Nachleben des römischen Rechts
das Textproblem der friesischen Rechts-
quellen und die Standesschichtung im
merowingischen und karolingischen Recht.
— Die Feststellung, daß es trotz vorhan-
denem sozialen Bedürfnis nicht zu deut-
schen Rechtsaufzeichnungen im frühen
Mittelalter kam, ist kulturgeschichtlich ge-
sehen nicht unerheblich. Beim sonstigen
lateinischen Schrifttum des Mittelalters
liegt das Übersetzungsproblem insofern
anders, als hier, wo eine engere oder weitere
Verbindung zur Kirche besteht, die Lati-
nisierung nicht erst beim Übergang in die
lateinische Aufzeichnung eintritt, sondern
auch die Denkvorgänge selbst mehr oder
weniger erfaßt hat; immerhin wird man
auch hier bei Betrachtung von Form und
Gehalt von Übersetzungsproblemen reden
müssen, und man wird vielleicht die Lite-
ratur gerade nach der Tiefe der Latinisie-
rung schichten können. H. L.
d) In der italienischen
Stadtverwaltung des Mittelalters
263 CHIAPELLI, LUIGI, Storia di Pistoia
nell' alto Medio-Evo (in continuazione).
In: Sollet, stör. Pistoiese 33, S. 1—18;
57—79; 113—128; 187—211.
Das dritte (Pistoia nell’ etä Carolingia),
vierte (P. nel secolo X) und fünfte (P. nel
secolo XI) Kapitel einer umfangreichen
Stadtgeschichte. In unserem Zusammen-
hang ist die Reaktion gegen die Franken
(S. 16—18) und gegen die Deutschen unter
Otto III. (78) als erstes Anzeichen des er-
wachenden Nationalgefühls (Italianitä) und
die Beobachtung des Zurückweichens der
germanischen und Hervortretens der roma-
nisch-lateinischen Namengebung (208 f.)
von Bedeutung, sowie der Hinweis auf die
zahlreichen Hss. juristischen Inhaltes aus
dem 11. und 12. Jahrh. im Stadtarchiv,
welche zeigen, daß Pistoia ein wichtiges
Zentrum juristischer Kultur mit antiken
Traditionen war. R. N.
2. Einzelne Rechtsverbände
264 VISCONTI, ALESSANDRO, II „collegium
pistorum“ nelle fonti giuridiche romane
e medievali. In: Rendic. R. Istit. Lom-
barde scienze lett. Ser. 2, 64, S. 517—34.
Der Hauptteil des Vortrages beschäftigt
sich mit dem collegium pistorum im römi-
_67
sehen Recht, im besonderen mit dem Unter-
schied zwischen Rom und den Provinzen.
Der 2. Teil (S. 52gff.) erörtert, daß auch
die mittelalterlichen pistores in Italien,
Müller und Bäcker zugleich, noch der Lo-
kalverwaltung — d. h. jetzt dem Grafen
oder Bischof — unterstanden, wobei sie
wie ihre Vorgänger in der römischen Pro-
vinz nicht in einem festen Verbände zu-
sammengeschlossen waren. — Die byzan-
tinische Entwicklung wird nicht berührt.
P. E. Sch.
STEMPLINGER, EDUARD, Antike Stu- 265
dentenverbindungen. In: Wiener Bll
Antike 7, 1930/31, S. 141—143.
Verf. weist aus zahlreichen Belegstellen
aus Libanios, Gregor von Nazianz und
Basileios nach, daß die studentischen
Bräuche auf die Antike zurückgehen, ihr
Zusammenhang mit dem Geheimdienst
bietet eine Parallele zu der Feststellung,
daß die Studentenorden des 18. Jahrh.
vieles der Symbolik der Freimaurer ent-
lehnten. Gelänge der Nachweis eines Zu-
sammenhanges der Bursen an den mittel-
alterlichen Universitäten mit den Bau-
hütten, so bestünde eine direkte Tradition
des Studentenwesens von der Antike bis in
unsere Zeit. R. N.
3. Rechtssymbole
MEYER, HERBERT, Sturmfahne und 266
Standarte. In: Zs. Savignystiftg. Rechts-
gesch. 51. Germ. Abt. S. 204—257.
DERS., Freiheitsroland und Gottesfrieden. 267
Neue Forschungen über den Bremer Ro-
land. In: Hans. Geschbll. 56, S. 5—82.
Die beiden Abhandlungen, in denen M.
seine früheren Untersuchungen fortsetzt,
stehen in Verbindung durch die rote Farbe,
die der Verf. als Gerichtsfarbe anspricht,
als ursprüngliche Farbe des Königsbanners
erkennen will und nun auch mit dem Roland
als dem Weihebild auf rotem d. h. Gerichts-
land inVerbindung bringt. Er geht auf dem
von Amira gewiesenen Weg weiter, d. h. er
sucht aus dem Mittelalter in die altger-
manische Symbolik vorzudringen, in der
er die rote Farbe, aber auch die Fahne be-
heimatet. Dabei Ausblicke auf die antike
Symbolik. Wie weit seine Aufstellungen der
Nachprüfung standhalten, wird die bevor-
stehende Auseinandersetzung mit C. Erd-
mann erweisen. P. E. Sch.
5
das Textproblem der friesischen Rechts-
quellen und die Standesschichtung im
merowingischen und karolingischen Recht.
— Die Feststellung, daß es trotz vorhan-
denem sozialen Bedürfnis nicht zu deut-
schen Rechtsaufzeichnungen im frühen
Mittelalter kam, ist kulturgeschichtlich ge-
sehen nicht unerheblich. Beim sonstigen
lateinischen Schrifttum des Mittelalters
liegt das Übersetzungsproblem insofern
anders, als hier, wo eine engere oder weitere
Verbindung zur Kirche besteht, die Lati-
nisierung nicht erst beim Übergang in die
lateinische Aufzeichnung eintritt, sondern
auch die Denkvorgänge selbst mehr oder
weniger erfaßt hat; immerhin wird man
auch hier bei Betrachtung von Form und
Gehalt von Übersetzungsproblemen reden
müssen, und man wird vielleicht die Lite-
ratur gerade nach der Tiefe der Latinisie-
rung schichten können. H. L.
d) In der italienischen
Stadtverwaltung des Mittelalters
263 CHIAPELLI, LUIGI, Storia di Pistoia
nell' alto Medio-Evo (in continuazione).
In: Sollet, stör. Pistoiese 33, S. 1—18;
57—79; 113—128; 187—211.
Das dritte (Pistoia nell’ etä Carolingia),
vierte (P. nel secolo X) und fünfte (P. nel
secolo XI) Kapitel einer umfangreichen
Stadtgeschichte. In unserem Zusammen-
hang ist die Reaktion gegen die Franken
(S. 16—18) und gegen die Deutschen unter
Otto III. (78) als erstes Anzeichen des er-
wachenden Nationalgefühls (Italianitä) und
die Beobachtung des Zurückweichens der
germanischen und Hervortretens der roma-
nisch-lateinischen Namengebung (208 f.)
von Bedeutung, sowie der Hinweis auf die
zahlreichen Hss. juristischen Inhaltes aus
dem 11. und 12. Jahrh. im Stadtarchiv,
welche zeigen, daß Pistoia ein wichtiges
Zentrum juristischer Kultur mit antiken
Traditionen war. R. N.
2. Einzelne Rechtsverbände
264 VISCONTI, ALESSANDRO, II „collegium
pistorum“ nelle fonti giuridiche romane
e medievali. In: Rendic. R. Istit. Lom-
barde scienze lett. Ser. 2, 64, S. 517—34.
Der Hauptteil des Vortrages beschäftigt
sich mit dem collegium pistorum im römi-
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sehen Recht, im besonderen mit dem Unter-
schied zwischen Rom und den Provinzen.
Der 2. Teil (S. 52gff.) erörtert, daß auch
die mittelalterlichen pistores in Italien,
Müller und Bäcker zugleich, noch der Lo-
kalverwaltung — d. h. jetzt dem Grafen
oder Bischof — unterstanden, wobei sie
wie ihre Vorgänger in der römischen Pro-
vinz nicht in einem festen Verbände zu-
sammengeschlossen waren. — Die byzan-
tinische Entwicklung wird nicht berührt.
P. E. Sch.
STEMPLINGER, EDUARD, Antike Stu- 265
dentenverbindungen. In: Wiener Bll
Antike 7, 1930/31, S. 141—143.
Verf. weist aus zahlreichen Belegstellen
aus Libanios, Gregor von Nazianz und
Basileios nach, daß die studentischen
Bräuche auf die Antike zurückgehen, ihr
Zusammenhang mit dem Geheimdienst
bietet eine Parallele zu der Feststellung,
daß die Studentenorden des 18. Jahrh.
vieles der Symbolik der Freimaurer ent-
lehnten. Gelänge der Nachweis eines Zu-
sammenhanges der Bursen an den mittel-
alterlichen Universitäten mit den Bau-
hütten, so bestünde eine direkte Tradition
des Studentenwesens von der Antike bis in
unsere Zeit. R. N.
3. Rechtssymbole
MEYER, HERBERT, Sturmfahne und 266
Standarte. In: Zs. Savignystiftg. Rechts-
gesch. 51. Germ. Abt. S. 204—257.
DERS., Freiheitsroland und Gottesfrieden. 267
Neue Forschungen über den Bremer Ro-
land. In: Hans. Geschbll. 56, S. 5—82.
Die beiden Abhandlungen, in denen M.
seine früheren Untersuchungen fortsetzt,
stehen in Verbindung durch die rote Farbe,
die der Verf. als Gerichtsfarbe anspricht,
als ursprüngliche Farbe des Königsbanners
erkennen will und nun auch mit dem Roland
als dem Weihebild auf rotem d. h. Gerichts-
land inVerbindung bringt. Er geht auf dem
von Amira gewiesenen Weg weiter, d. h. er
sucht aus dem Mittelalter in die altger-
manische Symbolik vorzudringen, in der
er die rote Farbe, aber auch die Fahne be-
heimatet. Dabei Ausblicke auf die antike
Symbolik. Wie weit seine Aufstellungen der
Nachprüfung standhalten, wird die bevor-
stehende Auseinandersetzung mit C. Erd-
mann erweisen. P. E. Sch.
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