Gesamtheit aller
Ereignisse im Reich zusammendenkenden Untersuchung, welche in ihrer Denkweise
(wenn auch nicht zwingend in ihrer Methode) netzwerkanalytisch sein muss, um ein
Gespür für die komplizierten kausalen Verflechtungen auszubilden.
Verlierer des Anfang 1226 erzielten Ausgleichs waren die Isenberger, die ihren Besitz
und zum Teil das Leben einbüßten. Bischof Dietrich starb in Rom, als er vor dem Papst
wegen seiner Suspendierung Berufung einlegen wollte. Graf Friedrich, der Attentäter,
der angeblich in Rom sogar noch vom Kirchenbann absolviert wurde,^ fiel nach seiner
321 Zum Stabwechsel in Utrecht und Paderborn vgl. HENGST / HERWAARDEN, Wilbrand v. Pa-
derborn (GATz); KARL HENGST, Art.: Bernhard zur Lippe, Bischof von Paderborn, in: GATZ,
Bischöfe, S. 539f., hier: S. 540, sowie DIETER RÜDEBUSCH, Art.: Wilbrand von Oldenburg, in:
HANS FRiEDL u.a. (Hgg.), Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg,
Oldenburg 1992, S. 795. Auch wenn von Absprachen in den Quellen nichts verlautet, sind
sie doch angesichts der bestehenden personellen Konstellation sehr wahrscheinlich. Gute
Beziehungen zwischen den Lippern, genauer: Erzbischof Gerhard, und den Oldenburgern,
sind ab den Jahren 1228/29 bezeugt, vgl. Regesten Bremen I, Nr. 841; HucRER, Unterwer-
fungskriege, S. 17f. und 25f. In das Spätjahr 1227 setzt die Forschung zudem den Beginn
der Auseinandersetzung Erzbischof Gerhards mit den Stedingern. Parallel dazu ging Bischof
Wilbrand von Utrecht gegen die aufständischen Drenther Bauern vor, so dass man hier von
einer konzertierten Aktion sprechen kann. Vgl. hierzu insbes. HEINRICH SCHMIDT, Zur Ge-
schichte der Stedinger Bauern, in: Bremisches Jb. 60/61 (1982/83), S. 27-94, hier S. 55; HucKER,
ebda., S. 11. Hücker betont im übrigen die Bedeutung des Todes Pfalzgraf Heinrichs (1227) für
den Beginn des Stedingerkampfes, da so der Erzbischof Gerhard gegenüber den feindseligen
Welfen „den Rücken freibekam". Er geht auf die lippe-ravensbergische Hochzeit nicht ein,
betont aber, dass das „Vorgehen gegen die Bauern von dem politischen Zusammenschluß
einiger weniger hochkarätiger Familien abhing", darunter eben der Häuser Oldenburg und
Lippe. Zu berücksichtigen ist hierbei auch die innere Spaltung der Oldenburger, die erst 1229
auf Vermittlung des Erzbischofs überwunden wurde (ebda., S. 2f.). Siehe auch unten S. 289 zur
veränderten politischen Lage während der entscheidenden Stedingerkreuzzüge von 1233/34.
322 Vgl. etwa die völlig voneinander isolierte Behandlung des Utrechter Friedens und der Lütticher
Synode bei WiNKELMANN, Friedrich II., Bd. 1, S. 401 und 472. Auf den Zusammenhang
zwischen beiden Ereignissen hat erst Peter Schiffer aufmerksam gemacht (DERS., Grafen von
Geldern, S. 344f.), doch ist sein Ansatz in der neueren Arbeit von MATSCHA, Heinrich v.
Müllenark, nicht weiter fruchtbar gemacht worden (ebda., S. 192 und 256).
323 Vg], CU'on/'auH pond/tcMm et ÜH^cuhofM/H RiieHCHse, in: LUDWIG WEILAND, Beschreibung einiger
Handschriften der Universitätsbibliothek zu Giessen, in: NA 4 (1879), S. 59-85 (Beilage
S. 74-85), hier S. 74: „Hunzs eifern tempore m'deh'cet euuo domz'uz' 1225 Euyehzertus Coiouz'eusz's
archz'epz'scopMS e Frz'derz'co comz'te e Yseu&ery ... /int mierempius cf comes e pepe H&sohdMS." Zum
umstrittenen Quellenwert dieser 200 Jahre später entstandenen Chronik ebda., S. 64, doch
melden die Auuefes seucii Rmi&erti Sahs&uryenses dasselbe (hg. von WILHELM WATTENBACH,
MGH SS IX, Hannover 1851, S. 758-810, hier: S. 783): „Frz'derz'cMS comes de Alteuach, üifcrjccior
cpz'scopz Cokmz'eusz's, Römern ueuz'eus peuz'teutz'am super cefere commz'sso ei? Houorz'o pepe suscipii".
Caesarius u Rteisfefhadz, Vita Engelberti, ed. ZscHAECK, S. 280, betont, es habe keine Absolution
gegeben. Ich halte die päpstliche Absolution für denkbar - etwa gegen ein Kreuzzugsgelübde
des Grafen, welches wenig später auch der Limburger ablegte (dazu unten S. 189f.). Seine
Brüder, die Ex-Bischöfe, fanden weitgehend Verzeihung, auch wenn sie als Bischöfe nicht
wiedereingesetzt wurden. (Engelbert von Isenberg stieg allerdings 1239 zum zweiten Mal
zum Bischof von Osnabrück auf.) Das Verhalten des Papstes kann als ein Anzeichen dafür
 
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