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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1906-1907

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Von der Ausstellung des Ortsvereins Stuttgart der allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft: Stuttgart 10. Februar bis 31. März 1907
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https://doi.org/10.11588/diglit.6373#0145
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VON DER AUSSTELLUNG

DES ORTSVEREINS STUTTGART DER ALLGEMEINEN DEUTSCHEN

KUNSTGENOSSENSCHAFT

STUTTGART 10. FEBRUAR BIS 31. MÄRZ 1907.

Den Charakter und die Bedeutung der diesjährigen Kunstgenossenschafts-
ausstellung hat die Tagespresse längst ausreichend gewürdigt, namentlich daß
eine so kleine Künstlergruppe, der zudem fast alle „großen" Namen fehlen,
eine so überraschend gute Gesamtwirkung erzielt hat. Da wir pflichtgemäß
alljährlich in einem der Hefte des Kunstgewerbevereins auch der hohen Kunst
gedenken dürfen, kann es uns darum weniger auf einen Gesamtüberblick über
die Leistungen der Stuttgarter Kunstgenossenschaft ankommen, als auf die
Hervorhebung einzelner charakteristischer Momente, namentlich auch durch
die Illustrationen, um zu beweisen, wie reichhaltig die künstlerische Produktion
überhaupt in Stuttgart ist und wie bedauerlich es ist, daß es immer noch an
einem Ausstellungsraum fehlt, der uns und den auswärtigen Besuchern all-
jährlich einmal die Gesamtleistung unserer württembergischen Künstlerschaft
vorführen könnte. Unter den jetzigen Verhältnissen erscheint alles verzettelt,
verstreut und zerrissen. Hoffentlich wird das bald anders.

Von den ausgestellten Plastiken bringen wir zunächst die nicht ganz
vollendete Statuette „Wille" von Georg Rheineck, einen Ausdruck kühnster
Kraft, ohne körperlichen Idealismus freilich und ohne das schöne griechische
Maß, aber mit dem scharfen Auge und der breiten Brust die höchste Energie
in gesundester Weise verkörpernd, Rheinecks ..Kinderköpfchen" hat freilich
größeren Beifall gefunden, für die Charakteristik des Künstlers aber erscheint
uns gerade .,Der Wille" wesentlicher. Kiemlen hat eine „Tänzerin" in Bronze
ausgestellt, im Augenblick der Ruhe, aber ohne Merkmale der Abspannung.
Die Abbildung vermag natürlich die Schönheit der Statue nur sehr teilweise
wiederzugeben. Nach meiner Auffassung hat Kiemlen eine so reife gesunde
schöne Sinnlichkeit noch nie vorher so wirksam bekundet. Dabei wirkt die
„Tänzerin" absolut vornehm, jedenfalls weit vornehmer als die vielen modernen
„Salomes", auf deren abnorme Sonderlichkeiten hier ein Rückblick versucherisch
nahe läge. Franz Böres, der uns ja auch kein Fremder mehr ist, hat außer
einigen Köpfen und Plaketten prächtige kunstgewerbliche Arbeiten ausgestellt,
von denen wir im nächsten Heft einige wiedergeben. In der Gemäldeaus-
stellung nahm Karl Göll mit 66 Bildern einen so breiten Raum ein, daß man
gerade deswegen nicht recht zur Würdigung des Besten kam. Die hier repro-
duzierte ..Steinschleiferei" charakterisiert wohl seine Art, die Dinge zu sehen,
am stärksten. Die etwas matte Tonung entspricht dem Druck, den die gleich-
förmige monotone Arbeit in der niederen Stube auf die Seele ausübt. Sehr
gut waren auch Der Blick in den Bauernhof, Der Frühlingsabend und einige
 
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