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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 18.1915

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Heberdey, Rudolf: Die Komposition der Gigantomachie im Giebel des peisistratischen Athenatempels auf der Akropolis von Athen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34106#0069

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56

Rudolf Heberdey, Die Komposition der Gigantomachie

Formell identisch, aber durch Einwärtskehren des Blickes und Sinnesbezug auf ein
gemeinsames Zentrum vervollkommnet, kehrt er, den ganzen Aufbau beherrschend,
im Westgiebel und in leichter Abwandlung auch im Ostgiebel des Parthenon wieder.
Noch erübrigen einige Worte über die Benennung der neben Athena darge-
stellten Götter.
So lange ihr nur zwei männliche Gottheiten — dies folgerte Schräder ein-
wandfrei aus der durch die Nacktheit der Füße gesicherten kurzen Gewandung —
beigesellt zu sein schienen, mußte man sich wohl oder übel damit abfinden, den
Götterkönig von der Herrin des Tempels zur Seite gedrängt und mit Herakles auf
gleiche Stufe gestellt in den Hintergrund geschoben zu sehen. Das Bedenkliche dieser
Vorstellung war schon Michaelis (bei Springer 9. Aufl. 198, unverändert über-
nommen von Wolters 10. Aufl. 217) nicht entgangen, der Zeus als weitere Mittel-
figur neben Athena ergänzen will, ohne freilich anzugeben, wie er sich dann den Auf-
bau denke. Nunmehr, wo wir neben Athena eine gleichwertige Göttergestalt finden,
schwindet diese Schwierigkeit; auch wer den oben zweifelnd zugeteilten Fuß nicht
als zugehörig anerkennen will, so daß der direkte Beweis, daß es sich um eine
männliche Gottheit handle, entfällt, wird sich der Folgerung nicht verschließen, daß
diese bedeutsame Stelle in der Komposition eben nur der Herrscher des Olymps
eingenommen haben kann. Vorzüglich füllt dann der Blitz in seiner Rechten, der
Eule in der Linken der Athena das Gleichgewicht haltend, die Lücke über dem
Giganten; ungesucht ergibt sich so ein weiteres Argument zugunsten jener Ergänzung
wie unserer ganzen Rekonstruktion.
In den beiden kleineren Göttern dürfen wir zuversichtlich Herakles, der ja in
der Gigantomachie seinen festen Platz hat, und Poseidon, Athenas Rivalen um die
Stadt und Kultgenossen auf der Burg, erkennen. Keule und Dreizack in den Rechten,
vielleicht Bogen und Felsblock in den Linken dienten dem Verständnis des Beschauers
nicht minder, als dem Bedürfnis des Künstlers nach Raumfüllung. Wahrscheinlich
ist weiter, daß für einen der beiden Götter die Rückansicht gewählt war, wodurch
Abwechslung in die Eintönigkeit des ziemlich ähnlichen Schemas kam und der Künstler
die Freiheit gewann, beidemal die höher gehobene Rechte nach innen zu bringen und
so den Umriß der Figuren der Giebelschräge anzupassen. Schließlich liegt noch nahe,
Poseidon neben Athena, Herakles an der Seite des Vaters kämpfend zu denken; doch
sollen damit nur Möglichkeiten angedeutet sein, die mehr als eine gewisse Wahrschein-
lichkeit nicht beanspruchen wollen.}

Graz.

RUDOLF HEBERDEY
 
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