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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 26.1927

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Nr. V
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Josef Frank
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https://doi.org/10.11588/diglit.48543#0224

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172


Professor Dr. Josef Frank, Wien
Villa Dr. Herzberg-Fraenkel in Pernitz (Niederösterreich)

JOSEF FRANK

Unter den Wiener Architekten steht Frank nun seit
Jahren schon in der ersten Reihe. Von Beginn an
hatte ihn sein klarer, allen schmuckhaften Spielen fremder
Geist auf die einfachen Wurzeln der Dinge gelenkt, aus
denen jeweils die einfachste Lösung der Aufgabe zu finden
war. Dasgeschahauf dem Wege exaktester Folgerung, und
so ergaben sich schon damals in jedem seiner Bauwerke
aber auch im Innenraum und Möbel, kausal-funktionelle
Einheiten, die den Künstler leicht als einen geborenen
Vertreter der „neuen“ Sachlichkeit erscheinen ließen. Lange
bevor sie Mode geworden, hat er sie geübt, nicht nur
als ihr Bekenner, sondern noch mehr aus der Notwendig-
keit seines Naturells. Er hat niemals anders gekonnt, noch
weniger anders gewollt. Und schon diese geschlossene
Geradheit seiner Entwicklung, inmitten einer launenvollen,
springlustigen Umwelt, kennzeichnete einen außerordent-
lichen Charakter.
Doch das waren nur Grundlagen einer Haltung, die
er mit anderen, namentlich auswärtigen Exponenten der
modernen Anschauung und Werkweise geteilt hat. Jetzt
trat er innerhalb jener zeitgemäßen Gemeinschaft, die er
als ein echter Baumeister, d. h. als Gegenteil eines Vir-

tuosen hochhält, auf seinen wesenseigenen Posten. Die
Gegebenheiten des Milieus, mit denen er es zu tun bekam,
wurden nicht mehr hingenommen, sondern im reineren
Sinne gedeutet und gestaltet. Die Bauformen nahmen die
Zukunft voraus, sie verkörperten — für das einzelne und
das soziale Leben — eine neue Moral und erreichten —jen-
seits der Kunst — den Standpunkt einer neuen welt-
bürgerlichen Kultur. Mit der sittlichen hielt die Steigerung
der Qualität gleichen Schritt. Denn jetzt war jede Arbeit
des Architekten durchsichtig geworden und hatte jene
edlere Leichtigkeit, die eine Entlastung, eine rhythmische
Überwindung der Materie bedeutet.
Hier ist heute das Werk Josef Franks angelangt. Aus
der Einsicht in unser Leben, im Einklang mit der besten
Art zu bauen herangebildet, ist es zu völliger Selbständig-
keit gekommen und zieht nun, im Mittelpunkt einer
eigenen Schule, immer weiter wirkende Kreise.
Schon die beiden Volkswohnhäuser, das eine auf dem
Kongreßplatz und das zweite an der Stromstraße, stellen
ohne Zweifel die reinsten, stärksten Verwirklichungen des
kommunalen Wiener Bauprogrammes dar. Den schwer-
fällig bürgerlichen, jedenfalls alles eher als demokratischen
 
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