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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0131

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130

Kapitel V

Etwas anders stellt sich die polemische Schrift des Prudentius (+ nach 405)
»Contra Symmachum« dar, die durch das Vorhaben provoziert wurde, in
Rom den Altar der Victoria wieder aufzustellen. Prudentius unterstrich hier
die Größe Roms, trat aber zugleich energisch für die christliche Lehre ein.
Kämpferisch forderte er die als MMnx apostrophierte Stadt Rom auf, die Na-
men derjenigen Mächte zu nennen, die ihr die Herrschaft über Europa und
Afrika (Tzht/a) verliehen hätten W Nach einer rhetorischen Aufzählung der
unterworfenen Orte und der jeweils wirksamen (oder flüchtenden) Gottheiten
gipfelte dieser Verweis allerdings in der Kernthese, dass Gott die Welt unter
Roms Herrschaft geeint habe, um sie für seine Erlösungsbotschaft und die
Inkarnation Christi vorzubereiten und besser empfänglich zu machen .^s

11. Didaktische Exempel und erklärende Deutungen

Letztlich scheint die Trias der Erdteile in spätantik-frühmittelalterlicher Zeit
so fest verankert gewesen zu sein, dass sie eben nicht mehr notwendigerweise
selbst erklärt werden musste, sondern innerhalb der philosophisch-theologi-
schen Diskussion oder auch in der Weitergabe gelehrter Wissensinhalte ihrer-
seits als griffiges Exempel dienen konnte. So führte Cassiodor zur verbildlichen-
den Erläuterung der aristotelischen Kategorienlehre zur Kategorie des Ortes
knapp aus, sie beschreibe: »Wo etwas ist, ob in Asien, in Europa, in Afrika
[Libya] .«'^
Auch zur Erklärung und Verdeutlichung religiöser Texte und Vorlagen
konnte die Erdteil-Terminologie offensichtlich praktisch genutzt werden. Ein
Homilientext zu Pfingsten, der in einer Veroneser Handschrift des frühen
9. Jahrhunderts überliefert ist und der irische Einflüsse verrät, erläuterte die
allegorische Bedeutung von Völkernamen, die in der Genesis, aber auch in
der neutestamentarischen Apostelgeschichte zu finden waren. Er beschränkte
sich dabei nicht auf diese Ebene der Auslegung, sondern bot auch erklärende
Hinweise zur >realweltlichen< Einbettung und Aktualisierung des biblischen
Stoffs: So erwähnte er, dass Afrika einst »Libia« genannt worden sei (anhtynh/s
Tz&M dzce&ahzr), und führte zu den beim Pfingstgeschehen anwesenden Römern
aus, dass es sich um Personen handele, die im »in Europa« liegenden Italien

bzw. Jupiters Wandlung in einen Stier auch ebd., S. 154 (carm. 23, v. 281f.). Zu Leben und
Werk des Sidonius s. Kaufmann 1995 und Harries 1994.
146 Dracontius, De laudibus Dei, hg. Moussy/Camus 1985-1988, Bd. 2, S. 27 (III231). Zum Autor
und seinem Werk zuletzt Selent 2011, hier S. 3-9, als knappe Einführung zu Leben und Werk
des im späten 5. Jh. in Afrika tätigen Dichters.
147 Prudentius, Contra Symmachum, hg. Tränkle 2008, S. 200 (lib. 2, vv. 489f.): Ergo age, iviiairix,
uis sninecerif ede / EMropam Eih/am^ne iiin', die nomine dionm. Der Text wurde 402/403 ver-
fasst, s. ebd., S. 44.
148 Siehe den Kommentar des Herausgebers, ebd., S. 39f.; vgl. analog Orosius, s. Kap. IV, Anm. 13.
149 Cassiodor, Institutiones, übers. Bürsgens 2003, Bd. 2, S. 348 (II 3,10): Hin' esf Mi in Asin, in En-
ropn, in Ei/in'e. Die zitierte Ausgabe bietet den Text von Mynors, der 1937 erstmals im Druck
erschien.
 
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