Die Zeichnung der Aurifrisia und des Pallium hat dreitheilige gothische Blätter, wie sie im Schatze
sich öfter finden, an filigranartig eingekerbtem Draht befestigt, der fast völlig frei liegt.
Auf dem Felde der dessinirten Mitra sind links und rechts je eine fünf blättrige Rosette angebracht,
welche aus filigranartig gekerbtem Draht bestehen und aufgelöthet sind. In jedem der vier Blumen-
blättchen sollten drei Edelsteine sitzen, die Mitte aber ein grösserer Edelstein einnehmen: jetzt sitzen vorne
zwei schöne Saphire, rückwärts ein Saphir und ein Quarz. Die kleinen blauen Steine sind Saphire, die
rothen aber Granaten oder Spinelle.
Man sieht, dass ein noch aus der romanischen Zeit stammendes, ursprünglich sehr einfaches
Kopfreliquiar am Ende des XIV. Jahrhundertes starke Restaurationen erfahren hat: der Schmuck des
Palliums und der Aurifrisia mit ihrem sehr späten Filigran stammt aus dieser Zeit; auch die Email-Agraffe
wurde bei dieser Gelegenheit aufgesetzt. Diese Agraffe könnte derjenige für etwas älter halten, der da an-
nehmen wollte, sie stamme aus dem Auslande. Allein wir sind der Ansicht, dass auch irgend ein geschickter
Goldschmied in Braunschweig solche Arbeiten zu liefern im Stande gewesen sei, namentlich seitdem Braun-
schweig sich als Stadt freier entwickeln konnte und grosser Reichthum sich daselbst ansammelte, der auf
das Goldschmiedegewerbe günstig einwirkte.
In der Höhlung unter der Mitra befinden sich:
1. In einen blauen orientalischen Seidendamast (Dessin: gelbe Flügelpferde) eingewickelt eine
Schedula (XIII. Jahrhundert): De capite S. Blasii. Hierauf bezieht sich die Angabe des Inventars von
1482 sub Nr. 2: „In capite S. Blasii continentur infrascripte reliquie: primo magna pars de capite S. Blasii
epi et mart. videlicet van der bregenpanne".
2. Ein 15 Cm. langes Bein, eingewickelt in Seide, mit einer Pergamentschedula: S. Blasii martiris.
Das Inventar fährt fort: „Item eyn langk armknoke de S. Blasio."
3. In einem uni-Seidenstoffe: Schedula des XII. oder XIII. Jahrhunderts: De costa S. Blasii ep. et
martiris. Noch andere Reliquien, welche wohl 1482, nicht aber 1671 in diesem Reliquiar waren, werden
von Molanus sub Nr. CI beschrieben. Wieder andere dürften wir in Mol. CXXIII erkennen: es handelt
sich um eine schwarze Bursula mit den Reliquien des h. Thomas von Canterbury, welche 1482 ebenfalls
darin war. Inventar: „Item in una nigra bursula, cui adnexa est cedula, que continet: in ista bursa
continentur reliquie b. Thome cantuariensis epi et mart. eyn ruggeknoke. Item una pars ener bregen-
pannen." Diese Bursa weist auf Heinrich den Langen, den Pfalzgrafen, hin, von welchem wohl die ur-
sprüngliche Herme des h. Blasius abstammen könnte. Wir sind uns der Schwäche eines auf den
Reliquien allein basirenden Beweisgrundes wohl bewusst: denn allerdings konnte diese Bursula, wenn-
gleich sie von Heinrich dem Pfalzgrafen stammte, doch in viel späterer Zeit aus einem anderen Reliquiar
unseres Schatzes in diese Herme gelegt worden sein. Auf der anderen Seite ist es wieder ganz leicht
möglich, ja es erscheint als nicht allzu gewagtes Vorurtheil, anzunehmen, dass man die Reliquien eines
der heil. Patrone des Domstiftes nicht leicht aus dem ursprünglichen Orte verlegt habe, und es erscheint
als sehr wahrscheinlich, dass, wenn Heinrich der Lange kein eigenes S. Thomasreliquiar herstellen mochte,
er die Gebeine der heil. Patrone des Stiftes in einem Reliquiar vereinigte. Befand sich doch wirklich
auch vom h. Johannes Baptista ein Stück in unserer Herme. (Nach dem Inventar 1482). — Aber auch
wenn wir unserem Stylgefühl folgen, kommen wir wieder auf die Zeit Heinrichs des Pfalzgrafen (f 1227)
als Entstehungszeit des ursprünglich ziemlich ärmlichen Reliquiars. Die Restauration gehört in das
Ende des XIV. Jahrhundertes, wenn sie nicht noch jünger ist.
Ueber S. Blasius siehe oben S. 12, über seine Reliquien siehe Anmerkung 5. —n.
201
66
sich öfter finden, an filigranartig eingekerbtem Draht befestigt, der fast völlig frei liegt.
Auf dem Felde der dessinirten Mitra sind links und rechts je eine fünf blättrige Rosette angebracht,
welche aus filigranartig gekerbtem Draht bestehen und aufgelöthet sind. In jedem der vier Blumen-
blättchen sollten drei Edelsteine sitzen, die Mitte aber ein grösserer Edelstein einnehmen: jetzt sitzen vorne
zwei schöne Saphire, rückwärts ein Saphir und ein Quarz. Die kleinen blauen Steine sind Saphire, die
rothen aber Granaten oder Spinelle.
Man sieht, dass ein noch aus der romanischen Zeit stammendes, ursprünglich sehr einfaches
Kopfreliquiar am Ende des XIV. Jahrhundertes starke Restaurationen erfahren hat: der Schmuck des
Palliums und der Aurifrisia mit ihrem sehr späten Filigran stammt aus dieser Zeit; auch die Email-Agraffe
wurde bei dieser Gelegenheit aufgesetzt. Diese Agraffe könnte derjenige für etwas älter halten, der da an-
nehmen wollte, sie stamme aus dem Auslande. Allein wir sind der Ansicht, dass auch irgend ein geschickter
Goldschmied in Braunschweig solche Arbeiten zu liefern im Stande gewesen sei, namentlich seitdem Braun-
schweig sich als Stadt freier entwickeln konnte und grosser Reichthum sich daselbst ansammelte, der auf
das Goldschmiedegewerbe günstig einwirkte.
In der Höhlung unter der Mitra befinden sich:
1. In einen blauen orientalischen Seidendamast (Dessin: gelbe Flügelpferde) eingewickelt eine
Schedula (XIII. Jahrhundert): De capite S. Blasii. Hierauf bezieht sich die Angabe des Inventars von
1482 sub Nr. 2: „In capite S. Blasii continentur infrascripte reliquie: primo magna pars de capite S. Blasii
epi et mart. videlicet van der bregenpanne".
2. Ein 15 Cm. langes Bein, eingewickelt in Seide, mit einer Pergamentschedula: S. Blasii martiris.
Das Inventar fährt fort: „Item eyn langk armknoke de S. Blasio."
3. In einem uni-Seidenstoffe: Schedula des XII. oder XIII. Jahrhunderts: De costa S. Blasii ep. et
martiris. Noch andere Reliquien, welche wohl 1482, nicht aber 1671 in diesem Reliquiar waren, werden
von Molanus sub Nr. CI beschrieben. Wieder andere dürften wir in Mol. CXXIII erkennen: es handelt
sich um eine schwarze Bursula mit den Reliquien des h. Thomas von Canterbury, welche 1482 ebenfalls
darin war. Inventar: „Item in una nigra bursula, cui adnexa est cedula, que continet: in ista bursa
continentur reliquie b. Thome cantuariensis epi et mart. eyn ruggeknoke. Item una pars ener bregen-
pannen." Diese Bursa weist auf Heinrich den Langen, den Pfalzgrafen, hin, von welchem wohl die ur-
sprüngliche Herme des h. Blasius abstammen könnte. Wir sind uns der Schwäche eines auf den
Reliquien allein basirenden Beweisgrundes wohl bewusst: denn allerdings konnte diese Bursula, wenn-
gleich sie von Heinrich dem Pfalzgrafen stammte, doch in viel späterer Zeit aus einem anderen Reliquiar
unseres Schatzes in diese Herme gelegt worden sein. Auf der anderen Seite ist es wieder ganz leicht
möglich, ja es erscheint als nicht allzu gewagtes Vorurtheil, anzunehmen, dass man die Reliquien eines
der heil. Patrone des Domstiftes nicht leicht aus dem ursprünglichen Orte verlegt habe, und es erscheint
als sehr wahrscheinlich, dass, wenn Heinrich der Lange kein eigenes S. Thomasreliquiar herstellen mochte,
er die Gebeine der heil. Patrone des Stiftes in einem Reliquiar vereinigte. Befand sich doch wirklich
auch vom h. Johannes Baptista ein Stück in unserer Herme. (Nach dem Inventar 1482). — Aber auch
wenn wir unserem Stylgefühl folgen, kommen wir wieder auf die Zeit Heinrichs des Pfalzgrafen (f 1227)
als Entstehungszeit des ursprünglich ziemlich ärmlichen Reliquiars. Die Restauration gehört in das
Ende des XIV. Jahrhundertes, wenn sie nicht noch jünger ist.
Ueber S. Blasius siehe oben S. 12, über seine Reliquien siehe Anmerkung 5. —n.
201
66