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RENAISSANCE, HUMANISMUS, REFORMATION
I. ALLGEMEIN

i. Der Renaissancebegriff
a) Geschichte des Renaissance-
Begriffs
Siehe auch Nr. 4, 657.
829 WILHELM, BRUNO, Die Entwicklung des
Renaissancebegriffs. In: Schweiz. Rdsch.
31, S. 329—335-
W. gibt einen kurzen Überblick über
die Geschichte des Renaissancebegriffs und
sieht, anschließend an Burdach, in der
Renaissance wesentlich die auf allen Ge-
bieten erscheinende Sehnsucht des aus-
gehenden Mittelalters nach Erneuerung.
H. G.
830 NEUMANN, CARL, Der unbekannte Jacob
Burckhardt. Burckhardt und das Mittel-
alter. In: Dt. Vjschr. Litwiss. 9,
S.201—239.
Der erste Teil des Aufsatzes gibt eine
Besprechung der neuen Gesamtausgabe von
B.s Werken, der zweite referiert ein Kolleg
B.s über Geschichte des Mittelalters, das
N. bei B. noch selbst gehört und mitge-
schrieben hat.
Die leidenschaftliche Anteilnahme B.s
am zeitgenössischen Geschehen, sein Spür-
sinn für die vergangene und gegenwärtige
Krisis, sein religiöser Skeptizismus, seine
ethisch begründete Empfindlichkeit für das
Leiden des Unterliegenden aller Zeiten
führen zu einer Auffassung der Geschichte,
in der die Macht der Tradition, die ,,Kon-
tinuität" des Gedächtnisses als einziger
regulativer Faktor erkennbar ist, und sie im
übrigen aus einer Fülle beglückender oder
quälender Bilder besteht, deren Abfolge be-
schrieben, deren Sinn aber nicht erschlossen
werden kann. Diese Buntheit der Welt, der
Geschichte als Lebens- und Leidensge-
schichte der Menschheit (B.) bildet nach N.
auch die Anziehungskraft des Mittelalters

für B. (Die Veröffentlichung des Kollegs
ist gerade als Ergänzung zu den neu er-
schienenen „Historischen Fragmenten“
wichtig, weil es nicht wie diese nur die
fragwürdigen Stellen unterstreicht, sondern
erkennen läßt, wo B. innerhalb der für
ihn feststehenden Tatsachenreihen die
Wertakzente gesetzt wissen wollte.) Die
Vorurteilslosigkeit B.s in der Beurteilung
der Germanenausbreitung, die der B.sehen
Abneigung gegen jeden Despotismus abge-
rungene, angesichts der welthistorischen
Leistung aber doch willig zugestandene An-
erkennung von Byzanz, und seine radikale
Ablehnung des Islam, in dem er keine reli-
giösen Motive, sondern nur nackt geschäfts-
mäßigen Hochmut und Machtdünkel sah,
sind überzeugend belegt. Aber ist es wirk-
lich ein so neu gesehener, ein,,unbekannter"
Jacob Burckhardt, den N. schildert ? N.s
eigene Stellung zu Deutschland, als Gegen-
satz zu Italien im Kampf um die Vorherr-
schaft in der europäischen Kultur bildet
die uneingestandene Voraussetzung seines
Burckhardtbildes, und auch in diesem Auf-
satz ist es wieder eine sehr persönliche Auf-
fassung, so unmittelbar auch die Dar-
stellung wirkt, die Beurteilung färbt. Für
N. krankt B. daran, daß er sich trotz aller
Vorurteilslosigkeit nicht hat entschließen
können, dem „persönlichen Imponderabile
körperlich-seelischer Befriedung durch Ita-
lien“ (S. 236) zu entsagen und den germa-
nischen Völkern den ihnen gebührenden Pri-
mat zuzuerkennen. Daher muß für ihn der
späte B., der sich von neugotischer Roman-
tik abkehrt, zugleich ein enttäuschter, ein-
samer Mann werden, der viele Illusionen
zu Grabe getragen hat (S. 205); daher wird
die großartige Spannung, mit der B. ärzt-
lich kalt diagnostizieren, künstlerisch phä-
nomenal schildern kann, und es trotzdem
wagen darf, ethischen Postulaten und wer-
 
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