Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neumann, Wilhelm Anton; Bader, Friedrich Wilhelm [Ill.]; Deckers, Peter [Ill.]
Der Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg — Wien, 1891

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.19254#0342
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
aus Italien nach Deutschland kommen. So sind in neuester Zeit Millefiorischalen in Sackrau gefunden
worden, die jetzt im Breslauer Museum für vaterländische Alterthümer aufbewahrt werden. (Mitth. des
k. k. österr. Museums für Kunst und Industrie 1887, Heft X, S. 460.) Solche antike Millefioristückchen
finden sich in den verschiedenen Museen (Wien, Berlin u. s. w.). Wie die antiken Millefiorigläser ge-
macht worden seien, beschreibt Dr. Tischler in einem Vortrage, den er in der physikalisch-ökonomischen
Gesellschaft zu Königsberg in Preussen am 7. Jänner 1886 gehalten hat. (Schriften der phys.-ökon.
Ges. 1886, Berichte S. 12.) Wie man schon in altgermanischer Zeit die Millefioristückchen in Schmuck-
gegenstände einfügte, zeigt Dr. Tischler in einem zweiten Vortrage (S. 48 der Berichte über die in den
Sitzungen der phys.-ökon. Gesellsch. gehaltenen Vorträge 1886) an der Scheibe von Oberhof (Abbildung
in Lindenschmit, Alterth. der heidn. Vorzeit, Bd. III, Heft VIII, Taf. 3) aus dem II. oder III. Jahrhunderte
nach Christus. Vergl. die Funde von Carnuntum, jetzt im Museum von Altenburg bei Wien. Tischler
bringt Beweise, dass die Millefiori in der Kaiserzeit aus Aegypten nach Europa gelangten; aber die
Technik derselben wurde auch im römischen Reiche angenommen, so dass kein eigentlich provinzieller
Charakter in den Funden sich zeigt. Wie richtig es also sein mag, dass man annimmt, auch in Phönizien
seien in der Kaiserzeit solche Millefiori gemacht worden, so wenig trifft es zu, dieselben „phönizisches
Glas" schlechthin zu nennen, wie es die Franzosen thun. (Siehe Melanges d'art et d'arch. II, p. XIV,
Introduction.) Allerdings zeichnete auch noch im Mittelalter sich gerade Syrien, (Tyrus und Damascus)

durch seine Glaswaren aus und versorgte auch Aegyptens Märkte mit Glas;
allein hier handelt es sich um eine bestimmte Glasart, für welche Dr. Tischler
die Funde in ägyptischen Sarkophagen in genügender Menge vorbringt
(a. a. O. S. 50), namentlich ein mystisches Auge im Berliner Museum in
Schachbrett-Mosaik, das somit ganz ähnlich ist dem Trierer Glasstückchen.
„Römisches Millefioriglas" wird wohl die richtige Bezeichnung sein.

Was nun die Fassung der Edelsteine anbelangt, so ist sie so einfach
wie am Gertrudenschreine: „eingestrichen" in ziemlich hohe Betten, am
Grunde fehlt nicht der durch den Styl erforderte gekörnte Faden zur
Deckung der Löthstelle.

Die sämmtlichen Finger der Hand sind mit Ringen geschmückt:
vier derselben haben je drei Ringe, nur der kleine Finger hat deren fünf,
Detail von der unteren Borde. also siebzehn im Ganzen. Wenn Ribbentrop dieselben Trauerringe nennt,

so wird dieses Wort als „Trauungsring" zu verstehen sein. Das zeigen die
Inschriften „avech" und „miden tut mir liden". (So nach dem Kataloge des herzoglichen Museums, Braun-
schweig 1879.) — Entweder hat der Goldschmied Friedrich Binder 1663 nicht alle Ringe beachtet,
oder waren überhaupt damals nur zwei darauf, kurz er schätzt die zwei Ringe auf fünf Thaler, das Silber
aber „umbher" auf 22 Thaler, 28 Gr. (Siehe unsere Urkunde IV.)

Richtig sagt der Katalog des herzoglichen Museums, dass sich aus der Technik und dem künst-
lerischen Charakter keine Schlüsse auf eine ganz bestimmte Entstehungszeit ziehen lassen, nur im Allge-
meinen dürfte auf das XI. oder XII. Jahrhundert hingewiesen werden können. Daher dürfen wir es z. B.
Hohnstein, Heinrich der Löwe, S. 42, nicht als Irrthum anrechnen, wenn er den Arm als ein Geschenk
der Gertrud, Mutter des Egbert, also der Gemahlin des Liudolf erklärt. — Allein wir verweisen auf die
Abbildung der Unterplatte, welche wir S. 27 gegeben haben, und auf die daselbst gegebenen Gründe,
warum wir die Gertrud IL, die reiche Erbtochter der Brunonen, die „Markgräfin" f 1 117, für die Schen-
kerin halten. Während die ältere sich auf ihren Geschenken „Comitissa" nennt, fehlt dieser Titel auf den
Widmungen der Gertrud II. Dieser Anschauung ist auch der Katalog des Braunschweiger Museums
günstig, da er der Provenienz von Gertrud II. einige Wahrscheinlichkeit zuschreibt. Wenn Gertrud
II. ihre Gunst besonders ihrer Stiftung S. Aegydius in Braunschweig zuwendet, so folgt daraus noch
keineswegs, dass sie über S. Aegidius dasjenige Stift völlig vernachlässigt habe, das auf ihrem
Grund und Boden, neben ihrer Burg lag. — An die jüngste Gertrudis, welche im Stifte Heiligen-

324
 
Annotationen