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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1906-1907

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Brinckmann, A.: Altes Kunstgewerbe: auf der Symmetrie-Ausstellung im k. Landesgewerbe-Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.6373#0050
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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.

Abb. 3.

Fries aus Tannenholz mit spätgotischer Flachschnitzerei; aus dem Kloster Maulbronn.
(Bes. Prof. von Haeberlin.)

dachte Schnitzerei (Bes. Theodor Schnell, Ravensburg). Um so ausgiebiger
konnte man die freien, naturalistischen Motive der Gotik, der man allzu leicht
geometrische Starrheit vorwirft, studieren. Von besonderer Feinheit war jene
kleine durchbrochene Füllplatte aus Eichenholz mit auf- und absteigenden
Distelranken, die einst an einem Gestühl der Marienkirche zu Lübeck saß
(Bes. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg). In Süddeutschland fanden
diese naturalistischen Motive als Flachschnitzerei, deren Grund zum Teil ge-
schwärzt, deren erhabene Stellen des öfteren bemalt waren, die ausgedehn-
teste Verwendung. Ein auf der Stufe zwischen Truhe und Schrank stehender
Kasten (Bes Prof. von Haeberlin) vereinigte diese Flachschnitzerei an den
Seitenwänden mit fast vollrund geschnitztem Blattornament auf den vorderen
Eckleisten. Besonders schöne Beispiele für den unerschöpflichen Motiven-
reichtum des spätgotischen Ornaments boten vor allem die zahlreichen Holz-
leisten aus dem Kloster Maulbronn (Bes. Prof. von Haeberlin, Abb. 3 und 4),
daneben jene Truhe mit drei Füllungen in Flachschnitzerei, an der kein Feld
mit dem andern übereinstimmte (Bes. Kunstgewerbe-Museum Karlsruhe).

Als Uebergangsstück zur Renaissance repräsentierte sich die Vorderwand
einer Bremer Hochzeitstruhe aus der Zeit um 1525 (Bes. Gewerbe-Museum
Bremen) mit Szenen aus dem Leben der Apostel Petrus und Paulus. Die
Renaissancezeit hat selber lange an der Truhe festgehalten und erst im Laufe
des 17. Jahrhunderts verschwand dieses so überaus praktische Möbel aus der
bürgerlichen Stube. Das in der Bremer Truhe bereits überwiegende, wenn
auch noch etwas steife, ornamentartig angeordnete figürliche Element fand im
Laufe des 16. Jahrhunderts, namentlich in Norddeutschland, an der Truhen-
vorderwand seinen eigentlichen Tummelplatz, wogegen in Süddeutschland die
Intarsiatechnik besonders gepflegt wurde. Für letztere bot die Ausstellung
in einer großen Ulmer Hochzeitstruhe von 1581, die stark architektonisch ge-
gliedert, in zwei Hauptfeldern je ein Wappen zeigte (Bes. Geh. Kommerzienrat
Hummel), ein treffliches Beispiel. Von feinster Intarsia-Arbeit legte dann noch
ein kleiner Schrank Zeugnis ab, dessen glatte Vorderwand das sächsisch-
lauenburgische Wappen trug, umrahmt von Scheinarchitekturen mit Menschen-
und Tiergestalten (Bes. Gustav Kämmerer, Abb. 5); auch im Innern waren
hier die Frontseiten einer Gefacheinteilung völlig mit Intarsia besetzt. Ein
Schachbrett (Bes. K. Landesgewerbe-Museum Stuttgart) hatte als Schmuck das
gleiche sächsisch-lauenburgische Wappen, ebenfalls in Intarsia. Dieser Holz-
intarsia verwandt waren die Arbeiten, wo Bein in schwarzes Holz eingelegt ist,
um ähnliche Wirkungen zu erzielen, so ein Kabinettschränkchen (Bes. Theodor
Schnell, Ravensburg) und ein Schachbrett mit gravierter Innenzeichnung (Bes.
Prof. Dr. Pazaurek); beides Stücke der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Auch der Reliefintarsia mulä an dieser Stelle gedacht werden. Vier Füllungen
 
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