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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Beweis führen, der in seinem neunten Kapitel die
Trennung zwischen J. B. und Pencz begründet
hat. Bei der Durchnahme dieses Kapitels befestigte
sich die Vorstellung, daß der Eifer im Kampf
gegen die J. B. -Pencz-Vereinigung angelernt sei:
verba magistri. Der Kampfeifer ist scheinbar
größer als die Überzeugungskraft. Noch eine
zweite Vermutung aus dem gleichen Gebiet: Die
lästige Mode, alte Kunst mit moderner zu erklären,
sind verba magistri. Richard Muthers leider viel
kopierter Vorgang, die lebenden Künstler mit alten
zu vergleichen, ist eher hinzunehmen, Denn ein
neuer Giotto oder ein Frans Hals der Dänen kann
wohl eine Vorstellung bessern. Aber umgekehrt,
Neues auf Altes zu beziehen, ist der Brauch un-
zulässig. Trotz des manchem klassisch dünkenden
Beispiels, das Theodor Mommsen gegeben hat,
der, wenn er nach dem alten Rom ging, den Ber-
liner Freisinn mitnahm und von einer Leutnants-
politik im römischen Staat ante Christum natum
sprach. Die Kleinmeisterkunst ist durchaus tot,
sie ist in der Vorstellung des Lesers durch die
Vergleichung (die Eingeschworenen, denen Schopen-
hauer selten präsent ist, sagen aber der Vergleich)
mit Leibl und Albert Lang nicht lebendiger zu ge-
stalten.
Dem Zeilenmaß nach kommt in dieser Be-
sprechung das Lob zu kurz. Das ist aber keines-
wegs die Meinung des Rezensenten. Dieses treff-
liche Buch Waldmanns gibt trotz J. B. und Lud-
wig Richter eine gute historische Erzählung und
künstlerische Bewertung der Kleinmeister. Ein
wichtiges Kapitel der deutschen Kunstgeschichte
ist damit in eine endgültige überlieferbare Form
gebracht. Jaro Springer.
Italienische Forschungen, herausge-
geben vom Kunsthistorischen Institut in
Florenz. Vierter Band: Archivalische
Beiträge zur Geschichte der Vene-
zianischen Kunst. Aus dem Nachlaß
Gustav Ludwigs herausgegeben von
Wilhelm Bode, Georg Gronau, Det-
lev Frhr. von Hadeln. Bruno Cassirer
Verlag, Berlin 1911.
Die systematische Durchforschung nach Künst-
lernachrichten einiger Hauptbestände des Notariats-
archivs zu Venedig ist Gustav Ludwigs frucht-
bringendste Arbeit gewesen. Sein Enthusiasmus
für die Tatsache hat sich hier ausgelebt. Ein neues
Stück Sachlichkeit ist durch ihn in die Anschauung
venezianischer Kunst gekommen. Nun hat er selbst
den Abschluß seiner jahrelangen Bemühungen nicht

erlebt. Schon die „Archivalischen Beiträge" in
den Beiheften zum Jahrbuch der Kgl. preußischen
Kunstsammlungen erschienen teilweise posthum.
Weitere Urkundenreihen haben sich in Ludwigs
Nachlaß gefunden, deren nunmehr erfolgte Ord-
nung und Publikation als eine pietätvolle Erinne-
rung an den zu früh Verstorbenen und eine wesent-
liche Bereicherung unserer Kenntnisse um Vene-
dig doppelt willkommen ist.
Die Herausgeber, deren Kompetenz in veneziani-
schen Angelegenheiten bekannt ist, haben sich
mit der Sichtung und Einrenkung des Materials
nicht begnügt, sondern diesem einen begleitenden
Text, die Interpretation der Urkunden gegeben.
Georg Gronau, der „Gustav Ludwig als Forscher"
einen Nachruf widmet, bearbeitet Testamente vene-
zianischer Bildhauer und Architekten, Dokumente
über venezianische Bildhauer und Steinmetzen, so-
wie zwei Nachlaßinventare; Freiherr von Hadeln
nimmt sich der venezianischen Maler, Mosaizisten
und Miniaturmaler an.
Es mag sein, daß von Paoletti seinerzeit zuviel
des Wichtigen vorweggenommen worden ist, oder
daß Ludwigs geringeres Interesse für das Statuarische
ihm in der Hinsicht auch keine so glückliche
Finderhand verliehen, der Bildhauer- und Archi-
tektenabschnitt vorliegender Dokumentensammlung
beleuchtet jedenfalls keines der wirklich inhalt-
lichen Probleme — obschon die Tragweite einer
selbst unwichtig vorkommenden Urkunde von vorn-
herein nie zu bestimmen ist. Auch die als „Bei-
träge zum Anonymus Morellianus" ausgearbeiteten
Inventare des Nachlasses des Alvise Odoni und
des Alessandro Ram scheinen mir ein mehr kultur-
als kunsthistorisches Interesse zu besitzen, insofern
zu Michiel, der ausführlicher beschreibt und für
das Beschriebene auch Autorennamen hat, kaum
etwas hinzuzulernen ist; während sich diese In-
ventare auf Bestimmtes nicht einlassen und nur
als knappe Aufzählung eines für venezianische Ver-
hältnisse typischen Hausinnern aufzufassen sind.
Durch neue Hinweise und gelehrtes Beiwerk hat
Gronau immerhin der Sterilität des Stoffes abzu-
helfen gewußt.
Eine reichere Auslese stand Hadeln zur Verfü-
gung, dessen Bearbeitung der venezianischen Maler-
urkunden den Neuheitscharakter dieser Publikation
bestimmt. Ein erstes Mal in diesem Umfang und
Zusammenhang ist nämlich hier, über das Jahr
1550 hinaus und bis ins XVII. Jahrhundert hinein,
mit Tizian- und Tintorettoschülern, mit Genossen
des Paolo Veronese usw. auf wissenschaftlicher
Basis Ernst gemacht; wodurch die Grenze des
bisherigen Forschungsgebietes mit einmal ausge-

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