Karl Hadaczek.
Am 19. Dezember 1914 ist Karl Hadaczek
in dem damals von den Russen besetzten Lem-
berg aus dem Leben geschieden. Ende Novem-
ber war noch ein Notschrei von ihm zu uns
gedrungen; vier Wochen später folgte die
Trauerbotschaft, daß den seelischen Nöten der
Fremdherrschaft wohl noch mehr als den
physischen Entbehrungen sein Lebenswillen
vorzeitig erlegen sei.
Karl Hadaczek (geb. am 24. Jänner 1873
in Grabowiec in Südostgalizien) begann seine
Universitätsstudien 1893 in Lemberg; in
dürftigen Verhältnissen aufgewachsen, aber
von heißem Drang nach wissenschaftlicher
Betätigung beseelt, ward er besonders von
Cwiklinski entscheidend gefördert; 1898 kam
er nach Wien, um sich bei Reisch archäologi-
schen Studien zu widmen. Nachdem er hier
1908 das Doktorat erworben, nutzte er 1901
bis 1903 längere Studienreisen im klassischen
Süden vorzugsweise zur Erweiterung und Ver-
tiefung seiner in Wien begonnenen Unter-
suchungen über antike Schmuckkunst, deren
Ergebnisse er im XIV. Hefte der Abhand-
lungen des Wiener archäol.-epigr. Seminars
(Der Goldschmuck der Griechen und Römer,
1903) vorlegte. Im Jahre 1903 wurde er an
der Universität Lemberg, wo er sich 1903
habilitiert hatte, zum außerordentlichen, 1907
zum ordentlichen Professor für klassische Ar-
chäologie und Prähistorie ernannt. Schon als
Student hatte er dem reichen prähistorischen
Material Ostgaliziens besondere Aufmerksam-
keit zugewendet, nun nahm er eifrig die Ge-
legenheit wahr, durch zahlreiche mit ge-
schärfter Beobachtungstechnik geführte Gra-
bungen gesicherte Fundtatsachen zu gewinnen,
vor allem bemüht, die Beziehungen klar zu
stellen, die von der ältesten bis zur spätrömi-
schen Zeit zwischen der Kultur des östlichen
Mitteleuropa und dem Süden bestanden. Gab
der Goldschatz von Michalköw, den er 1904
in einem Tafelwerk veröffentlichte, den Anlaß,
den Einfluß der archaisch-griechischen Kunst
auf die ostgalizischen Fundstücke der ersten
Eisenzeit zu erörtern — wobei er wohl allzu
einseitig die Abhängigkeit von griechischen
Motiven in den Vordergrund der Betrachtung
rückte —, so gewann er durch die Entdeckung
einer jungneolithischen Siedelung in Koszy-
lowce wichtiges Material für die Aufklärung
der Zusammenhänge der spätsteinzeitlichen
(,,äneolithischen") Kultur des Dniester-
beckens mit den jungneolithischen Kultur-
resten in Thessalien und im ägäischen Ge-
biete. In seinem großen Ausgrabungsberichte
(La colonie industrielle de Koszylowce de
l'epoque eneolithique 1914) hat er es unter-
nommen, sich mit all den überaus verwickelten
kunstgeschichtlichen und ethnologischen Pro-
blemen, die sich uns hier entgegentürmen,
auseinanderzusetzen.
Dank seiner unermüdlichen Energie und
Arbeitsfreude war es ihm möglich, diese weit-
ausgreifenden Untersuchungen gleichsam im
Nebenamte durchzuführen, da doch seine
hauptsächliche Arbeitskraft durch die vielen
praktischen Aufgaben in Anspruch genommen
war, die die Einrichtung und Einbürgerung
der neuen Lehrkanzel für klassische Archäo-
logie in Lemberg ihm stellte. Die Geschichte
der antiken Plastik hat er durch mehrere
scharfsinnig geführte kleine Studien gefördert,
die größtenteils in diesen Jahresheften ver-
öffentlicht sind; aus vorbereiteten größeren
Arbeiten über Polygnot und Phidias hat er
einige Ausschnitte in polnischen Zeitschriften
geboten. Von der aufsteigenden Entwicklung
des von lauterem und ernstem Streben er-
füllten Mannes durften wir zuversichtlich noch
manch schöne Frucht erwarten. Nun hat auch
ihn der Krieg gefällt; weit über den Kreis
seiner engeren Heimat hinaus wird ihm ein
ehrendes, treues Gedächtnis gewahrt bleiben.
Am 19. Dezember 1914 ist Karl Hadaczek
in dem damals von den Russen besetzten Lem-
berg aus dem Leben geschieden. Ende Novem-
ber war noch ein Notschrei von ihm zu uns
gedrungen; vier Wochen später folgte die
Trauerbotschaft, daß den seelischen Nöten der
Fremdherrschaft wohl noch mehr als den
physischen Entbehrungen sein Lebenswillen
vorzeitig erlegen sei.
Karl Hadaczek (geb. am 24. Jänner 1873
in Grabowiec in Südostgalizien) begann seine
Universitätsstudien 1893 in Lemberg; in
dürftigen Verhältnissen aufgewachsen, aber
von heißem Drang nach wissenschaftlicher
Betätigung beseelt, ward er besonders von
Cwiklinski entscheidend gefördert; 1898 kam
er nach Wien, um sich bei Reisch archäologi-
schen Studien zu widmen. Nachdem er hier
1908 das Doktorat erworben, nutzte er 1901
bis 1903 längere Studienreisen im klassischen
Süden vorzugsweise zur Erweiterung und Ver-
tiefung seiner in Wien begonnenen Unter-
suchungen über antike Schmuckkunst, deren
Ergebnisse er im XIV. Hefte der Abhand-
lungen des Wiener archäol.-epigr. Seminars
(Der Goldschmuck der Griechen und Römer,
1903) vorlegte. Im Jahre 1903 wurde er an
der Universität Lemberg, wo er sich 1903
habilitiert hatte, zum außerordentlichen, 1907
zum ordentlichen Professor für klassische Ar-
chäologie und Prähistorie ernannt. Schon als
Student hatte er dem reichen prähistorischen
Material Ostgaliziens besondere Aufmerksam-
keit zugewendet, nun nahm er eifrig die Ge-
legenheit wahr, durch zahlreiche mit ge-
schärfter Beobachtungstechnik geführte Gra-
bungen gesicherte Fundtatsachen zu gewinnen,
vor allem bemüht, die Beziehungen klar zu
stellen, die von der ältesten bis zur spätrömi-
schen Zeit zwischen der Kultur des östlichen
Mitteleuropa und dem Süden bestanden. Gab
der Goldschatz von Michalköw, den er 1904
in einem Tafelwerk veröffentlichte, den Anlaß,
den Einfluß der archaisch-griechischen Kunst
auf die ostgalizischen Fundstücke der ersten
Eisenzeit zu erörtern — wobei er wohl allzu
einseitig die Abhängigkeit von griechischen
Motiven in den Vordergrund der Betrachtung
rückte —, so gewann er durch die Entdeckung
einer jungneolithischen Siedelung in Koszy-
lowce wichtiges Material für die Aufklärung
der Zusammenhänge der spätsteinzeitlichen
(,,äneolithischen") Kultur des Dniester-
beckens mit den jungneolithischen Kultur-
resten in Thessalien und im ägäischen Ge-
biete. In seinem großen Ausgrabungsberichte
(La colonie industrielle de Koszylowce de
l'epoque eneolithique 1914) hat er es unter-
nommen, sich mit all den überaus verwickelten
kunstgeschichtlichen und ethnologischen Pro-
blemen, die sich uns hier entgegentürmen,
auseinanderzusetzen.
Dank seiner unermüdlichen Energie und
Arbeitsfreude war es ihm möglich, diese weit-
ausgreifenden Untersuchungen gleichsam im
Nebenamte durchzuführen, da doch seine
hauptsächliche Arbeitskraft durch die vielen
praktischen Aufgaben in Anspruch genommen
war, die die Einrichtung und Einbürgerung
der neuen Lehrkanzel für klassische Archäo-
logie in Lemberg ihm stellte. Die Geschichte
der antiken Plastik hat er durch mehrere
scharfsinnig geführte kleine Studien gefördert,
die größtenteils in diesen Jahresheften ver-
öffentlicht sind; aus vorbereiteten größeren
Arbeiten über Polygnot und Phidias hat er
einige Ausschnitte in polnischen Zeitschriften
geboten. Von der aufsteigenden Entwicklung
des von lauterem und ernstem Streben er-
füllten Mannes durften wir zuversichtlich noch
manch schöne Frucht erwarten. Nun hat auch
ihn der Krieg gefällt; weit über den Kreis
seiner engeren Heimat hinaus wird ihm ein
ehrendes, treues Gedächtnis gewahrt bleiben.