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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1907-1908

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Württembergische Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7713#0098
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Württembergische Kunstchronik.

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der Nürnberger Bäckerzunft vom Jahr 1607 äußerst stattlich ausnimmt. Ein
reich getriebener und gravierter Rokokoteller ist zur Silberabteilung hinzu-
gekommen, während die anderen Edelmetallobjekte in die Gruppe der Schmucke
und Kleingeräte gehören. An der Spitze steht hier eine Louis XVI-Golddose
mit Email, eine Pariser Arbeit aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts,
wie sie in so geschmackvoller Ausführung nur äußerst selten zu finden ist.
Auch das gleichzeitige Emailrähmchen mit Perlenbesatz, sowie der große
silberne Anhänger niederländischer Herkunft sind wertvolle Stücke. Als Email-
malerei hervorhebenswert ist ein schönes Plättchen in der Art Herold des
Jüngeren von Meißen. Ein Renaissance-Kokosnußbecher in vergoldeter Mon-
tierung, ein ungefähr gleichzeitiges Ebenholzkästchen mit schönen vergoldeten,
geätzten Maureskenfüllungen und Beschlägen, ferner aus dem 17. Jahrhundert
ein feines, graviertes und vergoldetes Pulverhorn und ein überaus zartes
graviertes Kästchen des berühmten Nürnberger Spezialisten Michael Man bilden
eine weitere Gruppe innerhalb dieser wertvollen Widmung. Nicht weniger be-
deutend ist eine reich gravierte Tischuhr aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Die graphische Abteilung hat durch eine besonders kostbare Initialenminiatur
des ausgehenden Mittelalters einen würdigen Mittelpunkt erhalten, ebenso wie sich
der schöne Granatapfelbrokat aus derselben Zeit in der Textilsammlung ganz
vorzüglich repräsentiert. Auch die keramische Abteilung des Museums ist
nicht unberücksichtigt geblieben. Zu den italienischen Majoliken, die erst heuer
durch die Zuweisung der Leihgaben aus dem Besitz des Königs die besten
Prunkstücke erhalten haben, kam nun einer der seltenen goldgehöhten Teller
der Abruzzenfabrik Castelli aus der Wende des 17. und 18. Jahrhunderts.
Auch die Delfter Fayencen, die bisher vollständig zurücktreten mußten, haben
zwei charakteristische und vorbildliche Stücke erhalten, nämlich eine große
Deckelvase und einen mehrfarbigen Teller, während ein großer Fayence-Unter-
satz mit Blaumalerei sich jenen Produkten des beginnenden 18. Jahrhunderts
anschließt, welche die Muster der berühmten Fabrik Rouen pflegten. Einige
der besten Schenkungen fielen auf die Porzellangruppe. Namentlich Alt-
Meißen erhielt einzelne besonders kostbare Stücke, so eine sehr frühe, relief-
bedeckte Deckelvase mit reichen Malereien, ein berühmtes Stück, welche selbst
die stattlichen Porzellansammlungen des Berliner Kunstgewerbemuseums nur
in einem unbemalten Exemplar besitzen; ferner ein bronzemontierter Rokoko-
teekessel, ebenfalls ein Gegenstück zu dem berühmten Exemplar des Berliner
Kunstgewerbemuseums, ferner je eine Schüssel aus den bestbekannten Ser-
vicen von Sulkowski und Clemens August von Köln, deren größere Stücke
nur in den ersten Sammlungen vorzukommen pflegen. Von anderen Porzellan-
erzeugnissen ist eine dreieckige Früh-Nymphenburger Schüssel mit Blumen-
malereien, zwei herzförmige Berliner Tassen mit Boucher-Amoretten in dem
herrlichen Berliner Rosenrot und ein reicher Tafelaufsatz der Wiener Porzellan-
manufaktur nennenswert, der auch die sehr frühe Einsatzschale mit auffallend
feiner Malerei angehört. Der Verein der Freunde des Landesgewerbemuseums
hat diese Bereicherung durch eine Sonderstiftung von 20 000 Mark ermöglicht
und sich dadurch erneuten Anspruch auf die Dankbarkeit des Landes erworben.

In der König-Karl-Halle sind von Ende August an moderne kunstgewerb-
liche Erzeugnisse aus Holland ausgestellt, die besten keramischen Erzeug-
 
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