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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1906-1907

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Das neue Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Kunst und der Photographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.6373#0076
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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.

Das neue Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken
der bildenden Künste und der Photographie

das vom Reichstag am 10. Dezember 1906 in 3. Lesung angenommen wurde, ist von
erheblicher Bedeutung für Künstler und Kunstgewerbetreibende. "Wir erachten es
darum für richtig und zweckmäßig, den Wortlaut des Gesetzes im nachstehenden
zu veröffentlichen.

Erster Abschnitt.

Voraussetzungen des Schutzes.

§ 1. Die Urheber von Werken der bildenden
Künste und der Photographie werden nach Maß-
gabe dieses Gesetzes geschützt.

§ 2. Die Erzeugnisse des Kunstgewerbes
gehören zu den Werken der bildenden Künste.
Das gleiche gilt von Bauwerken, soweit sie
künstlerische Zwecke verfolgen.

Als Werke der bildenden Künste gelten auch
Entwürfe der Erzeugnisse des Kunstgewerbes
sowie für Bauwerke der im Absatz 1 bezeich-
neten Art.

§ 3. Als Werke der Photographie gelten auch
solche Werke, welche durch ein der Photographie
ähnliches Verfahren hergestellt werden.

§ 4. Soweit Entwürfe als Werke der bildenden
Künste anzusehen sind, findet das Gesetz be-
treffend das Urheberrecht an Werken der Lite-
ratur und der Tonkunst vom 19. Juni 1901 (Reichs-
Gesetzblatt S. 227) auf sie keine Anwendung.

§ 5. Juristische Personen des öffentlichen Rech-
tes, die als Herausgeber ein Werk erscheinen
lassen, das den Namen des Urhebers nicht an-
gibt, werden, wenn nicht ein anderes vereinbart
ist, als Urheber des Werkes angesehen.

§ 6. Besteht ein Werk aus den getrennten Bei-
trägen mehrerer (Sammelwerk), so wird für das
Werk als Ganzes der Herausgeber als Urheber
angesehen. Ist ein solcher nicht genannt, so gilt
der Verleger als Herausgeber.

§ 7. Wird ein Werk der bildenden Künste mit
einem Werke der Photographie verbunden, so
gilt für jedes dieser Werke dessen Urheber auch
nach der Verbindung als Urheber. Das gleiche
gilt, wenn ein Werk der bildenden Künste oder
ein Werk der Photographie mit einem Werke der
Literatur oder der Tonkunst oder mit einem ge-
schützten Muster verbunden wird.

§ 8. Haben bei einem Werke mehrere in der
Weise zusammengewirkt, daß ihre Arbeiten sich
nicht trennen lassen, so besteht unter ihnen als
Urhebern eine Gemeinschaft nach Bruchteilen im
Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

§ 9. Ist auf einem Werke der Name eines Ur-
hebers angegeben oder durch kenntliche Zeichen
ausgedrückt, so wird vermutet, daß dieser der
Urheber des Werkes sei.

Bei Werken, die unter einem anderen als dem
wahren Namen des Urhebers oder ohne den
Namen eines Urhebers erschienen sind, ist der
Herausgeber, falls aber ein solcher nicht ange-
geben ist, der Verleger berechtigt, die Rechte des
Urhebers wahrzunehmen.

§ 10. Das Recht des Urhebers geht auf die
Erben über.

Ist der Fiskus oder eine andere juristische
Person gesetzlicher Erbe, so erlischt das Recht,
soweit es dem Erblasser zusteht, mit dessen Tode.

Das Recht kann beschränkt oder unbeschränkt
auf andere übertragen werden; die Uebertragung
kann auch mit der Begrenzung auf ein bestimmtes
Gebiet geschehen.

Die Ueberlassung des Eigentums an einem
Werke schließt, soweit nicht ein anderes verein-
bart ist, die Uebertragung des Rechtes des Ur-
hebers nicht in sich.

§11. Ueber einen Beitrag, der für eine Zeitung,
eine Zeitschrift oder ein sonstiges periodisches
Sammelwerk zur Veröffentlichung angenommen
wird, darf der Urheber anderweit verfügen, so-
fern nicht aus den Umständen zu entnehmen ist,
daß der Verleger das ausschließliche Recht zur
Vervielfältigung und Verbreitung erhalten soll.

Ueber einen Beitrag, für welchen der Verleger
das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und
Verbreitung erhalten hat, darf, soweit nicht ein
anderes vereinbart ist, der Urheber anderweit
verfügen, wenn seit dem Ablaufe des Kalender-
jahres, in welchem der Beitrag erschienen ist,
ein Jahr verstrichen ist.

Auf Beiträge zu einem nicht periodischen
Sammelwerke finden diese Vorschriften insoweit
Anwendung, als dem Urheber ein Anspruch auf
Vergütung für den Beitrag nicht zusteht.

§ 12. Im Falle der Uebertragung des Urheber-
rechts hat der Erwerber, soweit nicht ein anderes
vereinbart ist, nicht das Recht, bei der Ausübung
seiner Befugnisse an dem Werke selbst, an dessen
Bezeichnung oder an der Bezeichnung des Ur-
hebers Aenderungen vorzunehmen.

Zulässig sind Aenderungen, für die der Be-
rechtigte seine Einwilligung nach Treu und
Glauben nicht versagen kann.

§ 13. Der Name oder der Namenszug des Ur-
hebers darf auf dem Werke von einem andern
als dem Urheber selbst nur mit dessen Ein-
willigung angebracht werden.

§ 14. Die Zwangsvollstreckung in das Recht
des Urhebers findet gegen den Urheber selbst
ohne dessen Einwilligung nicht statt; die Ein-
willigung kann nicht durch den gesetzlichen Ver-
treter erteilt werden.

Gegen den Erben des Urhebers ist ohne seine
Einwilligung die Zwangsvollstreckung nur zu-
lässig, wenn das Werk oder eine Vervielfältigung
davon erschienen ist.

Die gleichen Vorschriften gelten für die Zwangs-
vollstreckung in solche Formen, Platten, Steine
oder sonstige Vorrichtungen, welche ausschließlich
zur Vervielfältigung des Werkes bestimmt sind.

Zweiter Abschnitt.

Befugnisse des Urhebers.
§ 15. Der Urheber hat die ausschließliche Be-
fugnis, das Werk zu vervielfältigen, gewerbs-
mäßig zu verbreiten und gewerbsmäßig mittelst
mechanischer oder optischer Einrichtungen vor-
 
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