Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1907-1908

DOI Artikel:
Braun, Edmund Wilhelm: Altludwigsburger Porzellan
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7713#0018
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12

Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.

(Kat. Nr. 143 mit Abbildiing) und steht auch im Museum. Aehnliche Sujets
gab es in Meißen, am verwandtesten sind diesen Ludwigsburger Modellen
aber einige Fürstenberger Gruppen und Figuren, die in Haltung, Bemalung
und Größe ihnen sehr ähneln. Inhaltlich gehen sie wohl auf Stiche und Illu-
strationen von Reisebeschreibungen zurück, verständlicher werden sie auch
durch die Beschreibung des bereits mitgeteilten Festes in Parma. Sie sind alle
von großer Vornehmheit und Ruhe in der Haltung, meisterhaft modelliert und
geradezu verschwenderisch prächtig dekoriert; offenbar waren sie von vorn-
herein für den Hof bestimmt. Da
ist ein reichgeschmückter maje-
stätischer chinesischer Kaiser
mit gebieterisch erhobenem Arm,
da sind unter Bäumen sitzende
musizierende Männer und
Frauen, ein Vornehmer, dem
ein Knabe kniend die Teetasse
präsentiert, eine schlanke, schöne
Frau mit juwelengeschmücktem
Stirnband, der ein Knabe auf
einer Schale eine Frucht reicht
und endlich jene seltsame bereits
erwähnte Gruppe, ein sitzender,
dieMandolinespielenderChinese,
der zu einem tanzenden Mäd-
chen emporschaut, die von
einem zweiten Chinesen umarmt
wird; in der Linken hält sie
einen Dolch, die Rechte ist er-
hoben, von ihrem Gürtel hängt
an einer Kette eine Uhr. Fast
alle diese Stücke sind in zwei
bis drei Ausformungen da, aber

Buntbemalte Monats- oder Jahreszeiten-Gruppe. ö

Sammlung Kari Mayer, Wien. alle sind sie verschieden dekoriert

und ist der Dekor teilweise
auch stark unter Meißner Einfluß stehend, so wenn ein purpurnes Gewand mit
dunkleren purpurfarbenen und goldenen Streublumen verziert ist oder wenn
ein Gürtel mit schrägen eisenroten und grünen Querstreifen bemalt wird.
Daneben finden wir auch schon einen speziell Ludwigsburger Dekor, der
karoartig ist und durch blaue und ockergelbe Punktrosetten gebildet wird.
Er findet sich u. a. auf den großen antiken Figuren des Grafen Leutrum, die
Modelle Beyers oder eines seiner Schüler sind.

Der große Wert, den derartige Ausstellungen für die Wissenschaften haben,
ist einerseits der des Auftauchens von bisher unbekannten Stücken aus Privat-
besitz und speziell für die Geschichte der Porzellanplastik die Möglichkeit, ein
und dasselbe Modell in verschiedenen Exemplaren zu haben, diese vergleichen
zu können. Man beobachtet beim Ludwigsburger Porzellan, wie bei dem
aus anderen Fabriken, die größte Freiheit und Vielseitigkeit. Fast nie treffen
wir identisch dekorierte und ganz genau gleich modellierte Stücke. Wir finden
 
Annotationen