IX. AGNUS DEI, PHYLACTERIEN (RELIQUIENKAPSELN).
Kindern der Ritter um den Hals gehängt wurden, noch von Tarquinius Priscus ab. (Plinius, Hist. Nat.
33, 10). — Auszurotten war der Gebrauch der Bullen durch das Christenthum nicht, wohl aber konnte
Blut der Märtyrer oder andere derartige Reliquien, Sprüche aus der h. Schrift, Gebetsanrufungen auf
Pergament geschrieben oder ins Metall geritzt; später auch Partikeln vom h. Kreuz (siehe Kraus,
Realencykl. I, 41g s. v. Enkolpien; und die Literaturangaben über Phylacterien bei F. de Meky, Les
inventaires de l'Abbaye de S. Pere-en vallee de Chartres. Paris 1887, p. 11). — Das sind die Ahnen
unserer Gruppe. Wir haben für die runden flachen Reliquienkapseln den Namen „Agnus Dei" gewählt,
weil einige derselben im Inventar 1482 mit diesem Namen bezeichnet werden; es ist eine Uebertragung
der Benennung des Inhaltes auf den Träger. Denn „Agnus Dei" bezeichnet zunächst nicht die Kapsel,
sondern eine runde oder herzförmige Wachsscheibe, auf welcher das „Lamm Gottes" ausgeprägt ist.
V. Gay, Gloss. arch. I, p. 11, wo die Inschrift,, Urbanus papa VI" und Umschrift „agne Dei, miserere mei,
qui crimina tollis". Man vergleiche dazu unsere Abbildung S. 4. Die biblische Grundlage bilden Ev. S. Jo-
hannis 1, 29 und viele Stellen der Apokalypse besonders 5, 12. — Ueber das Alter des Lammsymbols siehe
Kraus, Realenc. II, 264 u. flg. Ueber die Agnus Dei vergl. Martigny, Etüde sur l'Agneau, suivie d'une
notice sur les „Agnus Dei". -Diese Wachsdisken wurden vom Papste am weissen Sonntage seines ersten
Regierungsjahres und dann in jedem siebenten Jahre seiner Regierung in besonders feierlicher Weise
geweiht und vertheilt. Anfangs, so heisst es, war es das Wachs der Osterkerze, welches dazu verwendet
wurde: und wirklich gilt noch heute dieses Wachs als ganz besonders geheiligt; später wurde anderes
reines Wachs genommen. Näheres über diese Wachsdisken bis zum Jahre 1870 bringt Äusserer, Pilger-
führer nach Rom 1873, S. 496. In neuester Zeit werden die Agnus Dei in der Sacristei von S. Maria della
Pace vertheilt.
Geweihtes Wachs und Oel hatte schon S. Gregor der Grosse der langobardischen Königin Theode-
linde geschickt: noch bewahrt der Schatz von Monza die von Gregor geschenkten Gefässe: Chrismaria
(Kraus, Encykl. s. v. Enkolpien S. 421). Ueber eine Wachsbulle (nicht „Agnus Dei") gefunden 1544 im
Grabe der Maria, Gemahlin des Kaisers Honorius, siehe De Rossi, Bullet. 1863, p. 54. Revue de l'art. ehret.
188g, p. 104. Den Gebrauch, die Agnus Dei zu vergolden und zu verzieren, hat die Kirche abge-
schafft. Es empfahl sich, dieselben in Kapseln einzuschliessen, auf denen dann wohl auch das „Lamm
statt des abergläubischen Amuletes eine heilige Sache hineingelegt werden: Tuchstücklein getaucht ins
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Kindern der Ritter um den Hals gehängt wurden, noch von Tarquinius Priscus ab. (Plinius, Hist. Nat.
33, 10). — Auszurotten war der Gebrauch der Bullen durch das Christenthum nicht, wohl aber konnte
Blut der Märtyrer oder andere derartige Reliquien, Sprüche aus der h. Schrift, Gebetsanrufungen auf
Pergament geschrieben oder ins Metall geritzt; später auch Partikeln vom h. Kreuz (siehe Kraus,
Realencykl. I, 41g s. v. Enkolpien; und die Literaturangaben über Phylacterien bei F. de Meky, Les
inventaires de l'Abbaye de S. Pere-en vallee de Chartres. Paris 1887, p. 11). — Das sind die Ahnen
unserer Gruppe. Wir haben für die runden flachen Reliquienkapseln den Namen „Agnus Dei" gewählt,
weil einige derselben im Inventar 1482 mit diesem Namen bezeichnet werden; es ist eine Uebertragung
der Benennung des Inhaltes auf den Träger. Denn „Agnus Dei" bezeichnet zunächst nicht die Kapsel,
sondern eine runde oder herzförmige Wachsscheibe, auf welcher das „Lamm Gottes" ausgeprägt ist.
V. Gay, Gloss. arch. I, p. 11, wo die Inschrift,, Urbanus papa VI" und Umschrift „agne Dei, miserere mei,
qui crimina tollis". Man vergleiche dazu unsere Abbildung S. 4. Die biblische Grundlage bilden Ev. S. Jo-
hannis 1, 29 und viele Stellen der Apokalypse besonders 5, 12. — Ueber das Alter des Lammsymbols siehe
Kraus, Realenc. II, 264 u. flg. Ueber die Agnus Dei vergl. Martigny, Etüde sur l'Agneau, suivie d'une
notice sur les „Agnus Dei". -Diese Wachsdisken wurden vom Papste am weissen Sonntage seines ersten
Regierungsjahres und dann in jedem siebenten Jahre seiner Regierung in besonders feierlicher Weise
geweiht und vertheilt. Anfangs, so heisst es, war es das Wachs der Osterkerze, welches dazu verwendet
wurde: und wirklich gilt noch heute dieses Wachs als ganz besonders geheiligt; später wurde anderes
reines Wachs genommen. Näheres über diese Wachsdisken bis zum Jahre 1870 bringt Äusserer, Pilger-
führer nach Rom 1873, S. 496. In neuester Zeit werden die Agnus Dei in der Sacristei von S. Maria della
Pace vertheilt.
Geweihtes Wachs und Oel hatte schon S. Gregor der Grosse der langobardischen Königin Theode-
linde geschickt: noch bewahrt der Schatz von Monza die von Gregor geschenkten Gefässe: Chrismaria
(Kraus, Encykl. s. v. Enkolpien S. 421). Ueber eine Wachsbulle (nicht „Agnus Dei") gefunden 1544 im
Grabe der Maria, Gemahlin des Kaisers Honorius, siehe De Rossi, Bullet. 1863, p. 54. Revue de l'art. ehret.
188g, p. 104. Den Gebrauch, die Agnus Dei zu vergolden und zu verzieren, hat die Kirche abge-
schafft. Es empfahl sich, dieselben in Kapseln einzuschliessen, auf denen dann wohl auch das „Lamm
statt des abergläubischen Amuletes eine heilige Sache hineingelegt werden: Tuchstücklein getaucht ins
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