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Schreier, Gero; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg [Mitarb.]; Jan Thorbecke Verlag [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ritterhelden: Rittertum, Autonomie und Fürstendienst in niederadligen Lebenszeugnissen des 14. bis 16. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 58: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54852#0030

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1.4. Quellen: Auswahl, Überlieferungs- und Editionssituation

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doch mit großen Kontinuitäten überschritt.70 Im Zeichen dieser Einsicht soll hier
historischer Wandel nicht in Abrede gestellt werden, vielmehr soll gerade
komplementär zu ihm das weitgehend Konstante jener Kultur ins Licht gerückt
werden. Mehr als ein Postulat ist dies im Rahmen der Untersuchung deshalb,
weil sich solche Kontinuitäten an mehr als einer Stelle geradezu aufdrängen. So
stehen die um und nach 1500 entstandenen Texte oft noch stark in Traditionen,
die ihren Ausgang im Spätmittelalter nahmen. Beispiele dafür wären die Bio-
graphie des Wilwolt von Schaumburg oder die des Pierre de Bayard, und noch
die humanistisch beeinflusste Biographie des Georg von Frundsberg kreist vie-
lerorts um die im Spätmittelalter zentralen Themen adliger Agonalität und des
Verhältnisses von Adel und Fürsten. Zudem reichen etliche der hier behandelten
heroischen Entwürfe des Spätmittelalters auf der Rezeptionsseite bis weit in die
Frühe Neuzeit hinein. In diesem Sinne ist es der Eigenart der hier untersuchten
Zusammenhänge selbst geschuldet, dass der Untersuchungszeitraum über die
Epochenschwelle um 1500 ausgeweitet wird.

1.4. Quellen: Auswahl, Überlieferungs- und Editionssituation
Im Zentrum dieser Arbeit stehen Traditionen adliger Selbstdeutung und
Selbstrepräsentation, die sich vor allem um das Moment adliger Agonalität
drehen. Als Hauptzugang zur Rekonstruktion und Analyse dieser Traditionen
werden biographische Texte gewählt, die die Lebenswege historisch nachweis-
barer Ritter in heroisierender Stilisierung (und sehr oft unter einem literarischen
Bezugshorizont) nachzeichnen. Die Frage, ob dabei einer engen repräsentativen
Auswahl oder einer breiter gestreuten kritischen Masse von Texten der Vorzug
zu geben sei, wird hier zugunsten des zweiten Weges entschieden. Da es um das
Wechselspiel von einzelnen Quellen und den diskursiven, politischen und so-
zialen Zusammenhängen geht, in den jene sich einschreiben, ist es nötig, Er-
gebnisse von hinreichender Breite und Repräsentativität zu erzielen, und dafür
scheint eine breitere Quellenbasis geeigneter.
Das Gros dieser Biographien entstand im französischen Sprachgebiet. Aus
der Fülle einschlägiger Texte wurden drei repräsentative Beispiele herausge-
griffen. Die gewählten Schriften sind für die Analyse insofern besonders ergie-
big, als deren Protagonisten bereits zu ihrer Zeit auch über die unmittelbaren
Rezipientenkreise hinaus Ruhm genossen. Die Beispiele umspannen einen
Zeitraum von etwa 150 Jahren, von Bertrand du Guesclin (um 1380) bis Bayard
(um 1520), mit Jacques de Lalaing (um 1470) in der zeitlichen Mitte. Aus dem
deutschen Sprachbereich stehen von vorneherein ungleich weniger Texte zur
Verfügung. Zu den zwei in der Forschung am meisten diskutierten und in die-
sem Zusammenhang ergiebigsten Beispielen aus dem 15. und dem beginnenden
16. Jahrhundert (Georg von Ehingen und Wilwolt von Schaumburg) tritt hier ein

70 Dezidiert in diesem Sinne nimmt auch Oexle, Aspekte den Adel in den Blick; vor dem Hinter-
grund des Alteuropa-Paradigmas: Schwerhoff, Alteuropa, S. 35 f.
 
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