Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 26.1927

DOI Heft:
Nr. VII
DOI Artikel:
Wilhelm-Kästner, Kurt: Moderne Raumkunst: zu den Arbeiten von H. H. Lüttgen, Köln
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48543#0327

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
259


Architekt H. H. Lüttgen, Köln
Aus einem Kinderschlafzimmer

zugunsten eines klaren Raumgefühls, wie es moderne
Häuser ausstrahlen. Die Wohnlichkeit eines Raumes hängt
nicht von der möglichst großen Anzahl Möbel ab,
ebenso wie alle die sentimentalen Schmuckstücke auf den
Kommoden und an den Wänden zur Hebung des behag-
lichen Wohngefühls kaum beitragen dürften. Im Gegen-
teil, sie belasten nur, sie verwirren. Und das ist es gerade,
was die moderne Raumkunst vermeiden will. Die klar auf-
geteilten großen Wandflächen strahlen eine Ruhe aus,
die sich dem Bewohner unmittelbar mitteilt und unbe-
dingt zur Sammlung und Beruhigung zwingt. Ruhe und
Ausgeglichenheit aller Spannungen sind es aber gerade,
die wir heutzutage nach dem beängstigend nervösen Leben
unseres Wirtschaftskampfes mit all seinen Auswirkungen
so notig brauchen und in unseren Wohnräumen suchen
(nicht in den Cafes und Revuen). Hier erwächst dem
rcnitekten und besonders dem Raumkünstler eine so
hohe wie dankbare Aufgabe.
Viel Gutes ist auf dem Gebiete der Wohnkultur bereits
geschaffen worden; frühere Publikationen der Modernen

Bauformen wiesen darauf hin. In den vorliegenden Ab-
bildungen zeigen Arbeiten von H. H. Lüttgen, Köln, wie
weit sich Klarheit des Raumes und sachliche Strenge der
Möbelzeichnungzu einem harmonischenGanzen zusammen-
schließen. Die Einfachheit der Formen bedeutet keines-
wegs Primitivität, sondern bewußte Betonung der Zweck-
mäßigkeit und sichere Beherrschung der Proportionen.
Die ruhigen Linien stehen in wohltuendem Zusammen-
klang, so daß Wandflächen und Möbel zur Raumeinheit
zusammenwachsen. Auch zeigen die Abbildungen deut-
lich, daß nicht eine Fülle kunstgewerblicher Gegenstände
zur Ausstattung eines Zimmers notwendig ist, sondern
daß die sorgfältige Auswahl und die wohlüberlegte Auf-
stellung im Raume maßgebend sind. Nicht zu vergessen
natürlich die Gewähltheit des verarbeiteten Materials.
Denn daß dieses in aller Reinheit und Sachlichkeit zur
Geltung kommt, bedingt erst die selbstverständliche, vor-
nehme Behaglichkeit der Wohnung, die die abgebildeten
Raumschöpfungen H. H. Lüttgens in so hohem Maße aus-
zeichnet. Dr. Wilhelm-Kästner.
 
Annotationen