UBER EINIGE PORTRATS DES ANTONIUS
PALAMEDESZ Von HERMANN BURG
Mit sechs Abbildungen auf zwei Tafeln ..........
Kürzlich ist aus russischem Privatbesitz in das Eigentum des Herrn Julius
Böhler in München ein Porträt übergegangen, das zunächst durch die Persönlich-
keit des Dargestellten ein größeres Interesse erregt, aber auch auf den Entwicklungs-
gang seines Urhebers ein bedeutsames Licht wirft.
Das 63 cm hohe, 48 cm breite auf Eichenholz gemalte Bild stellt einen ca. 25jäh-
rigen zwerghaft gewachsenen Mann in der Tracht der dreißiger Jahre des XVII.Jahrh.
dar. Er steht da zu dreiviertel dem Beschauer zugewandt mit ironisch überlegen
lächelndem Gesicht, das mit einem kleinen Anflug von Schnurrbart geziert und von
langen Locken umrahmt ist. Die rechte Hand, die eine Reitgerte hält, ist keck in die
Hüfte gestemmt, über die linke Schulter fällt ein Überwurf, der den linken Arm ver-
deckt. Er trägt ein schwarzes Barett, dunkelbraunen Rock und Hosen, einen spitzen-
besetzten Leinenkragen. Die Schäfte seiner mit Sporen versehenen Reiterstiefel sind
umgeschlagen. Neben ihm sieht man noch die Hälfte eines Tisches, bedeckt mit einer
braunroten mit Goldborte und Fransen besetzten Tuchdecke, darauf ein Degen mit
reichverziertem Griff und goldgepreßtem grüngefütterten Lederwehrgehenk. Der
Tisch ist angelehnt an einer hölzernen Säule, deren Anstrich die Adern des Mar-
mors nachahmt. Der Hintergrund ist grünlich braun. Der Boden in demselben
Ton etwas heller, das ganze Bild in diesen bräunlich grünen Ton getaucht. Das
Licht kommt von rechts, beleuchtet die (vom Beschauer) linke Seite der Gestalt
und läßt das Wehrgehenk des Degens hell erschimmern.
Das Bild gilt als ein Werk des Antonius Palamedesz, dessen Pinselführung und
Farbengebung es unverkennbar trägt, auch mit manchen Figuren aus seinen Ge-
sellschaftsstücken in nahem Zusammenhänge steht. Es glückte mir nun die Per-
sönlichkeit des Dargestellten festzustellen, sowie den Rest einer Signatur aufzufinden,
so daß auch durch diese beiden Merkzeichen die Urheberschaft des Antonius
Palamedesz sicher gestellt wird.
Bei genauerer Untersuchung findet man auf der Goldborte der Decke, rechts von
der Falte, die Reste einer Signatur, deren Anfangsbuchstaben P — und zwar in
der für die Signatur des Palamedesz charakteristischen Form — noch deutlich zu lesen
ist. Sodann zeigt das Bild eine schlagende Ähnlichkeit mit dem bekannten von van
Dyck gemalten Porträt des Malers Palamedes Palamedesz, des jüngeren Bruders des
Antonius Palamedesz, das in der Münchener Pinakothek hängt (siehe Abbildung).
Die Gesichtszüge der auf beiden Bildern Dargestellten sind überaus ähnlich, wenn
man von der etwas genialisch geordneten, aber für van Dyck sehr charakteristischen
Haartracht des van Dyckschen Bildnisses absieht. Van Dyck, der sein Modell nicht
mit den Augen brüderlicher Liebe ansah, betonte auch stärker den unglücklichen
Wuchs des Buckeligen, der auf dem Bilde des Bruders zwar auch verwachsen er-
scheint, aber geschickt gemildert durch Tracht und Stellung. Das Porträt des van
Dyck, der um 1627 in Holland weilte und auf seinen Reisen manche seiner Zunft-
genossen, die ihn interessierten, porträtierte, wird aus dieser Zeit herrühren.
Aus älteren Nachrichten wissen wir,1) daß das Verhältnis der beiden Palamedesz
wahrscheinlich ein recht brüderliches war, sie wohnten bis zu ihrer Verheiratung
(1) Havard in der Gazette des beaux arts, 1878, Band XVII. Oud Holland 1897*
Monatshefte für Kunstwissenschaft, IV. Jahrg. 1911, Heft 7. 21 ^93
PALAMEDESZ Von HERMANN BURG
Mit sechs Abbildungen auf zwei Tafeln ..........
Kürzlich ist aus russischem Privatbesitz in das Eigentum des Herrn Julius
Böhler in München ein Porträt übergegangen, das zunächst durch die Persönlich-
keit des Dargestellten ein größeres Interesse erregt, aber auch auf den Entwicklungs-
gang seines Urhebers ein bedeutsames Licht wirft.
Das 63 cm hohe, 48 cm breite auf Eichenholz gemalte Bild stellt einen ca. 25jäh-
rigen zwerghaft gewachsenen Mann in der Tracht der dreißiger Jahre des XVII.Jahrh.
dar. Er steht da zu dreiviertel dem Beschauer zugewandt mit ironisch überlegen
lächelndem Gesicht, das mit einem kleinen Anflug von Schnurrbart geziert und von
langen Locken umrahmt ist. Die rechte Hand, die eine Reitgerte hält, ist keck in die
Hüfte gestemmt, über die linke Schulter fällt ein Überwurf, der den linken Arm ver-
deckt. Er trägt ein schwarzes Barett, dunkelbraunen Rock und Hosen, einen spitzen-
besetzten Leinenkragen. Die Schäfte seiner mit Sporen versehenen Reiterstiefel sind
umgeschlagen. Neben ihm sieht man noch die Hälfte eines Tisches, bedeckt mit einer
braunroten mit Goldborte und Fransen besetzten Tuchdecke, darauf ein Degen mit
reichverziertem Griff und goldgepreßtem grüngefütterten Lederwehrgehenk. Der
Tisch ist angelehnt an einer hölzernen Säule, deren Anstrich die Adern des Mar-
mors nachahmt. Der Hintergrund ist grünlich braun. Der Boden in demselben
Ton etwas heller, das ganze Bild in diesen bräunlich grünen Ton getaucht. Das
Licht kommt von rechts, beleuchtet die (vom Beschauer) linke Seite der Gestalt
und läßt das Wehrgehenk des Degens hell erschimmern.
Das Bild gilt als ein Werk des Antonius Palamedesz, dessen Pinselführung und
Farbengebung es unverkennbar trägt, auch mit manchen Figuren aus seinen Ge-
sellschaftsstücken in nahem Zusammenhänge steht. Es glückte mir nun die Per-
sönlichkeit des Dargestellten festzustellen, sowie den Rest einer Signatur aufzufinden,
so daß auch durch diese beiden Merkzeichen die Urheberschaft des Antonius
Palamedesz sicher gestellt wird.
Bei genauerer Untersuchung findet man auf der Goldborte der Decke, rechts von
der Falte, die Reste einer Signatur, deren Anfangsbuchstaben P — und zwar in
der für die Signatur des Palamedesz charakteristischen Form — noch deutlich zu lesen
ist. Sodann zeigt das Bild eine schlagende Ähnlichkeit mit dem bekannten von van
Dyck gemalten Porträt des Malers Palamedes Palamedesz, des jüngeren Bruders des
Antonius Palamedesz, das in der Münchener Pinakothek hängt (siehe Abbildung).
Die Gesichtszüge der auf beiden Bildern Dargestellten sind überaus ähnlich, wenn
man von der etwas genialisch geordneten, aber für van Dyck sehr charakteristischen
Haartracht des van Dyckschen Bildnisses absieht. Van Dyck, der sein Modell nicht
mit den Augen brüderlicher Liebe ansah, betonte auch stärker den unglücklichen
Wuchs des Buckeligen, der auf dem Bilde des Bruders zwar auch verwachsen er-
scheint, aber geschickt gemildert durch Tracht und Stellung. Das Porträt des van
Dyck, der um 1627 in Holland weilte und auf seinen Reisen manche seiner Zunft-
genossen, die ihn interessierten, porträtierte, wird aus dieser Zeit herrühren.
Aus älteren Nachrichten wissen wir,1) daß das Verhältnis der beiden Palamedesz
wahrscheinlich ein recht brüderliches war, sie wohnten bis zu ihrer Verheiratung
(1) Havard in der Gazette des beaux arts, 1878, Band XVII. Oud Holland 1897*
Monatshefte für Kunstwissenschaft, IV. Jahrg. 1911, Heft 7. 21 ^93