ältesten gedruckten Büchern ihre Aufmerksamkeit zuwandten, beständig falsch ge-
lesen. So stark war die Macht der Tradition! — Ich teilte die Entdeckung Dr.
Jungs bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Max Lehrs, später Geisberg mit,
und diese beiden Forscher haben dann die richtige Lesung des Monogramms als
bg in die Fachliteratur eingeführt.
Der bekannteste und zugleich der einzige datierbare Stich des Monogrammisten
B. G., wie ich ihn von jetzt an nennen will, ist das Ehewappen des Frankfurter
Patriziers Bernhard Rorbach (nicht von Rorbach!) und der Eilgin (Adel-
gunde) von Holzhausen. Am 22. September 1466 war die Hochzeit beider.
1467 wurde ihnen der erste Sohn geboren. Zu welchem Zwecke wurde dies Ehe-
wappen gestochen? Becker meint: den Stich für ein Bücherzeichen anzusehen,
dagegen spräche das mit angebrachte Wappen der Frau, das bei derartigen Zeichen
nie vorkomme (eine Behauptung, die sich leicht widerlegen läßt). Es ließe sich
eher, fährt er fort, mit vieler Wahrscheinlichkeit annehmen, daß das Blatt als ein
Erinnerungszeichen an die Hochzeit des dargestellten Paares gefertigt worden sei
(er ist nämlich der irrigen Ansicht, die beiden Schildhalter seien Bildnisse Bern-
hard Rorbachs und seiner Frau). Der Stich müßte demnach im Jahre 1466 gemacht
sein. Dies ist nun schon aus rein geschichtlich-heraldischen Gründen eine Un-
möglichkeit. Sehen wir uns den Stich genauer an: auf dem Helm sitzt eine Krone.
Als Bernhard Rorbach am 22. September 1466 heiratete, war mit seinem Familien-
wappen noch ein ganz einfacher Helm verbunden. Erst am 18. Mai (Freitag nach
Sophientag) 1470 bestätigte Kaiser Friedrich III., der damals in Völkermarkt in
Kärnten war, dem Vater Bernhards, dem Frankfurter Patrizier Heinrich Rorbach,
und dessen Erben ihr Wappen und Kleinod und vermehrte den Helm mit
einer goldenen Krone. Das steht im 1. Bande der Quellen zur Frankfurter
Geschichte, herausgeg. von H. Grotefend (Frankf. 1884), S. 402. Daraus folgt, daß
vor Mitte des Jahres 1470 der Stich gar nicht gemacht sein könnte. Und der An-
nahme, er könne ein Erinnerungszeichen an die Hochzeit Bernhards oder, wie auch
vermutet worden ist, an die Geburt seines ersten Sohnes 1467 sein, ist somit auch
jeder Boden entzogen. Der Stich ist tatsächlich nichts anderes als ein Bücher-
zeichen, so gut wie das etwa 20 Jahre später von Dürer gezeichnete Ehewappen
Pirckheimers (B. app. 52), das Ehewappen des Hieronymus Ebner von 1516 (B.
app. 45), das Scheurlsche Ehewappen (B. 164) Bücherzeichen sind, auch wenn sie
nicht, wie die beiden ersten, durch die Unterschriften (Liber Bilibaldi Pirckheimer,
Liber Hieronimi Ebner) als solche beglaubigt wären. Die Kupferplatte des Stiches
befindet sich bekanntlich noch im Besitz des Freiherrn v. Holzhausen in Frankfurt.
Wie mir dessen Freund, der nunmehr verstorbene Dr. H. v. Nathusius-Neinstett,
am 14. Mai 1898 mitteilte, war es dort allerdings gänzlich unbekannt, daß sie je
zur Herstellung von Bücherzeichen gedient haben sollte, auch Bücher Bernhard
Rorbachs, die etwa den Stich als Bücherzeichen enthalten hätten, waren bisher
nicht nachgewiesen worden. Das wäre nun freilich noch kein Grund gewesen,
meine Behauptung, der Stich könne nur zu einem Bücherzeichen bestimmt gewesen
sein, zu entkräften. Da erhielt ich unvermutet am 23. Oktober 1906 aus Kassel
eine Karte von Rudolf Kautzsch: in der dortigen Landesbibliothek befinde sich
eine Legenda aurea (Ms. theol. fol. 5), in deren Vorderdeckel das bekannte Ehewappen
Rorbach-Holzhausen eingeklebt sei. Darauf stehe mit der Feder geschrieben oben
links B. Rorbach, rechts E. Holtzhausen, unten links Bernhard, rechts Eylgin, in
der Mitte 1466. Eine Pause, die mir die Direktion der Landesbibliothek gütigst
übersandte, bewies, daß die Schriftzüge einer viel späteren Zeit als der Stich, d. h.
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lesen. So stark war die Macht der Tradition! — Ich teilte die Entdeckung Dr.
Jungs bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Max Lehrs, später Geisberg mit,
und diese beiden Forscher haben dann die richtige Lesung des Monogramms als
bg in die Fachliteratur eingeführt.
Der bekannteste und zugleich der einzige datierbare Stich des Monogrammisten
B. G., wie ich ihn von jetzt an nennen will, ist das Ehewappen des Frankfurter
Patriziers Bernhard Rorbach (nicht von Rorbach!) und der Eilgin (Adel-
gunde) von Holzhausen. Am 22. September 1466 war die Hochzeit beider.
1467 wurde ihnen der erste Sohn geboren. Zu welchem Zwecke wurde dies Ehe-
wappen gestochen? Becker meint: den Stich für ein Bücherzeichen anzusehen,
dagegen spräche das mit angebrachte Wappen der Frau, das bei derartigen Zeichen
nie vorkomme (eine Behauptung, die sich leicht widerlegen läßt). Es ließe sich
eher, fährt er fort, mit vieler Wahrscheinlichkeit annehmen, daß das Blatt als ein
Erinnerungszeichen an die Hochzeit des dargestellten Paares gefertigt worden sei
(er ist nämlich der irrigen Ansicht, die beiden Schildhalter seien Bildnisse Bern-
hard Rorbachs und seiner Frau). Der Stich müßte demnach im Jahre 1466 gemacht
sein. Dies ist nun schon aus rein geschichtlich-heraldischen Gründen eine Un-
möglichkeit. Sehen wir uns den Stich genauer an: auf dem Helm sitzt eine Krone.
Als Bernhard Rorbach am 22. September 1466 heiratete, war mit seinem Familien-
wappen noch ein ganz einfacher Helm verbunden. Erst am 18. Mai (Freitag nach
Sophientag) 1470 bestätigte Kaiser Friedrich III., der damals in Völkermarkt in
Kärnten war, dem Vater Bernhards, dem Frankfurter Patrizier Heinrich Rorbach,
und dessen Erben ihr Wappen und Kleinod und vermehrte den Helm mit
einer goldenen Krone. Das steht im 1. Bande der Quellen zur Frankfurter
Geschichte, herausgeg. von H. Grotefend (Frankf. 1884), S. 402. Daraus folgt, daß
vor Mitte des Jahres 1470 der Stich gar nicht gemacht sein könnte. Und der An-
nahme, er könne ein Erinnerungszeichen an die Hochzeit Bernhards oder, wie auch
vermutet worden ist, an die Geburt seines ersten Sohnes 1467 sein, ist somit auch
jeder Boden entzogen. Der Stich ist tatsächlich nichts anderes als ein Bücher-
zeichen, so gut wie das etwa 20 Jahre später von Dürer gezeichnete Ehewappen
Pirckheimers (B. app. 52), das Ehewappen des Hieronymus Ebner von 1516 (B.
app. 45), das Scheurlsche Ehewappen (B. 164) Bücherzeichen sind, auch wenn sie
nicht, wie die beiden ersten, durch die Unterschriften (Liber Bilibaldi Pirckheimer,
Liber Hieronimi Ebner) als solche beglaubigt wären. Die Kupferplatte des Stiches
befindet sich bekanntlich noch im Besitz des Freiherrn v. Holzhausen in Frankfurt.
Wie mir dessen Freund, der nunmehr verstorbene Dr. H. v. Nathusius-Neinstett,
am 14. Mai 1898 mitteilte, war es dort allerdings gänzlich unbekannt, daß sie je
zur Herstellung von Bücherzeichen gedient haben sollte, auch Bücher Bernhard
Rorbachs, die etwa den Stich als Bücherzeichen enthalten hätten, waren bisher
nicht nachgewiesen worden. Das wäre nun freilich noch kein Grund gewesen,
meine Behauptung, der Stich könne nur zu einem Bücherzeichen bestimmt gewesen
sein, zu entkräften. Da erhielt ich unvermutet am 23. Oktober 1906 aus Kassel
eine Karte von Rudolf Kautzsch: in der dortigen Landesbibliothek befinde sich
eine Legenda aurea (Ms. theol. fol. 5), in deren Vorderdeckel das bekannte Ehewappen
Rorbach-Holzhausen eingeklebt sei. Darauf stehe mit der Feder geschrieben oben
links B. Rorbach, rechts E. Holtzhausen, unten links Bernhard, rechts Eylgin, in
der Mitte 1466. Eine Pause, die mir die Direktion der Landesbibliothek gütigst
übersandte, bewies, daß die Schriftzüge einer viel späteren Zeit als der Stich, d. h.
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