Das Mainzer Urkundenbuch.
Von
Dr. B. S C h a U S - Koblenz.
Als das Nassauische Urkundenbuch von W. Sauer erschienen war, schrieb
ein Beurteiler, dass es ein schönes Stück deutscher Kleinstaaterei vor Augen
führe; es umfasse eine Reihe von Gebieten, einfach weil alle diese Orte seit
80 Jahren unter dem gleichen Herzog oder unter dem gleichen Regierungspräsi-
denten stehen. Und er klagte: Hätte man doch lieber die Kosten für einen Codex
diplomaticus Moguntinus verwendet, der für die deutsche Geschichtsforschung
jedenfalls notwendiger gewesen wäre — So die Stimme eines österreichischen
Forschers aus dem Jahre 1887 *)■ Als zwanzig Jahre später die Historische
Kommission für das Grossherzogtum Hessen auf Dieterichs Anregung ins Leben
trat, wurde die Herausgabe eines Mainzer Urkundenbuches als eine Hauptaufgabe
in den Arbeitsplan aufgenommen. Johannes Haller, damals Professor in Giessen,
bereitete die Veröffentlichung vor, bis er 1913 nach Tübingen berufen wurde.
Sein zweiter Hilfsarbeiter war Manfred Stimming gewesen, der 1922 nach der
vom grossen Krieg verursachten achtjährigen Unterbrechung das Werk selbständig
in die Hand nahm und bis zu seiner Erkrankung 1928 weiterführte. Den Rest,
etwa ein Achtel der bis 1137 reichenden ersten Abteilung hat sein Schüler,
Dr. Bertold Altmann, unter Leitung von Professor Theodor Mayer in Giessen
fertiggestellt. Nun nach einem weiteren Jahrzehnt ist dieser Band in sehr
vornehmer Druckgestaltung und Ausstattung erschienen* 2). Der nassauischen
Landesgeschichte erwächst die Pflicht, die neue wissenschaftliche Gabe nach
ihrem besonderen Wert für ihr engeres Arbeitsgebiet zu würdigen.
Die allgemeinere, über ein so begrenztes Gesichtsfeld hinausgehende Be-
deutung gerade dieser Sammlung kann hier nur gestreift werden. Der Sitz des
h. Bonifatius und seiner Nachfolger, der Erzkanzler des Reichs, die der ältesten
und grössten deutschen Kirchenprovinz und der ausgedehntesten Diözese vor-
standen, die „Hauptstadt Frankens“ mit ihrem Handelsverkehr und ihrer ge-
*) E. v. Ottenthal in den Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsfor-
schung 8, Innsbruck 1887, 645.
2) Mainzer Urkundenbuch. Erster Band. Die Urkunden bis zum Tode Erzbischof
Adalberts I. (1137), bearbeitet von Manfred Stimming, Darmstadt 1932, Verlag des Histor.
Vereins für Hessen, 608 Seiten, grossoktav.
Von
Dr. B. S C h a U S - Koblenz.
Als das Nassauische Urkundenbuch von W. Sauer erschienen war, schrieb
ein Beurteiler, dass es ein schönes Stück deutscher Kleinstaaterei vor Augen
führe; es umfasse eine Reihe von Gebieten, einfach weil alle diese Orte seit
80 Jahren unter dem gleichen Herzog oder unter dem gleichen Regierungspräsi-
denten stehen. Und er klagte: Hätte man doch lieber die Kosten für einen Codex
diplomaticus Moguntinus verwendet, der für die deutsche Geschichtsforschung
jedenfalls notwendiger gewesen wäre — So die Stimme eines österreichischen
Forschers aus dem Jahre 1887 *)■ Als zwanzig Jahre später die Historische
Kommission für das Grossherzogtum Hessen auf Dieterichs Anregung ins Leben
trat, wurde die Herausgabe eines Mainzer Urkundenbuches als eine Hauptaufgabe
in den Arbeitsplan aufgenommen. Johannes Haller, damals Professor in Giessen,
bereitete die Veröffentlichung vor, bis er 1913 nach Tübingen berufen wurde.
Sein zweiter Hilfsarbeiter war Manfred Stimming gewesen, der 1922 nach der
vom grossen Krieg verursachten achtjährigen Unterbrechung das Werk selbständig
in die Hand nahm und bis zu seiner Erkrankung 1928 weiterführte. Den Rest,
etwa ein Achtel der bis 1137 reichenden ersten Abteilung hat sein Schüler,
Dr. Bertold Altmann, unter Leitung von Professor Theodor Mayer in Giessen
fertiggestellt. Nun nach einem weiteren Jahrzehnt ist dieser Band in sehr
vornehmer Druckgestaltung und Ausstattung erschienen* 2). Der nassauischen
Landesgeschichte erwächst die Pflicht, die neue wissenschaftliche Gabe nach
ihrem besonderen Wert für ihr engeres Arbeitsgebiet zu würdigen.
Die allgemeinere, über ein so begrenztes Gesichtsfeld hinausgehende Be-
deutung gerade dieser Sammlung kann hier nur gestreift werden. Der Sitz des
h. Bonifatius und seiner Nachfolger, der Erzkanzler des Reichs, die der ältesten
und grössten deutschen Kirchenprovinz und der ausgedehntesten Diözese vor-
standen, die „Hauptstadt Frankens“ mit ihrem Handelsverkehr und ihrer ge-
*) E. v. Ottenthal in den Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsfor-
schung 8, Innsbruck 1887, 645.
2) Mainzer Urkundenbuch. Erster Band. Die Urkunden bis zum Tode Erzbischof
Adalberts I. (1137), bearbeitet von Manfred Stimming, Darmstadt 1932, Verlag des Histor.
Vereins für Hessen, 608 Seiten, grossoktav.