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62

Philosophie

nicht genügend erklären läßt, auf die
Bekanntschaft mit gewissen Vorstellungen
orientalischerHerkunft zurückgehen,die von
islamischen Häretikern vertreten wurden.
Solche Vorstellungen, Zahlen- und Buch-
stabenmystik, bilden, ihrerseits auf das
(ebenfalls in P.s System bedeutungsvolle)
pythagoräische Gedankengut zurückgehend,
z. B. den Inhalt des Hurufischen Systems,
das in Anatolien allerdings wahrscheinlich
erst bekannt wurde, nachdem P. das Land
verlassen hatte. Als Einzelheit macht der
Verf. darauf aufmerksam, daß P.s Kalender,
der Mond- und Sonnen]'ahr in Einklang
bringen soll, mit dem islamischen Mondjahr
übereinstimmt. Die Verbreitung von Ple-
thons Lehren in der arabischen Welt bezeugt
eine Hs. der Serailbibliothek, wahrscheinlich
aus dem Besitz Mohammeds II., die eine
Übersetzung der „Gesetze“ P.s enthält.
In dem Aufsatz ist die Möglichkeit nicht
einbezogen, daß die Züge, die der Verf. in
P.s System als islamisch bezeichnet, ihm
ohne diesen Umweg auf dem Wege direkter
Überlieferung aus der Antike, und zwar als
„Geheimlehre" bekannt geworden sein
könnten. Die Fragestellung als solche aber
ist bedeutsam für die Beurteilung des
späteren italienischen Renaissance-Plato-
nismus, etwa der Ficino und Pico. Abge-
sehen davon ist sie wichtig für die Ge-
schichte der arabischen Antiken-Über-
lieferung, in der vielleicht für die spätere
Zeit Byzanz die Rolle übernimmt, die
im frühen Mittelalter Spanien spielt.
G. B.
248 KLAUSNER, JOSEF, Don Juda Abarbanel
(Leone Ebreo) and his „Dialoghi d'Amo-
re“ [Hebräisch.] In: Tarbiz 3, S. 67—98.
Analyse der Dialoghi und der jüdischen
und antiken Elemente in ihnen. Die Dia-
loghi stehen nach K. in der Mitte zwischen
der Welt jüdischer Platoniker des M.A. wie
Gabirol oder Bachja und der der italieni-
schen Renaissance. G. Sch.
249 JEDIN, HUBERT, Die Mystik des Mar-
silio Ficino. In: Röm. Quartschr.
christl. Altertskde 39, S. 281—287.
Eingehende Auseinandersetzung mit
Dreß („Die Mystik des Marsilio Ficino“,
1929). Betont, daß die neuplatonisch-areo-
pagitischen Gedankengänge nicht so zurück-
gedrängt werden dürfen, wie es bei D. ge-
schieht; wendet sich gegen die starre Schei-

dung von „historischer“ und „systemati-
scher“ Betrachtung des Ficinschen Werks;
geht auf die Hauptthesen der Rechtferti-
gungslehre ein und bestreitet, daß „das
Prinzip sola fides von der platonischen
Daimonionlehre her zu verstehen sei, das
sola gratia aber nicht". Als „die beiden
schwersten Wunden der Rechtfertigungs-
lehre Ficinos“ betrachtet J. „den unklaren
Begriff des Übernatürlichen und . . . den
dynamischen, von der aristotelischen Ter-
minologie absehenden Gnadenbegriff“. Er
kommt zu dem Schluß: „Ficinos Versuch,
platonische Gedankengänge und platoni-
sche Denkweise in die Rechtfertigungslehre
einzuführen, ist, geschichtlich und systema-
tisch gesehen, ein Rückschritt.“
Ein tieferes Verständnis von Ficinos
Versuch einer Synthese von Christentum
und Platonismus, eine Erfassung der ihn
treibenden Notwendigkeiten, wird durch
diese Abwertungen nicht erreicht.
R. K.
d) Neuere Philosophie
und Literatur
MUIRHEAD, JOHN HENRY, The Pia- 250
tonic Tradition in Anglo-Saxon Philo-
sophy. Studies in the History of Idea-
lism in England and America. London:
Allen & Unwin [usw.]. 446 S. (Lib-
rary of philosophy.)
Das Werk Muirheads beschreitet in der
Darstellung der englischen Philosophie-
geschichte einen neuen Weg, indem es mit
der Anschauung bricht, daß die eigentlich-
wesentlichen und die eigentlich-originalen
Grundgedanken der englischen Philosophie
in der Linie der empiristischen Erkenntnis-
lehre, in der Entwicklung, die von Bacon
und Hobbes zu Locke und Hume, zu Mill
und Spencer führt, zu suchen sind. Muir-
head will die Einseitigkeit dieser Auffassung
überwinden, indem er zeigt, daß im Auf-
bau und in der Fortbildung des englischen
Denkens von vornherein andere Kräfte mit-
gewirkt und daß sie den Gang diesesDenkens
an entscheidenden Punkten bestimmt ha-
ben. Zum erstenmal wird hier in eindrin-
gender Untersuchung und in sorgsamer
Interpretation der Quellen die Bedeutung
aufgezeigt, die der „platonischen Tradi-
tion“ zukommt. Ihr Weg wird von der
Schule von Cambridge, von Norris und
 
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