DAS GRÜNE GEWÖLBE
NACH SEINER ERWEITERUNG UND NEUEN
AUFSTELLUNG
von
JEAN LOUIS SPONSEL
Als ich vor sieben Jahren mit der Leitung des Grünen Gewölbes betraut
J~\^ wurde, da sah ich mich vor eine Aufgabe gestellt, die schonJahrzehnte
lang ihrer Lösung geharrt hatte. Seitdem nach der Mitte des 19. Jahrhun-
derts das Sammlungswesen einen neuen Aufschwung erlebte und Kunst<=
gewerbemuseen zu den alten Sammlungen hinzukamen, waren mehr und
mehr die Museumsvorstände bestrebt, den Inhalt ihrer Sammlungen der
Betrachtung durch die Besucher auch möglichst zugänglich zu machen., und
die wichtigsten Stücke in das rechte Licht zu setzen. Die nach ihrem Material
und ihrer Bearbeitung, nach ihrer zeitlichen und örtlichen Entstehung zu-
sammengehörigen Stücke wurden in Gruppen zusammengefaßt und zumeist
hinter Glasschränken so aufgestellt, daß sie aus nächster Nähe eingehend
von allen Seiten besichtigt werden konnten. Sie waren dadurch zugleich dem
Einfluß des Staubes und der häufigen Reinigung, den schlimmsten Feinden
älterer Kunstwerke, entzogen, und damit war ihre pflegliche Erhaltung auf
Jahrhunderte gesichert.
Anders war dies im Grünen Gewölbe. Die Sammlung von Kostbar-
keiten, Kuriositäten und Kunstwerken, die hier von August dem Starken
aus dem alten Besitz der Schatzkammer und der Kunstkammer, und aus
neuen Erwerbungen zu einem Museum zusammengestellt worden war,
hatte sich in ihrer Aufstellung im wesentlichen noch so erhalten, wie sie nach
dem Geschmack der Zeit damals vorgenommen worden war. Und diese
Aufstellung bildet bekanntlich neben den Sammlungsgegenständen selbst im
Grünen Gewölbe eine Sehenswürdigkeit für sich. Daran konnte und durfte
nur wenig geändert werden.
Es war damals für fürstliche Herren die Mode aufgekommen, ihren
Besitz an Werken der Kleinkünste, die mit besonderem Eifer zu jener Zeit
gesammelt wurden, in einzelnen sogenannten Kabinetten so aufzustellen,
daß alle Wände des Raumes mit symmetrisch angeordneten Konsolen-
gruppen bedeckt wurden, und daß die dort aufgestellten Gegenstände zu
einem möglichst reichen und prunkvollen dekorativen Eindruck des Raumes
zusammenwirkten. Man war dabei auf eine einheitliche Massenwirkung
bedacht, der zu Liebe die Wirkung und Betrachtung des einzelnen Gegen*
Standes zurückzutreten hatte. Diese Betrachtung war ja damals nach Bedarf
jedesmal leicht durch Herabnahme des Stückes von seiner Konsole zu ermög-
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NACH SEINER ERWEITERUNG UND NEUEN
AUFSTELLUNG
von
JEAN LOUIS SPONSEL
Als ich vor sieben Jahren mit der Leitung des Grünen Gewölbes betraut
J~\^ wurde, da sah ich mich vor eine Aufgabe gestellt, die schonJahrzehnte
lang ihrer Lösung geharrt hatte. Seitdem nach der Mitte des 19. Jahrhun-
derts das Sammlungswesen einen neuen Aufschwung erlebte und Kunst<=
gewerbemuseen zu den alten Sammlungen hinzukamen, waren mehr und
mehr die Museumsvorstände bestrebt, den Inhalt ihrer Sammlungen der
Betrachtung durch die Besucher auch möglichst zugänglich zu machen., und
die wichtigsten Stücke in das rechte Licht zu setzen. Die nach ihrem Material
und ihrer Bearbeitung, nach ihrer zeitlichen und örtlichen Entstehung zu-
sammengehörigen Stücke wurden in Gruppen zusammengefaßt und zumeist
hinter Glasschränken so aufgestellt, daß sie aus nächster Nähe eingehend
von allen Seiten besichtigt werden konnten. Sie waren dadurch zugleich dem
Einfluß des Staubes und der häufigen Reinigung, den schlimmsten Feinden
älterer Kunstwerke, entzogen, und damit war ihre pflegliche Erhaltung auf
Jahrhunderte gesichert.
Anders war dies im Grünen Gewölbe. Die Sammlung von Kostbar-
keiten, Kuriositäten und Kunstwerken, die hier von August dem Starken
aus dem alten Besitz der Schatzkammer und der Kunstkammer, und aus
neuen Erwerbungen zu einem Museum zusammengestellt worden war,
hatte sich in ihrer Aufstellung im wesentlichen noch so erhalten, wie sie nach
dem Geschmack der Zeit damals vorgenommen worden war. Und diese
Aufstellung bildet bekanntlich neben den Sammlungsgegenständen selbst im
Grünen Gewölbe eine Sehenswürdigkeit für sich. Daran konnte und durfte
nur wenig geändert werden.
Es war damals für fürstliche Herren die Mode aufgekommen, ihren
Besitz an Werken der Kleinkünste, die mit besonderem Eifer zu jener Zeit
gesammelt wurden, in einzelnen sogenannten Kabinetten so aufzustellen,
daß alle Wände des Raumes mit symmetrisch angeordneten Konsolen-
gruppen bedeckt wurden, und daß die dort aufgestellten Gegenstände zu
einem möglichst reichen und prunkvollen dekorativen Eindruck des Raumes
zusammenwirkten. Man war dabei auf eine einheitliche Massenwirkung
bedacht, der zu Liebe die Wirkung und Betrachtung des einzelnen Gegen*
Standes zurückzutreten hatte. Diese Betrachtung war ja damals nach Bedarf
jedesmal leicht durch Herabnahme des Stückes von seiner Konsole zu ermög-
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