Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Müller, Walther
Die Theseusmetopen vom Theseion zu Athen in ihrem Verhältnis zur Vasenmalerei — Göttingen, 1888

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.901#0044
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 4A -

die Kraft beider Arme. In 1, 4, 5, 7 wird als Waffe die Doppelaxt
angegeben. Wie bei Sinis, Ward auch wohl hier das Werkzeug ver-
kannt (s. o.), in 1 sicherlich. Darum konnte Stephani den Giganten
auch als Skiron deuten. Es ist ausserdem nicht einzusehen, wie
Theseus zu dieser Waffe gelangt sein sollte. Der Mythus giebt den
Hammer als Henkerswerkzeug des Prokrustes an, welches Theseus ihm
im Laufe des Kampfes entreisst, wenn er nicht gedacht ist, als über-
rasche er den Feind und bemächtige sich der Waffe, die jener während
des Euhens aus der Hand gelegt. — Eine Einwirkung der Metope ist
auch hier nicht warzunehmen. Jene krampfhafte Spannung, die
eigentümliche, fein erfundene Stellung des Prokrustes, die hochge-
schwungene Waffe des Theseus wird vermisst. Die Kämpfer sind eben
ganz naturgemäss nebeneinander gestellt, wie im Siniskampf des Duris.
Von einer feineren Konzeption ist keine Spur vorhanden. Die
Stellungen ahmen die Minotaurosgruppe, wie sie sich z. B. in Min.
no. 76 darstellt, ausgesprochen nach. Selbst der Stein, auf den sich
die Linke des Sterbenden stützt, ist nicht vergessen, obgleich er hier
wenig Sinn hatte. Auch eine auffallende Ähnlichkeit zwischen dem
Sinis des Duris, der, wie oben erwiesen, gleichfalls als selbständige
Schöpfung gelten muss, und dem Prokrustes des Euphronios ist nicht
zu leugnen.

Wohl aber scheint die Metope die Bilder 8 und 9 beeinflusst zu
haben, wo Prokrustes in jener „halb liegenden, halb sitzenden Stellung"
gefasst ist. In 8 scheint er sich ausserdem noch gegen einen Baum
zu lehneii. Hier ist er noch nicht ergriffen, sondern streckt beide
Hände halb flehend, halb abwehrend aus, während Theseus mit vor-
gestreckter Linken heraneilt, um sein Opfer zu packen. Die Dar-
stellung ist von einem mächtigen Schwünge beseelt, die Stellungen
sprühen von Erregung. Aber dennoch spricht sich in der Ausführung
aller Bilder dieser Vase ein durchgehender Schematismus, eine Nach-
lässigkeit aus, die sich auch darin kundgiebt, dass der Maler die
sitzende Stellung des Prokrustes durch keine Verwundung motiviert
hat, wir müssten denn annehmen, der Eäuber habe auf der Erde
geruht und sei so von Theseus überrascht worden. Das Auge steht
aber schon völlig richtig. So möchte ich lieber die Vase einem
nonchalanten Maler der späteren Zeit, als einem schwunghaften Meister
der älteren Periode zuteilen. Das Alter von 9 vermag nach der
dürftigen Beschreibung nicht beurteilt zu werden. Ob 9 überhaupt hierher
gehört, ist schon oben (s. Sinis) beanstandet worden. Die Stellung
des Prokrustes beweist nichts. Sie wird auch auf Skiron und Periphetes
übertragen,
 
Annotationen