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Grundriß des Erdgeschosses
die aus allen Anregungen ein überraschend Neues formt,
und der die Vorbilder lediglich Mittel sind zur Äußerung
des eigenen Wesens.
Es ist ein besonderer Genuß, zu verfolgen, wie das
Stadthaus geworden ist und wie seine Entstehungsge-
schichte mit dem Leben eines bedeutenden Menschen
und Künstlers verknüpft ist. Ostbergs erster Entwurf
stammt aus dem Jahre 1902; der Meister war damals
36 Jahre alt. Zehn Jahre verwandte er zur Vorbereitung
des endgültigen Planes. Schon in dem Entwurf von 1909
ist das Wesentliche des gegenwärtigen Zustands enthalten,
indes noch ganz befangen in den Anschauungen jener
Zeit und noch weit entfernt von der überzeugenden,
ausgeglichenen Gestalt des fertigen Baus. Das Beste ist
allenthalben erst mit der Ausführung gewachsen. Und
dafür hat sich Ostberg Zeit genommen; elf Jahre, vom
46. bis zum 57. seines Lebens, hat er rastlos an diesem
seinem Werk geschaffen, die vielen Hilfskräfte, die ihm
zu Gebote standen, mit sicherer Wahl eingesetzt und
jede Einzelheit mit seinem großen Können verarbeitet
und mit einem Stück seiner reichen, echt nordischen
Menschlichkeit erfüllt.
*
Der Grundriß des Stadthauses umfaßt ein langge-
strecktes, fast rechtwinkliges Viereck, an dessen südöst-
licher Ecke der Turm gegen den Mälarsee vorspringt. Der
Bau gliedert sich in zwei lange Ostwesttrakte und drei nord-
südliche Querflügel. Die Süd- und Ostseite sind dem See
zugewandt, die Nordfront mit dem Haupteingang verläuft
im Zuge derHandverkaregatan, einer wichtigen Verkehrs-
ader, welche in unmittelbarer Nähe auf einer Brücke über
den Klarasjö zum Kungsholmen, der alten Königsinsel,
hinüberführt. Dem Fremden, der von der Altstadt kommt,
bietet sich zuerst der Anblick der Ostfront mit dem Turm.
Gleich neben der Straße beginnt mit einem kleineren
dreieckigen Turm die Rhythmik der Wandgliederung
dieser Fassade. Alles ist hier auf die Vertikale gestimmt.
Die tiefliegenden Fenster steigen schlank und hoch hinauf,
begleitet von zarten Lisenen, welche bis zu den kleinen
Rundbogenfenstern unter dem weitausladenden Haupt-
gesims emporschwingen. Der „Jungfrauenturm“, in dem
sich das köstliche Glockenspiel befindet, vermittelt durch
die Kontur des Ritters St. Georg, der ihn krönt, den
Übergang zum Hauptturm. Im Gegensatz zu Ostbergs
erstem Entwurf, der einen stumpfen, massigen Turm vor-
sah, strebt er — sich nach oben verjüngend — schlank und
straff empor und trägt einen offenen Glockenstuhl, der
Grundriß des Erdgeschosses
die aus allen Anregungen ein überraschend Neues formt,
und der die Vorbilder lediglich Mittel sind zur Äußerung
des eigenen Wesens.
Es ist ein besonderer Genuß, zu verfolgen, wie das
Stadthaus geworden ist und wie seine Entstehungsge-
schichte mit dem Leben eines bedeutenden Menschen
und Künstlers verknüpft ist. Ostbergs erster Entwurf
stammt aus dem Jahre 1902; der Meister war damals
36 Jahre alt. Zehn Jahre verwandte er zur Vorbereitung
des endgültigen Planes. Schon in dem Entwurf von 1909
ist das Wesentliche des gegenwärtigen Zustands enthalten,
indes noch ganz befangen in den Anschauungen jener
Zeit und noch weit entfernt von der überzeugenden,
ausgeglichenen Gestalt des fertigen Baus. Das Beste ist
allenthalben erst mit der Ausführung gewachsen. Und
dafür hat sich Ostberg Zeit genommen; elf Jahre, vom
46. bis zum 57. seines Lebens, hat er rastlos an diesem
seinem Werk geschaffen, die vielen Hilfskräfte, die ihm
zu Gebote standen, mit sicherer Wahl eingesetzt und
jede Einzelheit mit seinem großen Können verarbeitet
und mit einem Stück seiner reichen, echt nordischen
Menschlichkeit erfüllt.
*
Der Grundriß des Stadthauses umfaßt ein langge-
strecktes, fast rechtwinkliges Viereck, an dessen südöst-
licher Ecke der Turm gegen den Mälarsee vorspringt. Der
Bau gliedert sich in zwei lange Ostwesttrakte und drei nord-
südliche Querflügel. Die Süd- und Ostseite sind dem See
zugewandt, die Nordfront mit dem Haupteingang verläuft
im Zuge derHandverkaregatan, einer wichtigen Verkehrs-
ader, welche in unmittelbarer Nähe auf einer Brücke über
den Klarasjö zum Kungsholmen, der alten Königsinsel,
hinüberführt. Dem Fremden, der von der Altstadt kommt,
bietet sich zuerst der Anblick der Ostfront mit dem Turm.
Gleich neben der Straße beginnt mit einem kleineren
dreieckigen Turm die Rhythmik der Wandgliederung
dieser Fassade. Alles ist hier auf die Vertikale gestimmt.
Die tiefliegenden Fenster steigen schlank und hoch hinauf,
begleitet von zarten Lisenen, welche bis zu den kleinen
Rundbogenfenstern unter dem weitausladenden Haupt-
gesims emporschwingen. Der „Jungfrauenturm“, in dem
sich das köstliche Glockenspiel befindet, vermittelt durch
die Kontur des Ritters St. Georg, der ihn krönt, den
Übergang zum Hauptturm. Im Gegensatz zu Ostbergs
erstem Entwurf, der einen stumpfen, massigen Turm vor-
sah, strebt er — sich nach oben verjüngend — schlank und
straff empor und trägt einen offenen Glockenstuhl, der