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Neumann, Wilhelm Anton; Bader, Friedrich Wilhelm [Ill.]; Deckers, Peter [Ill.]
Der Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg — Wien, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.19254#0332
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etwas ungenügenden Modellirung nicht genau zu bestimmen, ob Christus geschlossene Augen zeigt, ob-
wohl dies der Fall zu sein scheint. Es wäre also eine Darstellung Christi im Grabe, bewacht von den
Engeln. Schon Molanus benennt diese Darstellung als „in sepulcro".

Die Gravirung der Rückseite gibt eine Darstellung der Dreieinigkeit in einer namentlich am
Schlüsse des XV. und im XVI. Jahrhundert sehr beliebten Form. Gott Vater sitzt in kaiserlicher Tracht,
die Bügelkrone auf dem Flaupte, mit reichem, faltigem Mantel auf einem mit spätgothischen Durch-
brechungen verzierten Throne. Unter dem Mantel wird eine Tunica, welche um die Mitte durch einen
Gürtel zusammengehalten wird, und die unbekleideten Füsse Gott Vaters sichtbar. Ein Vorhang, mit
Rauten und Vierblättern verziert, ist hinter dem Throne auf einer Querstange mit Ringen aufgehängt und
bildet beiderseits einfache Falten. Gott Vater hält vor sich das Kreuz mit dem Gekreuzigten daran.
Zwischen demselben und Gott Vater erscheint die Taube, der h. Geist. Alle drei haben Nimben, Christus
den kreuzhältigen.

Den Inhalt der Kapsel bildet ein ziemlich erhaltenes Wachsmedaillon von circa 3'/2 Cm. Durch-
messer, in der Mitte bauchig, an den Rändern schmal verlaufend.

Es ist ein Agnus Dei, wie solche die Pilger aus Rom noch heute mitbringen, eine flache runde
Scheibe gegossen aus Wachs, auf der einen Seite mit dem Bilde des Lammes mit einer Kreuzesfahne, h.—

n. Wir erkennen in der Perlmutterschnitzerei ein Abbild Christi als des „Mannes der Schmerzen".
Gewöhnlich wird dieser dargestellt als in oder hinter dem Grabtroge stehend, z. B. in Handschriften von
S. Florian, Melk, Michelbeuern, welche Neuwirth (Studien zur Gesch. der Miniaturmalerei in Oesterr.),
Sitzungsb. der Wiener Akad. der Wiss. 1886, S. 167, 171, 209 beschreibt. Ueber solche im XV. Jahr-
hunderte ziemlich häufig an Kirchen vorkommende Bilder siehe Otte, Kirchl. Kunstarch. I, S. 54, Mitth.
der Centr.-Comm. XIV, S. 133 sq. — Ueber unsere dem XV. Jahrhundert entstammende Darstellung der
Trinität, siehe Otte, a. a. O. I, 518. — Ein ziemlich ähnliches Bild siehe bei Didron, Iconographie ehret.
Histoire de Dieu p. 520 (XV. Jahrhundert) und p. 594 (XVI. Jahrhundert).

Professor Haas scheint eine kleine, im Innern befindliche Urkunde übersehen zu haben, welche
in der Schrift des XV. Jahrhunderts Folgendes berichtet: „D. Agnus Dei hefft gegeuen de Suringesche
vnde wecht viij. loth, schal gewerdt vngeferlich syn iiij gülden muntze so my Ludelff Fluwerk de
goltsmeth berichtet hefft. Kan man dat durer vthbringen mach mit vorseken er. Actum per me Bernhardum
Tellemann." Siehe oben S. 32 und 49.

Es wird keine unberechtigte Anschauung sein, dass die zwei „Agnus Dei" Nr. 74 und 77 gleich-
zeitig, also 1435 (oder nach Haas 1535, siehe oben S. 310) an die Kirche S. Blasien geschenkt worden
seien, und dass Bernhard Tellemann der Canonicus Schatzmeister oder dessen Vicar sei. Das ganze
Medaillon halten wir für Braunschweiger Arbeit. Die Perlmutterschnitzerei hat einen ganz anderen
Character als die des Reliquiars Nr. 66, S. 298. Die Frage, ob das Agnus Dei in der ersten oder zweiten
Hälfte des XV. Jahrhunderts entstanden sei, lässt sich bei der zähen Anhänglichkeit der Goldschmiede
an bestimmten Formen nicht leicht aus dem Style, noch aus der Iconographie mit Sicherheit lösen, sondern
wird am einfachsten dann gelöst sein, wenn die beiden Namen unserer kleinen Urkunde sicher datirt in
Braunschweigischen Archivalien erscheinen werden. Man vergl. Nr. 76, besonders die letzte Zeile S. 312. —n.

78. (Molanus Nr. fehlt.) Medaillon.

Kreisrunde Kupferplatte von 4'8 Cm. Durchmesser mit der cloisonnirten Darstellung- des Erlösers. In moderner

Kapsel unter Glas.

h. Die ganz moderne hölzerne Kapsel, welche zum Schutze der Emailplatte dient, verdient keine
eingehende Beschreibung. Die sehr wenig convexe Kupferplatte trägt einen aufgelötheten Blechstreifen
als Rand des ganzen Emails. Durch das Verfeilen wurde derselbe an manchen Stellen dünner. Innerhalb
dieses Randes ist durch 1 Mm. breite Kupferstreifen die Zeichnung gebildet. Bei der rohen Technik ist

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