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INSTRUMENTE VON WENZEL JAMNITZER
Wenzel Jamnitzer kennt man gewöhnlich nur als den Meister der edel-
metallenen Prachtgebilde und der Luxusgeräte. In der Tat sind auch alle
bisher sicher erkannten Arbeiten seiner Hand2) prunkende Schaustücke.
Doch weisen schon sein Freund Neudörffer und später ausführlicher Dop-
pelmayr darauf hin, daß Jamnitzer auch auf Gebieten erfahren und tätig
war, die über dasjenige der Goldschmiedekunst hinausgingen. Er war als
Eisengraber <Münzgraveur> sehr geschätzt, versuchte sich als Radierer und
als Schöpfer vieler Entwürfe für Prunkgefäße, griff gleich Cellini zur Feder 3>,
baute Uhren und Automaten, war erfinderisch auf mancherlei technischen
Gebieten, z. B. dem Brunnenbau, tätig und befaßte sich besonders gern mit
der Perspektive und der Herstellung mathematischer und astronomischer
Instrumente. In seinem Schreibtisch hinterließ er eine große Anzahl solcher
Instrumente.
Seine Arbeiten auf dem Gebiete der Perspektive waren eine Fort-
setzung der Bemühungen A. Dürers, die Wahrnehmung und Beherrschung
von Raum und Körper auf instrumentellem Wege, als etwas völlig gesetz-
mäßig Lern- und Lehrbares zu erreichen. Dieser von Dürer zuerst aus-
gebildeten Kunst widmeten sich im Nürnberg des 16. Jahrhunderts eine
große Anzahl uns noch heute vertrauter Köpfe aller Berufskreise (Sebald
Beham, Georg Hartmann, Augustin Hirschvogel, Johann Lenker, Heinrich
Lautensack, Paul Pfmtzing u. a.>. Jamnitzers Verdienste dabei bestanden
vor allem darin, daß er den Dürerschen Apparat verbesserte4) und muster-
gültige Entwürfe mit diesem Apparat in seiner von Jost Amman gestochenen
Perspektiva veröffentlichte.
Diese Perspektivkunst war aber nur ein Teil der damals viel umfassen^
den Mathematik, die W. Jamnitzer in weitestem Umfange beherrscht haben
muß. Nürnberg war ja durch Regiomontan bereits am Ende des 15. Jahr-
hunderts zur Führerin in diesem Wissenszweig geworden. Bald waren in
dieser Stadt ohne Hochschule mathematische Kenntnisse nicht mehr ein
Vorrecht der Gelehrten, sondern fast jeder regsame Geist unter Nürnbergs
Künstlern und Werkleuten übte sich in dieser Kunst, Nürnberg und das

2> M. Rosenberg: Der Goldschmiede Merkzeichen 2. Aufl. führt, einschl. der hier zu
behandelnden Meßscheibe <R2 3088>, 20 Stücke auf.
3) Illustrationen zu der 1548 erschienenen deutschen Bearbeit, des Vitruv vonRivius,-
PerspectivaCorporumRegularium, Nürnberg 1568/Grundtlicher vnnd Aigentlicher vnter»
richt vnnd Erklerung dieses Kunstreichen runden Maß oder Eichstabes durch Wentzeln
Jamnitzern Prgt.=Hdschr. o. J. im Besitz des Mathemat. Salons,- (nach Bergau); Beschreibung
von künstlichen und nützlichen silbern und vergulten neuerfundenen Instrumenten 2 Bde.
Hdschr. 1585 Bibi. d. Vict. u. Alb. Museums,- nach Js. Entwürfen von Jost Amman ge»
stochen: Apotheose Kaiser Maximilian II. und der Triumph der christlichen Kirche.
4) Nach (P.Pfintzing): Ein schöner kurzer Extrakt der Geometriä und Perspektiva ....
Nrb. 1599. Gebrauch und Einrichtung des Apparates von Dürer in seiner: Unterweysung
der Messung .... Nrb. 1525 mit Abbildungen des Apparates, die sich auch in Hirth: Kultur»
geschichtliches Bilderbuch II Nr. 692/93 wiedergegeben finden. Dort auch u. Nr. 1024
W. Jamnitzer mit seinem Apparat nach Jost Amman.

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