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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.
gläser" von J. Rindskopf in Teplitz vertreten, obgleich deren Erzeugungsweise
Reduktionen von Kupferglas wieder auf anderen Voraussetzungen be-
ruht. Aber all diesen marmorartigen Gläsern, die auch in der Masse selbst
die gleiche Struktur aufweisen, gemeinsam ist die Zufallskunst, die sowohl
den ganz genauen Farbenton, als auch namentlich die Linienführung der
Aederungen dem Belieben des Erzeugers vollkommen entzieht. -
In den anderen kunstgewerblichen Materialgruppen treten die Zufallskünste
sehr zurück, ohne jedoch unbekannt zu sein. Bei den Metallen könnte man
nur auf ungleichmäßige Oxydationen oder Patinierungen hinweisen, die aber in
der Hauptsache doch auf ein anderes Blatt gehören; auch der in der Waffen-
fabrikation so beliebte Damaststahl geht uns
hier nur wenig an; glücklicherweise hat man
endlich von Anlauffarben nur den beschei-
densten Gebrauch gemacht. Ein Gebiet, auf
welchem die Zufallskunst gewaltig mitspielt, ist
das der Vorsatzpapiere; fast alles, was wir
in der Keramik kennen gelernt haben, kehrt
hier mutatis mutandis wieder; aber bei den
beiden vornehmsten Gruppen, nämlich bei den
Kleisterpapieren und bei den getunkten Pa-
pieren, wird der Zufall doch so gewaltig ein-
geschränkt, und der künstlerischen Kraft bleibt
so viel überlassen, daß über dieses Verhältnis
gewiß nicht geklagt werden kann. — Das
Wolkig-Beizen des Leders und anderer
Stoffe soll hier wenigstens nicht übergangen
werden, obwohl es meist nicht selbstherrlich
auftritt; das „Beizen" des Marmors, Achats
u. dergl., das namentlich im dritten Dezennium
des 18. Jahrhunderts eine vornehme Mode-
passion bildete, braucht uns hier auch nicht
länger zu beschäftigen, da hier doch mehr
künstliche ..Naturspiele" in Frage kamen.
Aber zwei erst unserer Zeit vorbehaltene Zu-
fallskünste dürfen nicht vergessen werden, da
sie in zwei große Materialgruppen eindrangen,
die bisher von ihnen so gut wie gänzlich ver-
schont gewesen waren; es sind dies in der
Möbelindustrie das .. Xylektypom'' und in
der Textilindustrie das „Batik-Verfahren".
Die Technik dieser beiden Dekorationsarten
kann ich bei ihrer Beliebtheit im modernen
Kunsthandwerk trotz der beiden uns sehr ent-
legenen Namen als bekannt voraussetzen; in
dem einen Falle handelt es sich um die mit
dem Sandstrahlgebläse behandelte Holzmaser,
in dem anderen um allerlei Gewebe, die man
vor der Färbung ganz oder teilweise mit ge-
Abb. 6.
Emailflacon der Münchner Werkstätten 1906.
(Stuttgart, Landes-Gewerbe museum.)
Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.
gläser" von J. Rindskopf in Teplitz vertreten, obgleich deren Erzeugungsweise
Reduktionen von Kupferglas wieder auf anderen Voraussetzungen be-
ruht. Aber all diesen marmorartigen Gläsern, die auch in der Masse selbst
die gleiche Struktur aufweisen, gemeinsam ist die Zufallskunst, die sowohl
den ganz genauen Farbenton, als auch namentlich die Linienführung der
Aederungen dem Belieben des Erzeugers vollkommen entzieht. -
In den anderen kunstgewerblichen Materialgruppen treten die Zufallskünste
sehr zurück, ohne jedoch unbekannt zu sein. Bei den Metallen könnte man
nur auf ungleichmäßige Oxydationen oder Patinierungen hinweisen, die aber in
der Hauptsache doch auf ein anderes Blatt gehören; auch der in der Waffen-
fabrikation so beliebte Damaststahl geht uns
hier nur wenig an; glücklicherweise hat man
endlich von Anlauffarben nur den beschei-
densten Gebrauch gemacht. Ein Gebiet, auf
welchem die Zufallskunst gewaltig mitspielt, ist
das der Vorsatzpapiere; fast alles, was wir
in der Keramik kennen gelernt haben, kehrt
hier mutatis mutandis wieder; aber bei den
beiden vornehmsten Gruppen, nämlich bei den
Kleisterpapieren und bei den getunkten Pa-
pieren, wird der Zufall doch so gewaltig ein-
geschränkt, und der künstlerischen Kraft bleibt
so viel überlassen, daß über dieses Verhältnis
gewiß nicht geklagt werden kann. — Das
Wolkig-Beizen des Leders und anderer
Stoffe soll hier wenigstens nicht übergangen
werden, obwohl es meist nicht selbstherrlich
auftritt; das „Beizen" des Marmors, Achats
u. dergl., das namentlich im dritten Dezennium
des 18. Jahrhunderts eine vornehme Mode-
passion bildete, braucht uns hier auch nicht
länger zu beschäftigen, da hier doch mehr
künstliche ..Naturspiele" in Frage kamen.
Aber zwei erst unserer Zeit vorbehaltene Zu-
fallskünste dürfen nicht vergessen werden, da
sie in zwei große Materialgruppen eindrangen,
die bisher von ihnen so gut wie gänzlich ver-
schont gewesen waren; es sind dies in der
Möbelindustrie das .. Xylektypom'' und in
der Textilindustrie das „Batik-Verfahren".
Die Technik dieser beiden Dekorationsarten
kann ich bei ihrer Beliebtheit im modernen
Kunsthandwerk trotz der beiden uns sehr ent-
legenen Namen als bekannt voraussetzen; in
dem einen Falle handelt es sich um die mit
dem Sandstrahlgebläse behandelte Holzmaser,
in dem anderen um allerlei Gewebe, die man
vor der Färbung ganz oder teilweise mit ge-
Abb. 6.
Emailflacon der Münchner Werkstätten 1906.
(Stuttgart, Landes-Gewerbe museum.)