Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neumann, Wilhelm Anton; Bader, Friedrich Wilhelm [Ill.]; Deckers, Peter [Ill.]
Der Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg — Wien, 1891

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.19254#0037
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
dem Erweiterungsbau, welcher seit 1469 an die Stelle des alten nördlichen Seitenschiffes kam. 1474
wurde dieser Bau durch Bischof Hennig von Hildesheim eingeweiht.

Dies die Bauperioden, die der Dom erfuhr während der Zeit, die uns für den Kirchenschatz
interessirt. Die Bauveränderungen, welche seit der Einführung des Protestantismus theils den Bedürf-
nissen anderer liturgischen Einrichtung, theils dem geänderten Geschmacke der Bauherren entsprechen
sollten, gehören nicht mehr in den Rahmen unserer Darstellung. Aber verschweigen dürfen wir doch
nicht, dass gerade unsere Tage auch in Braunschweig durch ein liebevolles Vertiefen in die alten Bau-
gedanken, durch treues Bewahren der mit Fleiss aufgesuchten alten Wandmalereien, durch Ergänzung
im Sinne der alten Zeit und durch Hinausschaffen des werthlosen Trödels (wenn er wirklich als solcher
erkannt ist) in rühmlicher Weise sich auszeichnet. Das nicht genug zu lobende Werk von L. Winter zeigt,
welch gediegene Studien den braunschweigschen Restaurationen in Kirche und Burg zu Grunde liegen.

BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DES COLLEGIATCAPITELS S. BLASII

IN BRAUNSCHWEIG.

Dass die Brunonen dem Glänze ihres Hofes durch Begründung einer Hofkirche mit einem
Collegiatcapitel auch in kirchlicher Beziehung würdigen Ausdruck verliehen haben, ist schon oben an-
gedeutet worden. Eliedurch sollte die Brunonische Hofstätte als einer der Culturmittelpunkte im Sachsen-
lande erscheinen.

In die Jahre von 1044 bis etwa 1060 haben wir die Berufung der Canoniker, welche nach Chrode-
gangus' (stirbt 766) Regel lebten, anzusetzen. Es war dies die Regel, welche zunächst die an einer
bischöflichen Kirche gestifteten Geistlichen zu einer klosterähnlichen Gemeinsamkeit einigte, welche nach
bestimmten Canones lebte und deren jedes Mitglied die ihm canonisch gebührende Portio zum Lebens-
unterhalt erhielt: Canoniker. Diese Regel enthält Züge aus der Benedictiregel, sowie aus den Satzun-
gen der lateranensischen Chorherren, wie solche auch nach Oesterreich berufen wurden, deren bedeu-
tendste Stifte heute noch existiren: Klosterneuburg, S. Florian.

Den klösterlichen Bedürfnissen entsprach das an der Südseite der Braunschweiger Domkirche an-
gebaute Claustrum mit dem Kreuzgange, der zum Capitelhause, zum Refectorium und zu dem Dor-
mitorium, später wohl zu den Wohnungen der Canoniker führte. — Bald gehörten auch Vicare, welche
aber keinen alten Stiftplatz inne hatten, sondern zunächst von den einzelnen Canonikern zu erhalten
waren, bis auch Vicariatsstiftungen entstanden, zur Domgeistlichkeit.

Als erster Propst erscheint Atheloldus, von welchem ein Tragaltar noch heute in unserem
Schatze erhalten ist, der ihn inschriftlich ADEVOLDVS nennt. Die Abschrift einer Urkunde dieses
Propstes im Plenar, welche wir schon oben erwähnt haben, und deren phototypischer Abdruck dem
Leser S. 21 vorliegt, nennt ihn Atheloldus. Sie ist abgedruckt in den Orig. Guelf., II, 334. Andere Namens-
formen gibt Dr. Dürre in einer Monographie über den Atheloldus, welche in der Zeitschr. d. histor. Ver.
f. Nieders., Jahrg. 1868 erschienen ist und füglich unseren Ausführungen zu Grunde gelegt wird.

Die Ocker bildete die Grenze zwischen den Bisthümern Hildesheim und Halberstadt; das Collegiat-
stift bei der Burg gehörte nach Hildesheim, S. Magnus, das Benedictinerstift S. Egydius aber nach Halber-
stadt. Im kirchlichen Officium richtete sich das Capitel ganz nach Hildesheim, dessen Missale und Brevier
ohne besondere Beigaben in S. Blasien in Geltung waren; wir haben vergebens das „Proprium in
usum S. Blasii Brunsvic." gesucht. Aber die Translatio S. Thomae, 7. Juli lässt ein Officium proprium für
diesen Tag vermuthen; ebenso die Translatio S. Blasii am 18. Juli. Bescheiden waren jedenfalls die
Güter, welche die allererste Bestiftung des Capitels bildeten; die Urkunde, welche wir im Abdruck bieten,
enthält die Vermehrung der Güter, welche in die Hände des Propstes Adeloldus gegeben wurden.

19

5'
 
Annotationen