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Neumann, Wilhelm Anton; Bader, Friedrich Wilhelm [Ill.]; Deckers, Peter [Ill.]
Der Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg — Wien, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.19254#0025
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BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DES DOMES S. BLASII

ZU BRAUNSCHWEIG.

evor wir den Schatz beschreiben, der im Laufe der Jahrhunderte an der Kirche
S. Blasien zu Braunschweig sich angesammelt hat, scheint es passend, Einiges aus der
Geschichte des Domes und Capitels auszuführen.

Es ist eine bewiesene Thatsache, dass Braunschweig auf einem uralten Cultur-
boden aufgebaut ist. Die Sage hält daran fest, und sie kann sich, selbst wenn die früher
als vorchristlich bezeichneten „Aschenkrüge" vor der Kritik nicht bestehen können
(man vergleiche Hänselmann in den Westermann'schen IllustrirtenMonatsheften 1877,
S. 393 ff.), auf den alten „Heidenkirchhof" vor dem Aegydienthore kühn berufen.

Aber wenn sie weiter weiss und durch das spätere Mittelalter (Anm. 1) hindurch
festhält, dass im Jahre 861 am rechten Ufer der Ocker die Villa Brunesvic, am linken Ufer die Burg Dank-
warderode von zwei Brüdern, die diese Namen führten, erbaut worden sei, so lassen wir ihr das Recht
in Bezug auf die Volksthümlichkeit solch alter Ueberlieferung, die im tausendjährigen Jubiläum der Stadt
ihren festlichen Ausdruck fand. Wohl steht Böttger (Die Brunonen, 1865, S. 406) für die Glaubwürdig-
keit dieser angeblich aus der verloren gegangenen „Chronica Saxonum" stammenden Tradition ein, und
erklärt jene Brüder Bruno und Tankwart für Otto's des Erlauchten (f 912) Brüder. Aus der „Chronica
Saxonum" hätte die „Braunschweigische Fürstenchronik" (zwischen 1272 und 1282) geschöpft. Wir citiren
diese Chronica nach ihrem lateinischen Titel (mit Rücksicht auf Wattenbach, Geschichtsquellen, II, S. 265
und 351): Chronicon ducum de Brunsvic. — Uns hat Böttger nicht über Zweifel erhoben, denen schon
das Chronicon rhythmicum, welches noch vor 1292 geschrieben ist (Scriptores rerum Brunsvic, III,
p. 9, Z. 73), Ausdruck gegeben hat. Auch das neueste, gründliche Werk von L. Winter, Die Burg Dank-
warderode, begnügt sich S. 3 mit der Wiedergabe dieser Sage und mit der hypothetisch hingestellten
Annahme, dass Bruno mit jenem Grafen identisch sei, der noch am Anfange des XL Jahrhunderts gelebt
und dem Hause der Brunonen angehört habe, einer jüngeren Linie des berühmten Liudolfingischen säch-
sischen Fürstenhauses. Und das ist auch unsere Meinung.

Wenn die bis zum Jahre 1438 reichende „Niedersächsische Chronik" (Abel, Sammlung alter
Chroniken, S. 74) weiss, dass Herzog Bruno 861 in Brunsvik eine S. Jacobskirche gebaut habe, so dass
diese als die älteste Kirche erscheinen müsste, so ist der Zeuge zu jung, um für eine angeblich vor fast
600 Jahren vollzogene Thatsache als Quelle benützt zu werden. Eine andere Angabe derselben Chronik
aus dem XV. Jahrhunderte, dass schon Herzog (!) Dankwart neben seine Burg eine S. Peterskirche gebaut
habe, werden wir eingehender behandeln müssen als die Gründung von S. Jacob, bei welcher uralten
Kirche wir uns auf das Geständniss beschränken, dass wir ihre Gründungszeit nicht wissen.

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