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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 26.1927

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Nr. VIII
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Blume, Evamaria: Neue Innenräume von Professor Karl Pullich
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https://doi.org/10.11588/diglit.48543#0394

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314


Professor Karl Pullich, Wiesbaden
Schlafzimmer
Ausführung: J. G. Mörgenthaler, Stuttgart-Zuffenhausen

aller Modernität — hier ist nichts von ihrer gefürchteten
Öde und Kälte, obwohl — kein einziges Bild die Wand-
flächen unterbricht! Dabei Stimmung in jedem Raum,
daß es uns wie liebkosender Atem umfängt! Ein ganz er-
lesener Geschmack, verbunden mit psychologisch scharfem
Erfassen wesentlicher Gesichtspunkte, arbeitet hier bei
aller Klarheit der Formgebung mit einem so phantastisch
reichen und doch streng gebändigten Kontrastspiel in
Farben und Hölzern, daß der Bestimmung eines jeden
Raumes eine geschlossene Note gegeben wird. Und das
frei von aller Aufdringlichkeit und voll naiver Grazie.
Trotz der ganz erstaunlichen Ideenfülle, die sich in Pullichs
Räumen ausspricht, machen sie durchweg einen be-
ruhigenden harmonischen Eindruck, der mit einer unver-
kennbaren Zweckbetonung im einzelnen wie im ganzen in
Verbindung steht. Die Dinge wollen nichts als sich selber
ganz unverhüllt geben und sie entlasten damit ganz
außerordentlich unser Gefühl, weil sie uns selbst auf
die Wesentlichkeit unserer Daseinsäußerungen zurück-

führen. Das bedeutet eine Steigerung, eine Betonung
dieses Seins, im Genuß wie in der Ruhe. Wir haben
ein „Wohnen“ im konzentrierten Sinne. Pullich bekennt
sich zu dem, was ist, ohne Umwege. Jedes Zufällige,
Spielerische zieht sich zurück vor der Energie seines in
erster Linie werklich-konstruktiv gerichteten Wollens,
das dem Zweckhaften und Sinnvollen bis in die Gründe
nachspürt.
Es zeugt von keinem geringen Kulturbewußtsein, wenn
die ausführende Firma Mörgenthaler, Zuffenhausen, als
Vertreter der in erster Linie doch finanziell orientierten
Industrie sich hier ohne alle Rücksicht auf die vagen
Möglichkeiten klingenden Erfolges einmütig mit dem
Künstler für eine Aufgabe einsetzt, die letzten Endes
darauf abzielt, uns von den Schädigungen einer erstarrten
Zivilisation zu erlösen und durch befreite Lebensformen
einem neuen, glücklicheren Menschentypus den Weg
zu bahnen.
Evamaria Blume.
 
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