VII. OSTENSORIEN, MONSTRANZEN.
aben wir bei den Armreliquiarien das Streben des XIV. und der folgenden Jahr-
hunderte gesehen, die Reliquien dem Volke zu zeigen, so finden wir, dass man
dabei nicht stehen blieb, Schlitze, Oeffnungen an denReliquiarien anzubringen:
sondern es wurden besondere Geräthe erfunden, in welchen die Heiligthümer auf
entsprechend hohem, der Kelchform entlehntem Fusse und unter durchsichti-
gen Plättchen oder Röhren aus Bergkrystall, Horn oder Glas dem Volke gezeigt
(ostendere, monstrare) werden konnten. In diesem Sinne gehören eigentlich
schon ein paar Kreuze, die wir beschrieben haben, zu den Ostensorien. Allein
wir haben rechtgethan, sie nicht in dieser unserer Abtheilung zu behandeln, weil die Ostensorien und Mon-
stranzen, als im XIV. Jahrhunderte entstanden, sich der Architektur so eng anschlössen, dass sie ihr nicht
allein die Zier des Fusses, sondern oft den Aufbau selber entlehnten. — Zeichnungen von Ostensorien haben
wir in Italien (in einem Mosaik von S. Ambrogio zu Mailand) aus dem XII. Jahrhundert; wirklich existirten
schon im XIII. Jahrhundert Ostensorien, aber nur drei der uns erhaltenen sind authentisch: eines im
Vatican, ein französisches vom Jahre 1276 und das von S. Nicolaus in Bari (Revue de l'art chretien 1886,
p. 49, 78). — Als das Festum Corporis Christi 1264, resp. 1311 für den katholischen Erdkreis als allgemeines
Fest vorgeschrieben wurde, erhielt die künstlerische Ausgestaltung der Monstranzen und Ostensorien
kräftige Anregung. (Revue de l'art chretien 1884, p. 35. Vergl. S. Leopoldblatt 1887, S. 83.) Da es
sich darum handelte, das h. Altarssacrament dem Volke zur Verehrung sichtbar auszusetzen, war die
Verwandtschaft des Geräthes mit dem Kelche gegeben: aber zunächst wurde nur der Fuss des Kelches
verwendet, das Ostensorium selbst konnte, ja musste mannigfach gestaltet sein, weil diese Form auch
für Reliquien verwendbar war. Es heisst noch im XIV. und XV. Jahrhunderte in den Schatzverzeichnissen
von S. Peter in Rom, welche Müntz herausgegeben hat, „Tabernaculum" (Müntz, II tesoro p. 54, anno
1436; p. 85, anno 1454; p. 100 und flg., anno 1489), muss also in der Form schon irgend eine Ver-
wandtschaft mit einem Bau gehabt haben. Uebrigens wird das „Tabernaculum ad portandum corpus
Christi" (p. 87) und das für Reliquien (z. B. cum genu S. Andree) in diesen Schatzverzeichnissen nicht
auseinandergehalten. — Vom Fusse der Monstranz und des Ostensoriums ist nicht viel Neues zu sagen:
all die Wandlungen, welche der Kelchfuss unter dem Einflüsse der gothischen Architektur durchge-
macht, die Entwicklung des Nodus zu ganzen, oft recht zweckwidrigen Kapellenbauten, die vollständig
gleiche des Nebennodus zeigt sich naturgemäss auch am Fusse dieser Geräthe, wie wir es ähnlich schon
am Fusse manches Kreuzes beobachten konnten.
27G
aben wir bei den Armreliquiarien das Streben des XIV. und der folgenden Jahr-
hunderte gesehen, die Reliquien dem Volke zu zeigen, so finden wir, dass man
dabei nicht stehen blieb, Schlitze, Oeffnungen an denReliquiarien anzubringen:
sondern es wurden besondere Geräthe erfunden, in welchen die Heiligthümer auf
entsprechend hohem, der Kelchform entlehntem Fusse und unter durchsichti-
gen Plättchen oder Röhren aus Bergkrystall, Horn oder Glas dem Volke gezeigt
(ostendere, monstrare) werden konnten. In diesem Sinne gehören eigentlich
schon ein paar Kreuze, die wir beschrieben haben, zu den Ostensorien. Allein
wir haben rechtgethan, sie nicht in dieser unserer Abtheilung zu behandeln, weil die Ostensorien und Mon-
stranzen, als im XIV. Jahrhunderte entstanden, sich der Architektur so eng anschlössen, dass sie ihr nicht
allein die Zier des Fusses, sondern oft den Aufbau selber entlehnten. — Zeichnungen von Ostensorien haben
wir in Italien (in einem Mosaik von S. Ambrogio zu Mailand) aus dem XII. Jahrhundert; wirklich existirten
schon im XIII. Jahrhundert Ostensorien, aber nur drei der uns erhaltenen sind authentisch: eines im
Vatican, ein französisches vom Jahre 1276 und das von S. Nicolaus in Bari (Revue de l'art chretien 1886,
p. 49, 78). — Als das Festum Corporis Christi 1264, resp. 1311 für den katholischen Erdkreis als allgemeines
Fest vorgeschrieben wurde, erhielt die künstlerische Ausgestaltung der Monstranzen und Ostensorien
kräftige Anregung. (Revue de l'art chretien 1884, p. 35. Vergl. S. Leopoldblatt 1887, S. 83.) Da es
sich darum handelte, das h. Altarssacrament dem Volke zur Verehrung sichtbar auszusetzen, war die
Verwandtschaft des Geräthes mit dem Kelche gegeben: aber zunächst wurde nur der Fuss des Kelches
verwendet, das Ostensorium selbst konnte, ja musste mannigfach gestaltet sein, weil diese Form auch
für Reliquien verwendbar war. Es heisst noch im XIV. und XV. Jahrhunderte in den Schatzverzeichnissen
von S. Peter in Rom, welche Müntz herausgegeben hat, „Tabernaculum" (Müntz, II tesoro p. 54, anno
1436; p. 85, anno 1454; p. 100 und flg., anno 1489), muss also in der Form schon irgend eine Ver-
wandtschaft mit einem Bau gehabt haben. Uebrigens wird das „Tabernaculum ad portandum corpus
Christi" (p. 87) und das für Reliquien (z. B. cum genu S. Andree) in diesen Schatzverzeichnissen nicht
auseinandergehalten. — Vom Fusse der Monstranz und des Ostensoriums ist nicht viel Neues zu sagen:
all die Wandlungen, welche der Kelchfuss unter dem Einflüsse der gothischen Architektur durchge-
macht, die Entwicklung des Nodus zu ganzen, oft recht zweckwidrigen Kapellenbauten, die vollständig
gleiche des Nebennodus zeigt sich naturgemäss auch am Fusse dieser Geräthe, wie wir es ähnlich schon
am Fusse manches Kreuzes beobachten konnten.
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