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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0409

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408

Kapitel XIV

gisch-prophetischen Schrift der Erdteil zurrt handelnden Subjekt, das in die
Dynamik des Glaubenskampfs einbezogen war.

4. Blick in die Sterne - spätmittelalterliche /Maiern und
die Zukunft Europas

4.1. Warum astrologische Texte - und welche?
Wie bereits angesprochen, erscheinen astrologische Texte wie auch die eben
untersuchten prophetischen Traktate für die Frage nach dem Europa-Begriff
als potentiell besonders aussagekräftig, und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum
einen geben sie durch die Einheiten, für die sie Vorhersagen treffen (Städte,
Regionen, Reiche), Aufschluss darüber, welche Kategorien den Autoren hin-
reichend wichtig erschienen, um sie zum Gegenstand von Vorhersagen zu ma-
chen. Da die Erstellung konkreter Prognostiken gegen Bezahlung erfolgte^,
bleibt die Aussagekraft nicht auf die Verfasser selbst beschränkt, sondern er-
streckt sich auch auf ihr Publikum, dessen Erwartungen die Autoren aller
Wahrscheinlichkeit nach zu befriedigen suchten. Hier stellt sich daher unmit-
telbar die Frage, ob Europa als Gegenstand entsprechender Vorhersagen eine
Rolle spielte. Zum zweiten bieten astrologische Texte neben dem Verweis auf
die Tatsache der Bedeutungszuschreibung auch Aufschluss darüber, welche
Charakteristika den solcherart konstruierten Einheiten zugeschrieben werden:
Die Darstellung der zu erwartenden Ereignisse baute in vielen Fällen auf einer
argumentativen Herleitung auf, die nicht nur die Entwicklungen selbst, son-
dern auch deren Hintergründe zu fassen suchte. Hierzu zählten etwa der Einfluss
bestimmter Gestirne, astrologische Konstellationen oder Vorprägungen, die
sich aus der kosmologischen Einordnung in Klimazonen ergaben. Die ausge-
wählten Einheiten, für die konkrete Vorhersagen getroffen wurden, erhielten
auf diese Weise eine charakteristische Kontur, die uns Aussagen über die In-
halte der Zuschreibungen ermöglicht.

84 Diese ist im Rahmen einer Tätigkeit als »Hofastrologe« wohl zu vermuten; vgl. zu letzterer
Mentgen 2005, S. 159-273, der allerdings die materielle Ebene der Bezahlung oder Entloh-
nung nur in Ausnahmefällen in den Blick nimmt, z.B. ebd., S. 222 (Johannes Schelling von Glo-
gau), 233 (Johannes Lichtenberger) und 238 (Johann von Linden). Die zum Ende des 15. Jhs. hin
vermehrt erscheinenden Drucke von jMchcM ann; dürften noch eindeutiger auf Markterfolg
hin ausgerichtet gewesen sein, so dass die Gegenstände, auf die sich die Prognosen richteten,
das Zusammenspiel der Erwartungen von Autor und Publikum widerspiegeln; zusammen-
fassend zur Konstituierung einer spezifischen Öffentlichkeit durch prognostische Texte im spä-
ten Mittelalter, die damit auf die Existenz eines Marktes zumindest hindeutet, s. Mentgen
2005, S. 261f. Vgl. auch zum Umfeld der Universität Löwen Vanden Broecke 2003. Epochen-
und kulturübergreifend die Zusammenstellung der Beiträge in Oestmann/Rutkin/von Stuckrad
(Hg.) 2005, die allerdings für das lateinisch-christliche Mittelalter wenig einschlägiges Mate-
rial enthält.
 
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