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GEGENREFORMATION; 17. JAHRHUNDERT
I. POLITIK UND KUNST DER GEGENREFORMATION

1013 GIARDINA, CAMILLO, La Vita e l’Opera
politica di Scipione di Castro. In: Atti
R. Accad. Science, Lettere Palermo 16,
S. 267—441. 5 Taf.
Grundlegende, auf sorgfältigen Archiv-
studien beruhende Arbeit über den sizilia-
nischen Diplomaten. Das bedeutendste
Werk des kaum mit Recht unter die ,,Ta-
citisten“ gerechneten Verf., unter dessen
Canzonen sich eine unveröffentlichte ,,Fa-
vola d’Endimione“ findet, die „Istruzioni
a’ Prencipi per sapere ben governare li
Stati“ erschien anonym und unvollstän-
dig — die Fortsetzung entdeckte G. im
Archivio Boncompagni Ludovisi — in Köln
1589, in dem gleichen Jahre wie Botero's
Ragion di Stato. In unserem Zusammen-
hang ist vor allem das Kapitel über die
Erziehung des Fürsten von Interesse. C.
empfiehlt als Abschluß der humanistischen
Studien Lektüre des Titus Livius und Ta-
citus: „Conciosia, ch’in uno di quegl’ Au-
tori vedrebbe il Principe le buone forme,
et le tempeste delle Republiche. Et nel-
l'altro riconoscerebbe la forza e gli scogli
della Monarchia“. (S. 401.) Im übrigen
unterscheiden sich di C.s pädagogische Ge-
danken kaum von denen im 16. Jahrh.
geläufigen. H. M.
1014 ALBERTI, ALBERTO, Politica e ragion
di Stato nell’ Opera di Scipione Ammirato.
In: Atti Accad. Scienze Torino 66,
1930/31, Sc. Mor., Stör, e Filolog.,
S. 598—626.
Verf. untersucht eingehend A.’s Doktrin
der Staatsräson und ihre Stellung in der
Geschichte der gegenreformatorischen poli-
tischen Theorien (ein weiterer Teil behan-
delt A.’s Haltung in den Fragen prakti-
scher Politik: Einheit Italiens und Türken-
kampf). Das Ergebnis ist eine dem bisher
üblichen Urteil gegenüber ungleich posi-

tivere Würdigung. Die Geschichte der Auf-
nahme des Tacitus (der als Historiker des
Prinzipats im beginnenden Zeitalter der
Monarchien an die Stelle des „republika-
nischen“ Livius tritt) wird, auf Toffanins
grundlegende Arbeit gestützt, scharf um-
rissen und in ihren entscheidenden Ten-
denzen herausgearbeitet. Tacitus kann eben
darum zur gewichtigen Autorität katho-
lischer Politik werden, weil er das gefähr-
liche Problem „Politik—Religion“ nicht
kennt und sich damit — anders als der ge-
rade hier schwer kompromittierte und von
der Kirche verworfene Machiavelli — einer
Theorie einfügen ließ, in der die ragion di
Stato, die skrupellose Politik des, ,sembrare‘ ‘
(Philipp II. als Tiberius!) mit den höheren
Zielen der Religion zusammenwirkte und
aus der totalen Unterordnung unter sie,
als Mittel zum Zweck, ihre Rechtfertigung
empfing. A., der Bewunderer der spanischen
Monarchie (vgl. S. 616), leistet mit seinen
„Discorsi sopra C. Tacito“, 1591, als einer
der ersten diese Christianisierung, besser
Katholisierung des antiken Historikers
(gegen die ein Boccalini leidenschaftlich
protestieren wird). Er sucht aus der Irreligio-
sität Machiavellis auf dem Wege über Taci-
tus zu einer Lösung zu gelangen, die den Er-
fordernissen von Politik und Moral gleicher-
maßen gerecht wird (S. 609). Die Dis-
corsi sind das erste Beispiel einer aus der
Geschichte des kaiserlichen Roms abge-
leiteten systematischen Konstruktion, das
erste politische Handbuch der katholischen
Nationen wie der Kirche selbst. Das poli-
tische Handeln, das sich für kurze Zeit
autonom und unabhängig von religiösen
Vorurteilen bewegt hatte, wird wieder, in
betontem Gegensätze nun, zur ancilla Ec-
clesiae, per mantenere ciö ehe di reale e di
immanente in essa viveva(S. 6iof.).
F. R.
 
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