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CORREGGIOS ALTARBILDER
IN DER DRESDNER GALERIE
von
WOLDEMAR VON SEIDLI7Z
Wer Correggio kennen lernen will, muß nach Parma gehen, In dieser nur
vierzig Kilometer von seinem Geburts= und Wohnort entfernten Stadt,
in der er die Jahre seiner Vollkraft von 1520 bis 1530 verbrachte, stehen
noch die Hauptwerke seines Lebens, die Kuppelmalereien im Dom und in dem
benachbarten S. Giovanni Evangelista, verschmutzt freilich und verdorben,
aber bewundernswerte Leistungen menschlicher Erfindungskraft, Die groß-
artige Galerie in dem gewaltigen, unvollendet gebliebenen Palast der Far-
nese beherbergt neben andern seiner Gemälde den herrlich erhaltenen, noch
jetzt in seiner vollen Farbenfrische leuchtenden »Tag«, das Gegenstück zu
der nicht minder berühmten, doch weniger gut erhaltenen »Nacht« in der
Dresdner Galerie. Mitten in der Stadt, vom Grün umgeben, befindet sich
das Nonnenkloster S. Paolo, wo er das erste Werk geschaffen hat, das
seinen Namen weit über die Grenzen der Stadt hinaustrug, jene heitere
Laube mit Engelputten und Allegorien, womit er die Decke des Zimmers
der feingebildeten lebensfrohen Vorsteherin Donna Giovanna Piacenza
schmückte.
In eigenem Gegensatz stehen alle diese Erzeugnisse einer neuen, er-
regten, von Sinnenfreude erfüllten Zeit zu jener düstern Kraft, die aus
dem hochragenden achteckigen Baptisterium neben dem Dom spricht, einem
Wahrzeichen der Blüte der Stadt während des Mittelalters. Und doch
waren die Jahre, welche Correggio in Parma verlebte, durch unausgesetzte
Kämpfe zwischen dem Kirchenstaat und Frankreich um den Besitz dieses
Mittelpunktes der Emilia so von steter Unruhe und Gefahr erfüllt, daß
die Freudigkeit der Correggioschen Schöpfungen wunder nehmen muß.
Sieht man von den über verschiedene Sammlungen verstreuten mytho-
logischen Bildern ab, in denen die Eigenart des Meisters zu ihrem ungetrüb-
testen Ausdruck gelangt, so kann man Correggio in den verschiedenen
Stufen seiner Entwicklung, abgesehen von Parma, nirgends besser kennen
lernen als in der Dresdner Galerie, die durch den Ankauf der Modene-
sischen Sammlung in den Besitz von nicht weniger als vier seiner größten
Altarbilder gelangt ist, wozu noch die einst besonders hoch gewertete Mag-
dalena kommt, die ihm aber abzusprechen ist. Während der Wirren des
dreißigjährigen Krieges hatte der Herzog Franz I. von Este alle diese Bil-
der, von der damals aufgekommenen und durch die Unruhe der Zeiten be-
günstigten besonderen Form der »Sammelleidenschaft« erfüllt, aus den Kir-

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