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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0186

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Hieraus erwuchs eine doppelte Autorität, da es nicht nur um die Präsenz
einer ersten Kirche in Europa ging, sondern zugleich um deren allegorischen
Wert für die ideale und universale Kirche Gottes in der Welt: In den Ausein-
andersetzungen zwischen lateinischer und griechischer Christenheit wurde
stets aufs Neue das Argument eines weltumspannenden Primatsanspruchs der
römischen Kirche vorgebracht/s So unterstrich in der Mitte des 11. Jahrhunderts
Papst Leo IX. in einem Schreiben an den Patriarchen Michael sowohl die Rolle
Petri beim Aufbau der Kirche insgesamt, wie den Beitrag der Apostel Paulus und
Barnabas bei der Bekehrung Europas und Afrikas. Seine Darstellung gipfelte
schließlich in der Herausstellung Roms als »Haupt der Welt und Herrscherin
über die Völker«Diese Positionierung resultierte in letzter Konsequenz aus
der globalen Missionsbewegung, die in allen Erdteilen zur Einsetzung von Bi-
schöfen führte und damit zur Etablierung einer universalen Kirchenstruktur .so
Die anhaltende Spannung zwischen Europa als engerer Heimstatt der Kirche
und deren universalem Ausgreifen blieb über die Zeiten erhalten: Noch im
13. Jahrhundert bietet die weit verbreitete »Legenda aurea« des Jacobus von
Voragine, in welcher der Europa-Name nur einmal erschien, einen eindrückli-
chen Beleg: Sie erklärte nämlich die Dreizahl der Petrus-Feste im Kirchenjahr
zum Zeichen der universellen Rolle des Apostels, der als Prälat der ganzen Kir-
che in Asien, Afrika und Europa gewirkt habeA
Auch nach dem Ende der karolingerzeitlichen Kommentar-Tradition wurde
in Texten zu den Paulusbriefen immer wieder auf die Überschreitung der Erdteil-
Grenze hingewiesen, welche die Predigttätigkeit des Apostels bedeutete. Für
das 12. Jahrhundert ist der bereits erwähnte Abaelard zu nennen, dem der etwa
gleichzeitig lebende Herve de Bourg-Dieu an die Seite gestellt werden kann A
Letzterer unterstrich erneut die universale Sendung der Apostel, deren Auf-
trag in der Verbreitung des Glaubens unter allen Völkern bestand: Gerade
Paulus repräsentierte dabei die Missionierung der ganz gleich ob es
sich um Griechen oder »Barbaren« handelte.^

78 Vgl. etwa Ratramnus von Corbie, Contra Graecorum opposita Romanam ecclesiam infaman-
tium libri quatuor, in: PL 121, Sp. 343f.
79 Leo IX., Epistolae et decreta pontificia, in: PL 143, Sp. 757 (»Epistola ad Michaelem Constan-
tinopolitanum patriarcham, adversus ejus et Leonis Acridani episcopi inauditas praesump-
tiones et nimias vanitates«).
80 Vgl. Humbert von Silva Candida, Libri tres adversus Simoniacos, hg. Thaner 1891, S. 109
(lib. 1, c. 6). Zur Entwicklung einer territorial umfassenden Organisation der Kirchenstruktur
s. Schmidt 1999; die Thematik fand in den letzten Jahren verstärktes Interesse, s. etwa Joh-
rendt/Müller (Hg.) 2008.
81 Jacobus de Voragine, Legenda aurea, Maggioni d 998, Bd. 1, S. 273 (Nr. 44); der Verweis blieb
auch in vernakularsprachlichen Übersetzungen bestehen, s. etwa Jacobus de Voragine, Legen-
da aurea, hg. Dunn-Lardeau, S. 322 (Nr. 44): Pi eins; comme Pierre /ni prince ei preini de ionie PPs-
giise esiendne es irois pnriies dn monde en Asie, en A^Jräjne ei en Pnrope, nnssi PPsgiise ceiebre irois /bis
Pan in /esie de inp.
82 Herveus Burgidolensis, Commentaria in epistolas divi Pauli. Expositio in epistolam ad Ro-
manos, in: PL 181, Sp. 606f. (c. 1) und 802f. (c. 15).
83 Ebd., in: PL 181, Sp. 607 (c. 1): Pi Aposioins non soinm Grnecis, sed ei bnrbnris, nee soinm snpienii-
bns, sed ei insipieniibns deinior esi, (?nin omnibns prnedienre missns esi.
 
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