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FESTWESEN; THEATERGESCHICHTE
Religiöse Prozessionen siehe Nr. 611.

I. VOLKSSCHAUSPIEL UND TANZ

282 NICOLL, ALLARDYCE, Masks, Mimes
and Miracles. Studies in the Populär
Theatre. London: Harrap. 407 S.
Während Magnin in Frankreich, Dieterich
und Reich in Deutschland wichtige Epochen
und Probleme des Volkstheaters dargestellt
haben, wird hier der Versuch gemacht, das
Material als Ganzes in einem illustrierten
Handbuch vorzuführen. Besonderes Ge-
wicht wird dabei auf den Wert der Bild-
dokumente gelegt („von der frühesten vor-
perikleischen Zeit bis ins 17. Jahrh.“);
ferner auf die Darstellung einer kontinuier-
lichen geschichtlichen' Entwicklung, die
ohne Unterbrechung „vom antiken Megara
über das mittelalterliche Rom zum Man-
tua der Renaissance“ führt. Der Schwer-
punkt liegt naturgemäß auf der Darstellung
der „Commedia dell’ Arte"; diesem Teil ist
ein Anhang beigegeben, der einen Katalog
der Schauspielerrollen, der nachweisbaren
Schauspieler und der Scenarii enthält.
E. W.
283 STUMPFL, ROBERT, Schauspielmasken
des Mittelalters und der Renaissancezeit
und ihr Fortbestehen im Volksschauspiel.
In: Neues Arch. Theatergesch. 2,
S. 1—77, 10 Abb.
Der Verf. führt den Nachweis, daß, ent-
gegen der bisherigen Ansicht, durch das
ganze Mittelalter hindurch und in nahezu
allen Formen des Schauspiels Masken
(neben dem maskenlosen Spiel) in Gebrauch
waren. Dieser Nachweis gelingt durch
eine methodische Erweiterung des Unter-
suchungsbereichs : neben der literarisch-
dramatischen Überlieferung kirchlicher
rappresentazioni wird das ebenfalls lite-
rarisch fixierte Schauspiel weltlichen und
komischen Charakters, aber auch die impro-

visierte, pantomimische und akrobatische
Darbietung der Jongleure und Gaukler,
sowie Spiele und Tänze herangezogen. Die
Quellen und Belege hierzu entstammen den
Dokumenten des Folklore, der bildenden
Kunst, den Beschreibungen von Kirchen-
festen und Volksspielen, wie auch den Kon-
zilbeschlüssen und Kapitularien (von 1200
bis 1565), aus deren vergeblicher Opposition
sich gerade schließen läßt, daß die Kirche
selbst in ihren Festen zur Überlieferung des
Maskengebrauches beiträgt. Nicht nur wird
dadurch die Ansicht widerlegt, das mittel-
alterliche Theater wurzele ausschließlich in
einer kirchlich-kulturellen Oberschicht; es
geht vielmehr gerade daraus hervor, welch
großen Anteil die Kirche an der Aufbewah-
rung und Überlieferung sowohl antik-, wie
germanisch-heidnischen Erbes hat, das
später in wiederauflebender Energie in das
literarische Theater einströmen konnte.
Welchem dieser beiden Kreise, dem grie-
chisch-römischen, oder dem nordischen,
die mittelalterliche Theatermaske angehört,
wird offengelassen — wahrscheinlich ist es,
daß schon in dem kultlichen Gebrauch der
Masken gegenseitige Beeinflussungen statt-
gefunden haben. Jedenfalls hängt ihre Ent-
stehung mit Kulthandlungen zusammen
(Vegetationsriten, Dionysosfesten), aus
denen allerdings die theriomorphen Masken
der Teufel, Narren und komischen Fast-
nachtsfiguren, wie das schwarze Mohren-
gesicht, leichter abzuleiten sind als die
ernsten anthropomorphen, die auch erst
später und seltener vorkommen, deren
unabhängige Entstehung und Ausbildung
aber möglich ist. Eine direkte Abhängigkeit
von der antiken Thea’termaske ist dagegen,
außer vielleicht bei der Commedia dell’Arte,
nicht anzunehmen. G. B.
 
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