Ludwig Snells politische Wirksamkeit 1812— 1827. 127
berührte und zu Ludwig Snell mit herankam, diesem zur Aufbewahrung übergab
und der dann auch bei der Beschlagnahme von Snells Papieren unter diesen
gefunden wurde.195) Hier ging Folien sogar noch einen entscheidenden Schritt
weiter: die zu gründende deutsche Universität in Nordamerika sollte nicht nur
eine Zufluchts- und Wirkungstätte für die durch die Untersuchungen von ihren
Kathedern vertriebenen deutschen Professoren sein, sondern zugleich den Mittel-
punkt eines deutschen Freistaates in Nordamerika bilden und damit zu einem
Mittel werden, „um dem nordamerikanischen Volk das Bewusstsein seines Berufs,
der Welt die Freiheit zu bringen, aufzutragen“. Dieser Freistaat aller Deutschen
in Nordamerika sollte ein Vorbild für das Mutterland werden, das in „vielfacher
Hinsicht für seine Befreiung wichtig“ werden könnte. Tn diesen allgemeinen
Zusammenhang seiner politischen Ideen hatte Karl Folien den Universitätsplan
hier gestellt.
Wir wissen nicht, ob Ludwig Snell von dieser letzten Konsequenz des
Follenschen Plans Kenntnis gehabt hat. Im Verhör hat er behauptet, den von
Folien bei ihm deponierten Aufsatz nicht gelesen zu haben,196) und es hat sieh
weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit seiner Behauptung nachweisen
lassen. Von allen bei ihm beschlagnahmten Papieren aber hat dieser Aufsatz,
der sich auf das letzte politische Projekt, mit dem er sich beschäftigte, bezog,
in Verbindung mit seinem Brief an Hoffmann am meisten Aufsehen erregt und
die grösste Beunruhigung verursacht. Der Untersuchungskommissar sandte sofort
den Aufsatz sowohl wie den Brief an den Staatskanzler Hardenberg, und dieser
wiederum liess beides sofort dem preussischen Minister des Auswärtigen, Grafen
Bernstorff, der damals auf den Ministerkonferenzen in Wien weilte, „zur Mit-
teilung an Metternich“ zugehen, da er der Meinung war, dass der Brief und
der Aufsatz „über die bisherigen Absichten und Wirksamkeiten der deutschen
Revolutionäre und ihre Projekte für die Zukunft eine sehr bemerkenswerte
Aufklärung“ gäben.197) Damit hatte die Untersuchung gegen Ludwig Snell von
vornherein eine besondere Bedeutung gewonnen. War doch durch sie aller
weiter zu befürchtenden politischen Wirksamkeit Ludwig Snells ein Riegel vor-
geschoben. Am Abend des 9. Januar 1820, als Ludwig Snell von einem Aus-
gang in das Schulhaus, in dem er eine Dienstwohnung innehatte, zurückkehrte,
erfolgte seine Verhaftung. Karl Folien aber, der in Koblenz von Snells Ver-
195) Über die Verfasserschaft des Aufsatzes, der lediglich aus inneren Gründen Karl
Folien zuzusehreiben ist, vgl. Haupt, K. Folien, S. 147 Anni. 1 und R. Pregizer, Die politischen
Ideen des Karl Folien (Tübingen 1912), 8. 91. L. Snell nannte in der Vernehmung (20. Januar
1820) den Verfasser „unbekannt“. Karl Folien bat in einem Brief, den er am 12. September
1820 aus Darmstadt an den Untersuehungskommissar Pape richtete, uni die .Herausgabe des
Aufsatzes. Er gab darin an, den Aufsatz von fremder Hand erhalten und zum Teil selbst
abgeschrieben zu haben. Auch von Buri, der den ersten Teil des Aufsatzes abgeschrieben hatte,
sagte aus, die Vorlage sei von unbekannter Hand gewesen (Vern. Tübingen 30. Oktober 1820). Ob
diese Angaben wahr sind, wird man mit Recht bezweifeln müssen; Karl Folien wird sieh selbst und
von Buri seinen Freund nicht haben bezichtigen wollen. Der Aufsatz ist als „Denkschrift“
Karl Pollens neuerdings veröffentlicht in den Deutsch-Amerikanischen Geschichtsblättern, 1924,
S. 56 (61)11. Über von Buri vgl. Hess. Biogr. I, 27 ff.
io«) Vern., Wetzlar 20. Januar 1820.
197) Hardenberg an Bernstorff, Berlin 11. Februar 1820.
berührte und zu Ludwig Snell mit herankam, diesem zur Aufbewahrung übergab
und der dann auch bei der Beschlagnahme von Snells Papieren unter diesen
gefunden wurde.195) Hier ging Folien sogar noch einen entscheidenden Schritt
weiter: die zu gründende deutsche Universität in Nordamerika sollte nicht nur
eine Zufluchts- und Wirkungstätte für die durch die Untersuchungen von ihren
Kathedern vertriebenen deutschen Professoren sein, sondern zugleich den Mittel-
punkt eines deutschen Freistaates in Nordamerika bilden und damit zu einem
Mittel werden, „um dem nordamerikanischen Volk das Bewusstsein seines Berufs,
der Welt die Freiheit zu bringen, aufzutragen“. Dieser Freistaat aller Deutschen
in Nordamerika sollte ein Vorbild für das Mutterland werden, das in „vielfacher
Hinsicht für seine Befreiung wichtig“ werden könnte. Tn diesen allgemeinen
Zusammenhang seiner politischen Ideen hatte Karl Folien den Universitätsplan
hier gestellt.
Wir wissen nicht, ob Ludwig Snell von dieser letzten Konsequenz des
Follenschen Plans Kenntnis gehabt hat. Im Verhör hat er behauptet, den von
Folien bei ihm deponierten Aufsatz nicht gelesen zu haben,196) und es hat sieh
weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit seiner Behauptung nachweisen
lassen. Von allen bei ihm beschlagnahmten Papieren aber hat dieser Aufsatz,
der sich auf das letzte politische Projekt, mit dem er sich beschäftigte, bezog,
in Verbindung mit seinem Brief an Hoffmann am meisten Aufsehen erregt und
die grösste Beunruhigung verursacht. Der Untersuchungskommissar sandte sofort
den Aufsatz sowohl wie den Brief an den Staatskanzler Hardenberg, und dieser
wiederum liess beides sofort dem preussischen Minister des Auswärtigen, Grafen
Bernstorff, der damals auf den Ministerkonferenzen in Wien weilte, „zur Mit-
teilung an Metternich“ zugehen, da er der Meinung war, dass der Brief und
der Aufsatz „über die bisherigen Absichten und Wirksamkeiten der deutschen
Revolutionäre und ihre Projekte für die Zukunft eine sehr bemerkenswerte
Aufklärung“ gäben.197) Damit hatte die Untersuchung gegen Ludwig Snell von
vornherein eine besondere Bedeutung gewonnen. War doch durch sie aller
weiter zu befürchtenden politischen Wirksamkeit Ludwig Snells ein Riegel vor-
geschoben. Am Abend des 9. Januar 1820, als Ludwig Snell von einem Aus-
gang in das Schulhaus, in dem er eine Dienstwohnung innehatte, zurückkehrte,
erfolgte seine Verhaftung. Karl Folien aber, der in Koblenz von Snells Ver-
195) Über die Verfasserschaft des Aufsatzes, der lediglich aus inneren Gründen Karl
Folien zuzusehreiben ist, vgl. Haupt, K. Folien, S. 147 Anni. 1 und R. Pregizer, Die politischen
Ideen des Karl Folien (Tübingen 1912), 8. 91. L. Snell nannte in der Vernehmung (20. Januar
1820) den Verfasser „unbekannt“. Karl Folien bat in einem Brief, den er am 12. September
1820 aus Darmstadt an den Untersuehungskommissar Pape richtete, uni die .Herausgabe des
Aufsatzes. Er gab darin an, den Aufsatz von fremder Hand erhalten und zum Teil selbst
abgeschrieben zu haben. Auch von Buri, der den ersten Teil des Aufsatzes abgeschrieben hatte,
sagte aus, die Vorlage sei von unbekannter Hand gewesen (Vern. Tübingen 30. Oktober 1820). Ob
diese Angaben wahr sind, wird man mit Recht bezweifeln müssen; Karl Folien wird sieh selbst und
von Buri seinen Freund nicht haben bezichtigen wollen. Der Aufsatz ist als „Denkschrift“
Karl Pollens neuerdings veröffentlicht in den Deutsch-Amerikanischen Geschichtsblättern, 1924,
S. 56 (61)11. Über von Buri vgl. Hess. Biogr. I, 27 ff.
io«) Vern., Wetzlar 20. Januar 1820.
197) Hardenberg an Bernstorff, Berlin 11. Februar 1820.